Gabriel hatte zunächst erläutert, wie es zu dem Störfall in Forsmark gekommen war: Nach einem Kurzschluss in einem externen Stromnetz sei es zu einer "Verkettung mehrerer Fehler" gekommen, die letztlich eine Schnellabschaltung des AKW nötig gemacht hätten, bei der zwei von vier Notstromaggregaten nicht funktionierten, weil so genannte Wechselrichter ausgefallen seien. Wechselrichter sind Geräte, die Gleichspannung in Wechselspannung umwandeln.
Wie nahe man in Forsmark einem "Kernschmelzunfall" gekommen sei, sei nicht vollständig geklärt, erläuterte Gabriel. Der Störfall habe die Frage nach einer "Übertragbarkeit auf deutsche Kraftwerke" aufgeworfen. Das Bundesumweltministerium (BMU) sei zu der Überzeugung gelangt, dass alle Anlagen sicherheitsüberprüft werden müssten und habe im August dieses Jahres gemeinsam mit den Aufsichtsbehörden der Länder die Betreiber der deutschen Atomkraftwerke dazu aufgefordert, "eine detaillierte und geschlossene Dokumentation" über ihre Systeme der Notstromversorgung vorzulegen. Im August habe sich auch herausgestellt, dass das AKW Brunsbüttel wie Forsmark Wechselrichter einsetzt - obwohl Vattenfall dies zunächst verneint hatte. Gabriel betonte, Vattenfall habe in einer zweiten Stellungnahme versichert, dass die Gleichstromversorgung in Forsmark nicht auf Brunsbüttel übertragbar sei. Ein vollständiger technischer Nachweis sei jedoch noch nicht erbracht. Gabriel betonte, die Bundesaufsichtsbehörde bestehe auf einem solchen Nachweis und habe dafür eine Frist bis zum 20. September gesetzt. Gutachter und Aufsichtsbehörden seien aber zu dem Schluss gekommen, es gebe derzeit in Brunsbüttel keinen "Zustand, aus dem sich Gefahren ergeben".
Dieser Einschätzung widersprach die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen: Zum Schutz der Bevölkerung müsse das AKW Brunsbüttel abgeschaltet werden. In den vergangenen Wochen habe sich gezeigt, dass es bei den Berichten von Vattenfall "Defizite, Falschinformationen und scheibchenweise Informationen" gegeben habe. Damit seien Zweifel angebracht, ob Vattenfall überhaupt in der Lage sei, vollständige Sicherheitsüberprüfungen vorzunehmen. Die Betreiberin habe die Aufsichtsbehörden "an der Nase herumgeführt". Auch die Linksfraktion betonte, Vattenfall habe schon im Jahr 2002 bei Problemen mit einer Rohrleitung "nicht die volle Wahrheit gesagt". Das Atomgesetz sehe vor, einem Antragsteller die Genehmigung zum Betrieb eines AKW nicht zu erteilen, wenn es Bedenken bezüglich seiner Zuverlässigkeit gebe. Dies sei hier der Fall. Gabriel widersprach diesen Einlassungen vehement: Man sei nicht an der Nase herumgeführt worden. Dass Vattenfall seine falschen Aussagen korrigiert habe, sei vielmehr Beweis dafür, dass das Beharren der Behörden auf umfassende Darstellungen funktioniere. Sollten die Bündnisgrünen die Diskussion in dieser Art und Weise fortführen, könne und werde er "dutzende Beispiele" dafür anführen, dass auch der ehemalige grüne Bundesumweltminister Jürgen Trittin trotz bestehender Mängel den Weiterbetrieb verschiedener AKW genehmigt und sich damit "rechtskonform" verhalten habe. Forderungen nach einem Abschalten des AKW seien "rechtswidriges Verhalten" und provozierten Schadenersatzklagen.
Die Koalition widersprach den Bündnisgrünen in ihrer Bewertung der Reaktion des BMU: Man habe nicht den Eindruck, dass das Ministerium versuche, "Dinge zu vertuschen", erklärte die Union. Die SPD bekräftigte ihre Position, Atomkraftwerke seien "so komplexe Systeme, dass die nie vollständig beherrscht werden können". Daher bleibe man bei dem Ziel des "geordneten Ausstiegs".