Ich liebe keine Staaten, ich liebe meine Frau", hat der frühere Bundespräsident Gustav Heinemann einmal gesagt. Dieser Haltung, Emotionen lieber Menschen statt einem Staatsgebilde zu widmen, schließe ich mich an. Auch wenn es modisch ist, von einem "gesunden Patriotismus" zu reden, empfehle ich stattdessen eine gesunde Skepsis gegen jede Form der "Liebe" zu einem Staat.
Zu den Werten, die mir politisch und emotional am Herzen liegen, zähle ich Grund- und Freiheitsrechte, soziale Rechte wie Bildung, Wohnung, Gesundheit. Dafür engagiere ich mich und trete gemeinsam mit anderen Menschen ein. Patriotismus wäre da nur hinderlich, weil er Scheinfragen in den Vordergrund schiebt.
Diejenigen, die sich selbst Patrioten nennen, beteuern häufig, sie meinten damit nicht einen "übersteigerten" Nationalismus. Das mag ehrlich gemeint sein, beruht aber auf einem Irrtum. Patriotismus ist von Nationalismus nicht zu trennen. Der deutsche Patriotismus, der in den so genannten Befreiungskriegen gegen Napoleon erwachte, beruhte von Anfang an auf entschiedener Ablehnung alles "Fremdländischen" und hat seine reaktionären, rassistischen Wurzeln bis heute nicht verloren. Vaterlandsliebe oder Vaterlandsstolz kann gar nichts anderes bedeuten, als die Menschen zu sortieren in solche, die dem "eigenen" Land angehören, und in "Ausländer". Die künstliche Trennung von Menschen hat fatale Konsequenzen, die uns allen bekannt sind. Staaten und Nationen sind genauso gefährliche wie künstliche Gebilde, die wir überwinden sollten.
Die Autorin ist innenpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion Die Linke.