Das Internet ist die einzige Möglichkeit, schnell und mit wenig Geld viele Leute zu erreichen", sagt Oliver Moldenhauer, Mitglied im bundesweiten Koordinierungskreis sowie im Internet-Beirat von "Attac". So habe man beispielsweise im Oktober 2005 täglich rund 9.000 Besucher auf der Seite www.attac.de gezählt. Das Internet-Portal diene vor allem als Anlaufstelle für Journalisten und die breite Öffentlichkeit, sei aber für die Kommunikation untereinander von gleichrangiger Bedeutung. "Wobei wir Aktionen mit Überraschungsmoment natürlich nicht im Internet ankündigen", so Moldenhauer.
Im Sinne eines "demokratischen und pluralistischen Anspruchs" hätten Mitglieder von bundesweit rund 100 Ortsgruppen und Arbeitsgemeinschaften die Möglichkeit, über angedockte Seiten den Auftritt im Netz mitzugestalten, berichtet der Globalisierungskritiker. Ein besonderes Gewicht komme aber auch den Mailing-Listen zu, mit denen rund 40.000 Aktivisten und Sympathisanten direkt angesprochen werden könnten. Zum Vergleich: Die Kartei für Sendungen auf dem konventionellen Postweg umfasst nur 25.000 Adressen. Als "weiter sehr, sehr wichtig" beschreibt Moldenhauer die Information über Plakate und Flugblätter sowie Zeitungsanzeigen und Presseartikel.
Was die Inhalte auf den Internetseiten angehe, so passe man inzwischen "peinlich genau auf", dass keine Urheberrechte verletzt würden, etwa durch das Einstellen von Zeitungsartikeln. Moldenhauer, der von 2000 bis 2005 selbst Webmaster der Seiten war, weiß wovon er redet, denn "Attac" hat mit solchen Verstößen schlechte Erfahrungen gemacht.
Eher humorvoll nimmt er einen Streit mit dem Telefonanbieter Vodafone, dem Attac 2004 mit der so genannten "Vodaklau"-Kampagne vorwarf, sich um Steuerzahlungen in Milliardenhöhe drücken zu wollen. Der Telefonkonzern kritisierte das äußere Erscheinungsbild und den Namen der Kampagne, für die eine eigene Internetseite eingerichtet worden war. Nachdem Attac jedoch per Pressemitteilung den - auch ironisch interpretierbaren - Vorwurf der Verwechslungsgefahr zwischen "Vodafon" und "Vodaklau" thematisierte, "haben wir nie wieder ein Wort von Vodafone dazu gehört", sagt Moldenhauer.
Ähnliche Erfahrungen hat auch "Greenpeace" gemacht. Einmal stritt man sich wegen des Internet-Auftritts juristisch mit der Molkerei Müller, ein anderes Mal legten sich die Umweltschützer mit dem Ölkonzern Total-Fina-Elf (heute "Total") an, wie Helge Holler, stellvertretender Redaktionsleiter der Greenpeace-Internet-Redaktion, berichtet. Mitte 2000 hatten die Umweltschützer mit der Kampagne "Oil of Elf" dem Ölkonzern vorgeworfen, mitverantwortlich für Umweltverschmutzungen in russischen Fördergebieten zu sein. Der Konzern hatte darauf hin gegen die Verwendung der Internet-Adresse www.oil-of-elf.de geklagt, weil sie ihre Kennzeichenrechte verletzt sah und bekam zunächst Recht. Doch aus dem Berufungsverfahren vor dem Berliner Kammergericht ging Greenpeace als Sieger hervor. Für die Umweltschützer ein voller Erfolg in doppelter Hinsicht, denn der Rechtsstreit hatte zur Folge, dass erneut tausende Neugierige die Seite anklickten, obwohl sich die Kampagne längst ihrem Ende genähert hatte, wie sich Holler erinnert. Er hat beobachtet, dass sich nicht nur das eigentliche Zielpublikum, sondern auch Kampagnengegner gerne direkt aus erster Quelle informieren und sich mitunter in Mailinglisten eintragen lassen. Ein Umstand, den der Redakteur "sehr spannend" findet.
Insgesamt schätzt er das Internet vor allem als Informationskanal und "erst in zweiter Linie als Mobilisierungsinstrument". Immerhin: Mit der im Spätherbst gestarteten weltweiten Kampagne "SOS Weltmeere" versucht Greenpeace erstmals weltweit eine Million Unterstützer fast ausschließlich via Internet zu gewinnen. Das wäre 1996, als die deutsche Internetseite von Greenpeace online ging, wohl noch nicht denkbar gewesen.