Petitionsausschuss
Jahresbericht 2003
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Deutscher Bundestag |
Drucksache 15/3150 |
15. Wahlperiode |
25.05.2004 |
Bericht des Petitionsausschusses (2. Ausschuss)
Bitten und Beschwerden an den Deutschen Bundestag
Die Tätigkeit des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestages im Jahr 2003
- Kurzfassung -
Der Petitionsausschuss trauert um Marita Sehn
Am 18. Januar 2004 kam die Vorsitzende des Petitionsausschusses im Alter von 48 Jahren bei einem tragischen Verkehrsunfall ums Leben.
Der Petitionsausschuss gedachte seiner verstorbenen Vorsitzenden in der Ausschusssitzung am 28. Januar 2004 und würdigte ihre politische Leistung. Die Sorgen und Anliegen der Menschen machte sich Frau Marita Sehn zur Herzensangelegenheit - die Wahrnehmung des Petitionsrechtes war deshalb für sie nicht nur eine politische Herausforderung. Der Petitionsausschuss wird im Sinne der verstorbenen Vorsitzenden auch künftig seine Arbeit leisten.
Allgemeine Bemerkungen über die Ausschussarbeit
Anzahl und Schwerpunkte der Eingaben
15.534 Eingaben wurden im Jahr 2003 an den Petitionsausschuss herangetragen. Das sind 12 v.H. mehr als im Jahr 2002, in dem 13.832 Eingaben verzeichnet wurden. Im täglichen Durchschnitt wurden demnach über 60 Neueingaben in den Geschäftsgang gegeben.
Die Anzahl der Eingaben, die der Petitionsausschuss im Jahr 2003 abschließend behandelt hat, beträgt 14.451.
Betrachtet man die Verteilung der Petitionen auf die einzelnen Bundesministerien, so ist das Bundes-ministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung mit über einem Drittel der Petitionen das Ressort, zu dem die bei weitem meisten Eingaben eingingen. Gemessen am Gesamtvolumen der eingegangenen Petitionen entfielen zirka 15 v.H. der Eingaben auf das Bundesministerium der Finanzen und etwas mehr als 12 v.H. auf das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit.
Sowohl die Anzahl der Sammelpetitionen, also der Petitionen, die mit einer Unterschriftenliste eingereicht werden, als auch die Anzahl der Massenpetitionen, also der Eingaben in größerer Zahl mit demselben Anliegen, deren Text ganz oder im Wesentlichen übereinstimmt (z. B. Postkartenaktionen), sind im Berichtszeitraum gegenüber dem Vorjahr deutlich angestiegen. Bei den Massenpetitionen immerhin die fünffache Anzahl. Die in Sammel- und Massenpetitionen vorgebrachten Anliegen unterschieden sich allerdings nicht wesentlich von den in den sonstigen Petitionen angesprochen Themen.
Die Bitten zur Gesetzgebung machten über ein Drittel (5.411), die Beschwerden zirka zwei Drittel der Neueingaben aus.
Aufgegliedert nach Geschlechtern kann der Statistik entnommen werden, dass nahezu 60 v.H. der Eingaben von Männern eingereicht wurden. Zirka 28 v.H. der Eingaben stammten von Frauen. Der Rest der Eingaben kam von Organisationen und Verbänden.
Wenn man die Anzahl der Petitionen ermittelt, die auf eine Million Einwohnerinnen und Einwohner des jeweiligen Landes durchschnittlich entfällt, so erhält man einen aussagekräftigen Vergleich der Anzahl der Petitionen, die aus den einzelnen Bundesländern kommt. Das Land mit den relativ meisten Eingaben im Jahr 2003 war Brandenburg mit 659, gefolgt von Berlin mit 485. Geringe Eingabezahlen gab es aus dem Saarland mit 108, Bayern mit 106 und Baden-Württemberg mit 101 Eingaben auf 1 Million Einwohner.
