Neues Pressefusionsrecht soll Ende Mai im Kabinett beraten werden
Berlin: (hib/BES) Die geplante Neuregelung der Pressefusionskontrolle soll nach derzeitigem Zeitplan am 26. Mai das Kabinett passieren und könnte somit noch vor der Sommerpause im Bundesrat beraten werden. Dies hat ein Vertreter des Bundeswirtschaftsministeriums am Mittwochabend im Ausschuss für Kultur und Medien berichtet. Im Falle einer Verschiebung des Kabinettsbeschlusses könnte sich die Länderkammer erst im September mit der Vorlage befassen. Eine Parlamentsdebatte über die geplante Novelle sei für den Herbst zu erwarten.
Der Kulturausschuss beriet die Pläne des Bundeswirtschaftsministers Wolfgang Clement zur Novellierung der aus dem Jahr 1976 stammenden Pressefusionskontrolle, die nun gelockert werden soll. Der Entwurf des Ministeriums sieht Erleichterungen bei Fusionen und Kooperationen in der Pressebranche vor, soweit dabei die Vorgaben zur Sicherung der Pressevielfalt eingehalten werden. Die redaktionelle Unabhängigkeit soll trotz Übernahme eines Blattes durch die so genannte Altverlegerregelung gesichert bleiben. Demnach soll der Verleger einer Zeitung nach einem Verkauf weiter mindestens 25,1 Prozent der Anteile behalten. Angehoben werden soll die Aufgreifschwelle für Pressefusionen. Bisher müssen Pressefusionen durch das Bundeskartellamt genehmigt werden, wenn der Umsatz der beteiligten Unternehmen 25 Millionen Euro überschreitet. Der Entwurf sieht eine neue Schwelle von 50 Millionen Euro vor. Die Zeitungsverleger hatten im November vergangenen Jahres hingegen vorgeschlagen, diese Grenze auf 100 Millionen Euro zu erhöhen.
Die Pläne der Lockerung des Fusionsrechts, die in den vergangenen Monaten in den Medien teilweise sehr kontrovers diskutiert wurden, sorgten auch im Kulturausschuss für Diskussionsstoff. Es sei ein "ganz zentrales Thema" für das Gremium, so die Union. Es gehe dabei um Pressefreiheit und Meinungsvielfalt. Es sei fraglich, ob Deutschland eine Neuregelung brauche. Denn auch das geltende Recht mache Pressefusionen möglich. So habe das Bundeskartellamt zwischen 1995 und 2002 in 90 Fällen über Fusionen von Tageszeitungen entschieden. In nur acht Fällen sei eine beabsichtigte Fusion untersagt worden. Auch die SPD äußerte Zweifel, ob die Neuregelung notwendig sei. Das einzige Argument dafür sah die Fraktion in der "löblichen Idee" des Wirtschaftsministers, Verlage und Zeitungen, die wirtschaftlich angeschlagen sind, durch Fusionen vor dem wirtschaftlichen Aus zu retten. Diesen Gesichtspunkt der geplanten Reform unterstrich auch der Ministeriumsvertreter. So sollen die Fusionen nur dann möglich sein, wenn sie für die wirtschaftliche Sicherung der Unternehmen und die Erhaltung von Arbeitsplätzen erforderlich seien. Angesichts der anhaltenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten in der Presselandschaft bestehe großer Handlungsbedarf, zumal nicht zu erwarten sei, dass sich bei den schrumpfenden Leserzahlen und zurückgehenden Anzeigen etwas ändert. Handlungsbedarf besteht auch für Christina Weiss, Staatsministerin für Kultur und Medien. "Wir befürworten alle Kooperationserleichterungen, die dazu führen, dass unabhängige Redaktionen erhalten bleiben", so die Ministerin.
Aus der Sicht des Wirtschaftsministeriums seien strukturelle Veränderungen im Printbereich Auslöser für die Revision der Fusionsvorschriften, so Klaus Paetow vom Bundeskartellamt. Doch stelle sich in diesem Zusammenhang die Frage nach den Auswirkungen der Neuregelung auf den Lesemarkt und die publizistische Freiheit. Große Umsetzungsprobleme machte Paetow bei der im Entwurf vorgesehenen Missbrauchsregel. Sie sei zu vage formuliert und lasse dadurch großen Interpretationsspielraum zu. Für die Liberalen, die eine Zusammenarbeit aller Fraktionen in der Frage des Pressefusionsrechts anregten, stellte sich die Frage nach möglichen Preiskartellen im Zusammenhang mit der Neuregelung. Dies sei im Anzeigenbereich möglich, bestätigte der Vertreter des Bundeskartellamts. Sorge um die Zukunft des Presse-Grossos nach der Reform äußerten die Sozialdemokraten. Zur Pressefreiheit gehöre auch, dass man auch "auf dem flachen Land" die Presseerzeugnisse in ihrer Vielfalt am Kiosk erwerben könne. "Das System wird nicht von allen als optimal angesehen", argumentierte hingegen Paetow, denn Grossisten seien Marktbeherrscher.