Der Gesetzentwurf Bayerns greift die in der Gesellschaft wiederholt geäußerten Forderungen nach einem deutschen Anti-Doping-Gesetz auf. Er will neben Aufklärungs- und Beratungspflichten öffentlicher Stellen und der Einführung einer turnusmäßigen Berichtspflicht vor allem über präventive Anti-Doping-Maßnahmen ein effektiveres straf- und strafverfahrensrechtliches Instrumentarium schaffen. Künftig soll jeder Sportler beim Besitz von Dopingmitteln auch persönlich strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden können. Vertrieb und Abgabe von Dopingmitteln sollen schärfer bestraft werden, ebenso die Anwendung von Dopingmethoden bei anderen und die Beschaffung von Dopingmitteln. Neu eingeführt werden soll der Tatbestand des so genannten Sportbetrugs. Flankierend sind Kronzeugenregelungen bei Straftaten nach dem vorgeschlagenen Anti-Doping-Gesetz und Abhörahmen vorgesehen.
Bayerns Justizministerin Beate Merk (CSU) begründete ihre Gesetzesinitiative mit der zunehmenden Erschütterung der Glaubwürdigkeit des Sports durch immer neue Dopingskandale. Tagtäglich gebe es Berichte über Dopingverdacht bei berühmten Spitzensportlern. Beispielhaft dafür stünden die Namen der Radsportler Ivan Basso, Floyd Landis und Jan Ullrich, aber auch der des Leichtathleten Justin Gatlin. Vor dem Hintergrund dieser Entwicklung werde auch aus dem Bereich des Sports die Hilfe des Staates gefordert. Schließlich habe die Strafjustiz Möglichkeiten, welche die Sportgerichtsbarkeit nicht besitze. Außerdem werde auf Länder verwiesen, in denen die Strafjustiz bereits heute sehr viel nachhaltiger gegen Doping vorgehe, als dies in der Bundesrepublik Deutschland der Fall sei. Das vorliegende Gesetz greife diese Forderungen auf und habe zum Ziel, den Sport und die Sportgerichtsbarkeit durch eine Verbesserung der strafrechtlichen Instrumentarien zu unterstützen. Dabei gehe es lediglich darum, die Sportgerichtsbarkeit zu ergänzen, indem sie von den verbesserten Aufklärungsmöglichkeiten profitiere.
Der Entwurf, so Merk, solle ein "Meilenstein im Kampf für einen sauberen Sport" sein, indem durch ein eigenes Regelwerk ein deutliches Signal gegen Doping gesetzt werde. Einer der zentralen Punkte sei selbstverständlich die Verfolgung und Bestrafung der Drahtzieher, derjenigen also, die mit Dopingmitteln Handel treiben und sie an die Sportler abgeben. Dabei handele es sich um organisierte Netzwerke, die es zu zerschlagen gelte. Dazu seien beträchtliche Strafverschärfungen und die Schließung von Strafbarkeitslücken nötig. Dies, so Merk, sei relativ unumstritten. Anders sehe es hingegen bei der Strafbarkeit des Sportlers aus, der dopt. Diese Frage werde außerordentlich kontrovers diskutiert, da vielfach vor einer "Kriminalisierung" der Sportler gewarnt wird. Sie könne dieses Unbehagen bis zu einem gewissen Grade nachvollziehen, räumte Merk ein. Bei näherem Hinsehen überzeugten diese Einwände jedoch nicht. Schließlich sei es der Sportler selber, der zum Dopingmittel greife und durch seine Nachfrage überhaupt erst den Dopingmarkt schaffe. Gelänge es, die Nachfrage zurückzudrängen, werde auch den Drahtziehern die Basis für ihr Handeln abgegraben. Will man also effektiv gegen Doping vorgehen, dürfe man den Sportler strafrechtlich gesehen nicht einfach ausblenden. Merk stellte klar, dass es nicht darum gehe, den gesamten Sport mit dem Strafrecht zu überziehen. Es gehe um den Sportler, der dopt um im bezahlten Leistungssport massive eigene Vermögensinteressen verfolgt und dabei nicht nur seine Konkurrenten, sondern auch Arbeitgeber, Sponsoren, sonstige Förderer und nicht zuletzt den Zuschauer schädige.
Ebenfalls nicht vergessen dürfe man den hohen gesellschaftlichen Stellenwert des Sports. So habe die Fußballweltmeisterschaft einmal mehr gezeigt, wie sehr sich die Bürger mit dem Sport solidarisieren und Spitzensportler Vorbildfunktionen für jungen Menschen einnehmen würden. "Doping zerstört das alles", warnte die Justizministerin. Wo statt fairem Wettkampf Betrug vorherrsche, verlieren die Menschen das Interesse. Besonders fatal ist die Wirkung auf junge Menschen. Gewinnen sie den Eindruck, man könne im Sport nur noch mit Doping etwas erreichen, hören sie entweder mit dem Sport auf oder greifen selber zu Dopingmitteln. Das könne niemand wollen, so Merk. Der Sportler, der dopt, verletze Güter, zu deren Schutz auch das Strafrecht seinen Beitrag leisten müsse. An der Strafwürdigkeit und Strafbedürftigkeit seines Verhaltens bestünden daher keine vernünftigen Zweifel, stellte sie abschließend fest.