Eine genaue Aussage darüber, in welcher Größenordnung Petitionsverfahren eine positive Erledigung fanden, lässt sich nicht generell treffen. Viele Petitionen konnten bereits im Vorfeld des parlamentarischen Verfahrens gelöst werden, indem die Einschaltung des Petitionsausschusses bewirkte, dass ein evtl. vorhandenes Ermessen zugunsten der Petenten ausgeschöpft und die Probleme möglichst praktisch gelöst wurden. Zahlreiche Fälle konnten damit bereits in einem vergleichsweise frühen Stadium positiv abgeschlossen werden. Bei anderen Fällen waren zwar komplexe Moderationsverfahren mit Anhörung aller Beteiligten (z.B. bei Ortsbesichtigungen) notwendig, oftmals zeichneten sich aber auch in diesem Rahmen noch Lösungswege für die Beteiligten ab. Vor diesem Hintergrund lässt sich feststellen, dass bei nahezu jeder zweiten Petition etwas für die Petenten erreicht werden konnte. Dies stellte zwar nicht immer die gewünschte Lösung dar, war aber oftmals ein Kompromiss, der von allen Beteiligten als akzeptabel angesehen wurde.
Insgesamt 885 Vorgänge erreichten den Petitionsausschuss ohne die Voraussetzungen für eine Petition im Sinne von Art. 17 GG zu erfüllen. Zu dieser Kategorie von Eingaben gehören überwiegend solche, die bloße Mitteilungen, Belehrungen, Vorwürfe, Anmerkungen und Meinungsäußerungen ohne materielles Verlangen enthalten. In der überwiegenden Mehrzahl wurden zivilrechtliche Angelegenheiten vorgetragen, Bitten um Rechtsauskünfte geäußert, und allgemeine menschliche Probleme vorgetragen. Die Eingaben dieser Rubrik boten insofern ein breites Spektrum an Themen, die die Menschen beschäftigten. Es gab kaum einen Bereich des Alltagslebens mit Bezug zur Politik, der nicht angesprochen wurde.
Die mit der Beantwortung dieser Eingaben betrauten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Ausschussdienstes legten Wert darauf, nahezu allen Zuschriften eine Antwort zukommen zu lassen. Diese Dienstleistung kommt insofern dem Service eines Bürgerbüros innerhalb der Petitionsbearbeitung durch den Petitionsausschuss sehr nahe. Es soll hier um mehr gehen, als nur den Versuch zu vermitteln, den Einsendern eine passende Antwort zu geben. Es soll ihnen vielmehr die Gewissheit gegeben werden, mit ihren Problemen und Sorgen ernst genommen zu werden. Gleiches gilt für die Beantwortung der zahlreichen telefonischen Anfragen, die den Petitionsausschuss tagtäglich erreichen.
Darüber hinaus sind die Eingaben zu erwähnen, für die nach der verfassungsmäßigen Ordnung die Zuständigkeit der Landesvolksvertretungen gegeben ist. Es handelt sich dabei überwiegend um Beschwerden über Landesein-richtungen.
Aufgrund der verfassungsmäßig garantierten richterlichen Unabhängigkeit ist der Petitionsausschuss nicht befugt, Beschwerden über gerichtliche Entscheidungen zu bearbeiten, die Urteile zu überprüfen, sie aufzuheben oder abzuändern. Auch im Jahr 2003 war vielen Petentinnen und Petenten deshalb mitzuteilen, dass der Deutsche Bundestag aufgrund der Gewaltenteilung keine parlamentarische Prüfung von Gerichtsverfahren vornehmen kann.
Im Jahr 2003 erreichten den Petitionsausschuss darüber hinaus zirka 100 Eingaben per E-Mail. Nach der geltenden Rechtslage genießen Petitionen den Schutz des Artikels 17 Grundgesetz nur, wenn sie schriftlich eingereicht werden. Der Petitionsausschuss hat auf der Grundlage des § 110 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages in seinen Verfahrensgrundsätzen festgelegt, dass die Schriftform nur bei Namens-unterschrift gewahrt ist. Die Einsender von E-Mails wurden daher - sofern es sich um neue Eingaben handelte - gebeten, die Eingabe unter vollständiger Angabe ihrer Anschrift unterschrieben erneut an den Petitions-ausschuss zu senden.
