Bund der Steuerzahler beklagt ungleiche Besteuerung
Berlin: (hib/VOM) Der Bund der Steuerzahler hat die ungleiche Besteuerung unterschiedlicher Berufsgruppen aufgrund der geltenden Regelung über die Steuerfreiheit von Nacht- und Feiertagszuschlägen kritisiert. Die jetzt geplante Änderung, wonach die Steuerfreiheit der Zuschläge auf einen Stundenlohn von bis zu 50 Euro begrenzt werden soll, sei ein Paradebeispiel dafür, wie das Steuerrecht durch Ausnahmen von den Ausnahmen ständig verkompliziert wird. Der Verband bezog sich dabei auf einen Änderungsantrag von SPD und Bündnis 90/Die Grünen zum geplanten Steueränderungsgesetz 2003, zu dem der Finanzausschuss am Montagnachmittag Sachverständige in einer öffentlichen Anhörung hörte. Die Deutsche Steuergewerkschaft begrüßte die
Begrenzung der Zuschläge, weil man bei Hochverdienern wie Profisportlern nicht von "Zuschlag" und "Grundlohn" reden könne und eine übermäßige steuerliche Begünstigung höherer Einkommensgruppen aus Sicht des "normalen Steuerzahlers" nicht vertretbar sei. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) hielt die steuerliche Begünstigung jedoch für gerechtfertigt, weil viele Betroffene bei Bahn, Polizei oder Zeitungsdruckereien ein öffentliches Interesse wahrnähmen. Man könne sich mit der Arbeitgeberseite aber in dieser Frage schnell einigen, so der DGB, wenn diese mit Vereinbarungen höherer Bruttolöhne einverstanden wären.
Das Steueränderungsgesetz 2003 hat zum Ziel, die Besteuerungspraxis zu modernisieren und zu vereinfachen, beispielsweise durch die elektronische Übermittlung der Lohnsteuerbescheinigungen an die Finanzverwaltung, durch eine Regelung anhängiger "Masseneinsprüche" und "Massenanträge" beim Familienleistungsausgleich und durch die Verpflichtung von Banken, den Steuerpflichtigen die Steuererklärung durch eine jährliche, zusammenfassende Bescheinigung der inländischen Einkünfte aus Kapitalvermögen und privaten Veräußerungsgeschäften zu erleichtern. Außerdem soll das Investitionszulagengesetz 1999 an das EU-Recht angepasst werden. Dem Änderungsantrag der Koalition zufolge soll auch die Zweijahresfrist bei doppelter Haushaltsführung wegfallen. Dies begrüßte unter anderem der Bundesverband der Lohnsteuerhilfevereine, der es dennoch für geboten hielt, bei Arbeitnehmern ohne eigenen Hausstand für eine Übergangszeit von drei Monaten den Abzug der Aufwendungen als Werbungskosten zuzulassen.
Darüber hinaus wollen die Koalitionsfraktionen in einem weiteren Änderungsantrag eine Steuerbegünstigung von Biokraft- und Bioheizstoffen einführen. Mineralöle sollen bis Ende 2009 in dem Umfang steuerbegünstigt sein, in dem sie nachweislich Biokraft- oder Bioheizstoffe enthalten. Die Brüsseler Rechtsanwältin Dörte Fouquet hielt dies jedoch für nicht geeignet, um die Mindestvoraussetzungen für Investitionssicherheit zu schaffen. Angesichts eines ebenfalls über Subventionen ermöglichten Niedrigpreises bei Ethanol vor allem aus Brasilien müsse eine gesetzliche Regelung geschaffen werden, welche die Investitionen sicherstellt. Die Anwältin erwartet, dass es zu einer Absage aller geplanten Entscheidungen für eine Bioethanol-Produktion an allen bereits gewählten Standorten in Deutschland in diesem Monat kommen wird, wenn die Novelle vom Bundestag nicht erheblich verbessert wird. Derzeit würden in Deutschland Investitionen in die Ethanolproduktion und in die Produktion synthetischer Kraftstoffe in einer Größenordnung von mehr als 2 Milliarden Euro bis zum Jahresende geplant. Diese Planungen stünden aber unter dem Vorbehalt der Steuerbefreiung. Die Investitionsperspektive in diesem Bereich liege bis 2008 für die deutsche Industrie bei etwa 5 Milliarden Euro. Die deutsche Automobilindustrie sieht nach Angaben Fouquets in den Biokraftstoffen die am schnellsten ergreifbare Zukunftsoption für alternative Kraftstoffe.