Kur- und Heilbäder verlangen vergleichbare Qualitätsstandards in der EU
Bad Füssing: (hib/VOM) Angesichts des zunehmenden Wettbewerbs zwischen deutschen und mitteleuropäischen Kurorten und Heilbädern haben sich die Fraktionen im Tourismusausschuss am Montagnachmittag für einheitliche Qualitätsstandards in der EU eingesetzt. In einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses im niederbayerischen Bad Füssing zu den Auswirkungen der EU-Osterweiterung bezeichnete der Ausschussvorsitzende Ernst Hinsken (CDU/CSU) die rund 320 deutschen Kurorte und Heilbäder als wichtige beschäftigungspolitische Faktoren in strukturschwachen Gebieten. Der Vorsitzende des Bayerischen Heilbäderverbandes, Franz Gnan, machte deutlich, dass sich das Verhältnis zwischen Kassenpatienten und so genannten Selbstzahlern bei den Kurgästen seit den ersten gesundheitspolitischen Einschnitten in das Kurwesen 1996 umgedreht habe. Seien damals 70 Prozent Kassenpatienten und 30 Prozent Selbstzahler gewesen, so habe sich dies bis heute umgekehrt. Gnan betonte, solange es nicht gelinge, in Europa vergleichbare Qualitätsstandards herzustellen, werde man Probleme haben. Allein in Bayern seien in den letzten zehn Jahren 450 Millionen Euro für die Qualitätsverbesserung ausgegeben worden.
Der Präsident des Deutschen Kur- und Heilbäderverbandes, Professor Manfred Steinbach, sagte, dass einige deutsche Krankenkassen mit Verträgen mit Anbietern aus dem östlichen Ausland liebäugelten. Es sei zu befürchten, dass sich die Entwicklung ins billigere Ausland verstärkt. Diese Besorgnis gebe es aber weniger bei den größten und leistungsstärksten Bädern wie Bad Füssing. Es komme darauf an, die "deutsche Kur" als Wertzeichen darzustellen, da man beim Preis nicht konkurrieren könne. "Unterstützen Sie unser Marketing für die deutsche Kur", forderte Steinbach. Der Vorstandsvorsitzende des Verbandes der Kurbeherbungsbetriebe Deutschlands, Bernd Schmeink, nannte das Beispiel des Masseurs, der in Deutschland eine dreijährige Lehrzeit absolviert und in Tschechien in einem sechswöchigen Kurs vom Maurer zum Masseur umgeschult wird.
Schmeink kritisierte scharf die Praxis der Kostenerstattung von Kuren deutscher Patienten in mittelosteuropäischen Heilbädern durch die deutschen Krankenkassen. So bezahle die AOK Baden-Württemberg Kuren im tschechischen Marienbad bis zur Höhe von 1000 Euro, ohne die Qualität zu prüfen. Damit würden in einem rechtsfreien Raum unkontrolliert Kosten erstattet. Die Vergleichbarkeit der Qualität sei dabei leistungsrechtlich nicht relevant. Es werde auch nicht geprüft, ob der Leistungserbringer eine Zulassung hat. Der Geschäftsführer des Tourismusverbandes Ostbayern, Georg Steiner, wies auf die große Tradition der tschechischen Bäder hin, deren Ausbildungssystem sich entwickele. "Wir dürfen nicht in unserem System verharren", sagte Steiner. Die Konsequenzen müssten lauten: Ausbau der Infrastruktur, Imageförderung, Qualität. Rudi Weinberger, Kurdirektor in Bad Füssing, sieht die Zukunft zum Großteil in der Prävention mit ärztlicher Begleitung. Der Wellness-Bereich könne nicht die klassische Kur- und Bäderkompetenz ersetzen. Adolf Weber, Vizepräsident des österreichischen Heilbäder- und Kurorteverbandes, hält die Folgen der EU-Osterweiterung für die österreichischen Bäder für nicht absehbar. Es gebe aber eine Angst vor künftigen Billiganbietern.