Es war im Berichtszeitraum allerdings festzustellen, dass die seit Dezember 2001 im Internetangebot des Deutschen Bundestages auf www.bundestag.de unter der Rubrik "Kontakt" angebotene Hilfestellung zur Einreichung einer Petition rege genutzt wurde, um ein Formular herunterzuladen und eine Petition einzureichen. Dieses Angebot hat sich insofern bewährt, als es die Einreichung einer Petition dadurch erleichtert, dass angeregt wird, strukturierte Angaben zur Person und dem Anliegen zu machen.
Sitzungen des Petitionsausschusses
Im Jahr 2003 fanden 19 Sitzungen des Petitionsausschusses statt, in denen über 200 Petitionen zur Einzelberatung aufgerufen wurden. Die Ergebnisse seiner Beratungen legte der Petitionsausschuss dem Bundestag in Form von 80 Sammelübersichten als Beschlussempfehlungen zur Erledigung der Petitionen vor. Diese Sammelübersichten sind auch im Internet als Bundestags-Drucksachen eingestellt. Zu zwei Sammel-übersichten wurden von Seiten der CDU/CSU-Fraktion Änderungsanträge gestellt.
Der Bericht des Ausschusses über seine Tätigkeit im Jahr 2002 (BT-Drs. 15/920) erschien am 21. Mai 2003 und wurde am selben Tag von der Vorsitzenden des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestags, Marita Sehn, FDP, und dem stellvertretenden Vorsitzenden, Klaus Hagemann, SPD, gemeinsam mit Vertretern der Fraktionen Bundestagspräsident Wolfgang Thierse übergeben. Eine ausführliche Beratung des Tätigkeitsberichts fand am 5. Juni 2003 statt (Plenarprotokoll 15/48).
Ausübung der Befugnisse
Im Berichtszeitraum machte der Ausschuss insgesamt vier Mal von den ihm aufgrund des Gesetzes nach Art 45c des Grundgesetzes eingeräumten besonderen Befugnissen Gebrauch, indem er zwei Akteneinsichtnahmen durchführte, eine Regierungsvertreterin vor den Ausschuss lud sowie eine Ortsbesichtigung vornahm.
Darüber hinaus fanden zahlreiche erweiterte außerordentliche Bericht-erstattergespräche mit Vertretern der Bundesregierung oder nachgeordneten Bundesbehörden statt.
Überweisung an die Bundesregierung zur Berücksichtigung oder Erwägung
Im Rahmen der Möglichkeiten, die nach den Verfahrensgrundsätzen des Petitionsausschusses zur Erledigung einer Petition in Betracht kommen, sind die Berücksichtigungs- und Erwägungsbeschlüsse von hervorgehobener Bedeutung. Ein Beschluss, die Petition der Bundesregierung zur Berücksichtigung zu überweisen, ist ein Ersuchen des Deutschen Bundestages an die Bundesregierung, dem Anliegen des Petenten zu entsprechen. Lautet der Beschluss, die Petition der Bundesregierung zur Erwägung zu überweisen, so handelt es sich hierbei um ein Ersuchen des Deutschen Bundestages an die Bundesregierung, das Anliegen des Petenten noch einmal zu überprüfen und nach Möglichkeiten der Abhilfe zu suchen.
Im Jahr 2003 überwies der Deutsche Bundestag der Bundesregierung 81 Petitionen zur Berücksichtigung und 18 zur Erwägung.
