Monopolkommission kritisiert Industriepolitik der Bundesregierung
Berlin: (hib/VOM) Die Monopolkommission kritisiert in ihrem 15. Hauptgutachten für 2002/2003 ( 15/3610, 15/3611) jüngere Entwicklungen in der Wettbewerbs- und Industriepolitik. Die Bundesregierung bekenne sich seit einiger Zeit zu einer Industriepolitik, die durch aktive Förderung einzelner Unternehmen oder Wirtschaftszweige auf die Entwicklung der Wirtschaft Einfluss nimmt. Besonderes Gewicht habe die Förderung so genannter "nationaler Champions", deutscher Großunternehmen, von denen man hoffe, dass sie bei ausreichender "Stärke" in der Lage sind, in der "Weltliga" der "Global Players" ganz vorne mitzuspielen. Als Beispiele nennt die Kommission die Ministererlaubnis für die Fusion E.on/Ruhrgas, die anhaltende Privilegierung der Deutschen Post AG durch das bis 2007 verlängerte Briefmonopol und der Ruf nach einer Fusion zur Schaffung einer "starken" deutschen Bank. Sie warnt vor einer Politik der staatlichen Förderung "nationaler Champions", die ein Unternehmen bevorzugt und die anderen belastet. Staatliche Industriepolitik diene nicht der Hebung des allgemeinen Lebensstandards, sondern nur der Förderung bestimmter Interessen. Wenn sie heute die Unternehmen der Energiewirtschaft oder die Deutsche Post AG vor Wettbewerb schütze, so diene dies den speziellen Interessen dieser Unternehmen, ihrer Arbeitnehmer und Anteilseigner, kritisieren die Wissenschaftler. Die Lasten würden jedoch von den Abnehmern getragen.
Die Kommission äußert sich auch zum Vorschlag des Bundeskanzlers, des französischen Staatspräsidenten und des englischen Premierministers, die EU-Kommission solle ihre wirtschaftlichen Kompetenzen in einer Hand vereinigen. Dieser Vorschlag berge das Risiko, dass die Verfassung der Wettbewerbspolitik aufgehoben wird. Wenn wettbewerbspolitische und industriepolitische Belange in einer Hand lägen, sei zu erwarten, dass sie auch in einem behandelt werden. Die damit verbundene Politisierung der Wettbewerbspolitik trage das Risiko einer deutlichen Änderung der Wirtschaftsordnung, weg von einer Wettbewerbsordnung, hin zu einer Lenkung der Entwicklungen in sich. Für besonders bedenklich wird das Engagement der Regierung zu Gunsten eines "nationalen Champions" im Bankwesen gehalten. Hier gehe es auch um das Ausmaß einer möglichen Staatsgarantie für Zeiten der Krise und um die Anreizwirkungen, die eine solche Garantie für die Betroffenen haben kann. In der Forschung bestehe Übereinstimmung darüber, dass diese Krisen umso eher auftreten, je mehr sich die Banken darauf verlassen, dass der Staat sie im Zweifel nicht fallen lassen wird. Daher sei vor einem staatlichen Engagement zur Schaffung eines "nationalen Champions" im Finanzsektor dringend zu warnen.