Verkehrsausschuss lehnt eingeschränkte Offenlegung der Mautverträge ab
Berlin: (hib/POT) Der Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen hat die vom Betreiberkonsortium Toll Collect in einem Schreiben gegenüber Bundesverkehrsminister Manfred Stolpe (SPD) angebotene eingeschränkte Offenlegung der Mautverträge am Mittwochmittag fraktionsübergreifend abgelehnt. Man war sich einig, an dem in der Ausschusssitzung vom 24. September getroffenen Beschluss uneingeschränkt festzuhalten, dem zufolge die Vertragsbestandteile zu den Bereichen Zahlungsmodalitäten, Leistungsverpflichtungen, Gewährleistungen, Schadenersatz und Vertragsstrafenregelung sowie Zeitpläne vollständig offen gelegt werden sollen. Darüber hinaus seien auch die Vereinbarungen zu dem Bereich Kündigungsrecht den Ausschussmitgliedern zur Kenntnis zu bringen.
In seinem Bericht zum Stand der Einführung der Lkw-Maut begrüßte Stolpe die gestern bekannt gewordenen personellen Konsequenzen in der Toll Collect-Geschäftsführung. Durch Fehlinformationen von Seiten des Betreiberkonsortiums sei Vertrauen zerstört worden, sagte der Minister. Laut Stolpe müssten die festgestellten 86 technischen Mängel des Mautsystems behoben und die durch den nicht eingehaltenen Starttermin notwendig gewordene Vertragsanpassung in Verhandlungen mit Toll Collect bis Mitte Dezember geklärt werden. Im Interesse der Finanzierung der notwendigen Verkehrsinfrastrukturprojekte habe der Bund bei der Frage des Schadenersatzes für die Einnahmeausfälle infolge des verspäteten Mautbeginns "keinen Cent" zu verschenken. Zugleich machte der Bundesverkehrsminister jedoch deutlich, dass er "so lange eine berechtigt Hoffnung" bestehe, dass das Mautsystem funktionieren wird, an einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit mit dem Betreiberkonsortium festhalten wolle. Die Frage des im Vertrag vereinbarten Kündigungsrechts stelle sich daher zur Zeit nicht, so Stolpe.
Die Union kritisierte die Informationspolitik des Bundesverkehrsministeriums scharf. In Bezug auf die technischen Mängel und die bestehende Gefahr eines verspäteten Mautstarts hätten Verteter des Ministeriums den Ausschuss falsch informiert. Laut CDU/CSU ist mit Einnahmeausfällen bis zu 1,1 Milliarden Euro zu rechnen, sollte die Maut nicht vor März nächsten Jahres erhoben werden können. Die FDP forderte Stolpe auf, eine Liste vorzulegen, aus der hervorgehe, welche Projekte aufgrund der Einnahmeausfälle zeitlich gestreckt werden müssten, welche später kommen und welche gar nicht realisiert werden können. Sofern die Verträge nicht bald vollständig offen gelegt werden, wollten die Liberalen auch die Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses nicht ausschließen. Aus Sicht der Sozialdemokraten hat Toll Collect durch seine Informationspolitik viel an Glaubwürdigkeit verloren. Als "vertrauensbildende Maßnahme" sei eine zügige Offenlegung des Vertrages daher dringend geboten. Bündnis 90/Die Grünen betonten, offenbar sei dem Betreiberkonsortium nicht bewusst, dass das Parlament einen verfassungsrechtlichen Anspruch habe, die Regierung zu kontrollieren. Daraus resultiere auch das Recht, sich ohne Vorsortierung und Aufbereitung von Informationen durch Dritte ein eigenes Bild über die Vertragsinhalte zu machen, um diese politisch bewerten zu können. Fraktionsübergreifend war man sich zudem darüber einig, dass bei künftigen Private Public Partnership-Projekten die parlamentarischen Mitwirkungsrechte von vornherein stärker berücksichtigt werden müssen.