Zusammenarbeit mit den Petitionsausschüssen der Landesvolksvertretungen
Am Sonntag, dem 14. und am Montag, dem 15. September 2003, trafen sich die Vorsitzenden und stellvertretenden Vorsitzenden der Petitionsausschüsse des Deutschen Bundestages und der Landesparlamente zu einer Tagung in Kiel, an der auch die Bürgerbeauftragten der Länder Rheinland-Pfalz, Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein und Thüringen, sowie als besondere Gäste der Europäische Bürgerbeauftragte, ein deutsches Mitglied des Petitionsausschusses des Europäischen Parlaments und deutschsprachige Ombudsleute aus dem europäischen Ausland teilnahmen. Zu der Tagung, die im Landtag von Schleswig-Holstein stattfand, hatte der Bundestagspräsident eingeladen. Das Zusammentreffen reiht sich ein in eine Tradition derartiger Tagungen, die in einem zweijährigen Rhythmus stattfinden. Sie dienen dem Zweck, den Meinungs- und Erfahrungsaustausch unter den ansonsten eigenständigen Einrichtungen zu fördern und die Zusammenarbeit auch im internationalen Rahmen zu festigen. Die vorangegangene derartige Tagung fand im Juni 2001 in Magdeburg statt.
In Anbetracht der Teilnahme des Europäischen Bürgerbeauftragten und eines deutschen Mitglieds des Petitionsausschusses des Europäischen Parlaments stand - wie bereits 2001 - die Entwicklung des Petitionsrechts auf europäischer Ebene im Mittelpunkt der Beratung.
Weitere Themen der Tagung waren: Die Erhöhung der Sicherheitsstandards in Schulbussen, die Sinnhaftigkeit der Anschaffung von Rauchmeldern, die Öffentlichkeits-arbeit der Petitionsausschüsse, der Bürgerbeauftragten bzw. Ombudsleute sowie der Umgang mit Eingaben, die per E-Mail eingehen. Breiten Raum nahm schließlich auch die Erörterung von Fragen der Zusammenarbeit im europäischen und internationalen Rahmen und ein allgemeiner Erfahrungsaustausch über die Behandlung von Eingaben ein.
Anlässlich der Tagung fand am Montag, dem 15. September 2003, im Landtag von Schleswig-Holstein eine Pressekonferenz mit der Vorsitzenden des Petitionsausschusses des Bundestages und dem Vorsitzenden des Petitionsausschusses des Landtags von Schleswig-Holstein statt.
Zusammenarbeit auf internationaler Ebene
Auch auf internationaler Ebene informierten sich die Mitglieder des Petitionsausschusses über aktuelle Fragen des Petitions- und Ombudsmannwesens. Sie führten mit verschiedenen Ansprechpartnern Gespräche und stellten die Arbeit des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestages dar.
Im März 2003 reiste eine fünfköpfige Delegation des Petitionsausschusses nach Edinburgh/Schottland, um sich über das Petitionswesen in Schottland zu informieren. Besonderer Schwerpunkt dieser Reise war der Umgang des dortigen Petitionsausschusses mit neuen Kommunikationsmedien.
Im April 2003 nahm die Vorsitzende des Petitions-ausschusses an einem Seminar des griechischen Ombudsmanns in Athen teil.
Im Mai 2003 nahm die Vorsitzende an einer Informationsveranstaltung im Rahmen des Europäischen Ombudsmann-Instituts in Innsbruck teil, bei der die Rolle der Ombudsleute und Petitionsausschüsse in den alten und neuen europäischen Demokratien näher untersucht und diskutiert wurde.
Ende August 2003 fand in Tallinn/Estland eine Beratung der Petitionsausschüsse und Ombudsleute der Ostsee-Anrainerstaaten statt, bei der die Abgeordneten Gabriele Frechen und Günter Baumann den Petitionsausschuss vertraten und die Petitionsbearbeitung beim Deutschen Bundestag vorstellten.
Vom 29. September bis 5. Oktober 2003 reiste eine fünfköpfige Delegation des Petitionsausschusses unter Leitung der Vorsitzenden nach Mexiko und Guatemala, um sich über das Beschwerde- und Ombudsmannwesen in Lateinamerika zu informieren und für das Petitionswesen im Rahmen der parlamentarischen Kontrolle zu werben.
Zu dem Themenkomplex "Menschenrechte" veranstaltete der norwegische Ombudsmann in Zusammenarbeit mit dem Europarat Anfang November 2003 ein Seminar in Oslo/Norwegen, an dem die Vorsitzende teilnahm.
Auch im Jahr 2003 empfing der Petitionsausschuss zahlreiche Delegationen aus dem Ausland, denen er ausführlich von seiner Arbeit berichtete, das Petitionsverfahren und die Aufgaben und Arbeitsweise des Petitionsausschusses erläuterte. Zu nennen sind in diesem Zusammenhang drei Gruppen aus China, zwei Delegationen der Nationalversammlung von Vietnam, eine Gruppe von Senatoren aus Thailand, der oberste Verfassungsrichter mit Delegation aus Uganda, eine Gruppe von Parlamentariern aus Mosambique, eine Abordnung des Petitionsausschusses des tschechischen Abgeordnetenhauses, eine Gruppe junger Abgeordneter aus der Ukraine, Abgeordnete und Berater aus der slowakischen Republik, eine Gruppe von Abgeordneten und Rechtsexperten der russischen Staatsduma sowie eine Delegation der luxemburgischen Abgeordneten-kammer, die Sitzungen des Petitionsausschusses beiwohnten.
Öffentlichkeitsarbeit
Anlässlich der Übergabe des Tätigkeitsberichts fand im Juni 2003 eine Pressekonferenz statt, in der die Vorsitzende, begleitet von den Obleuten der Fraktionen, den Vertretern von Presse, Rundfunk und Fernsehen die Tätigkeit des Petitionsausschusses im Jahr 2002 erläuterte und Fragen dazu beantwortete.
Im Dezember 2003 nahm die Vorsitzende erstmals an einer Sprechstunde des Bürgerbeauftragten des Landes Rheinland-Pfalz teil. Sie führte dort Gespräche mit zahlreichen Petenten, die Anliegen vorbrachten, für die der Deutsche Bundestag zuständig ist. Die entsprechenden Eingaben wurden anschließend vom Bürgerbeauftragten dem Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages zugeleitet.
Ebenfalls im Dezember 2003 wurde im Fernsehprogramm des Mitteldeutschen Rundfunks (MDR) ein Beitrag über die Tätigkeit und Wirkungsweise des Petitions-ausschusses ausgestrahlt.
Im Übrigen wurden die im Internet über den Petitionsausschuss eingestellten Informationen über-arbeitet und der Bericht des Petitionsausschusses über seine Tätigkeit im Jahre 2002 sowie die Beratung in der 48. Sitzung des Deutschen Bundestages in die Homepage integriert.
Schließlich stand der Petitionsausschuss örtlichen, regionalen und überregionalen Medien- und Presse-vertretern als tägliche Anlaufstelle für Informationen anlässlich der Beratung von Petitionen zur Verfügung.
Die Ressorts - Hervorzuhebende einzelne Anliegen
Auswärtiges Amt
Entgegen der leicht abfallenden Entwicklungstendenz in den letzten Jahren stieg im Berichtszeitraum die Zahl der Eingaben im Geschäftsbereich des Auswärtigen Amtes auf 515 an.
Die Beschwerden über abgelehnte Visaanträge für Besuchsreisen oder zur Familienzusammenführung bildeten wieder einen Schwerpunkt der eingereichten Petitionen.
Ein weiterer Schwerpunkt der Eingaben war die Forderung nach Freilassung einer in China inhaftierten Anhängerin von den Falun-Gong. Die Petentinnen und Petenten baten den Deutschen Bundestag, das Auswärtige Amt aufzufordern, verstärkt eine Einhaltung der Menschenrechte durch die Volksrepublik China anzumahnen.
Im Bereich der Außenpolitik beschäftigte die Situation im Irak viele Bürgerinnen und Bürger. Sie forderten diplomatisches Einwirken auf die Vereinigten Staaten von Amerika, um militärische Maßnahmen gegen den Irak zu verhindern beziehungsweise einzustellen.
Auch die anstehende Osterweiterung der Europäischen Union und deren Auswirkungen war Gegenstand zahlreicher Eingaben.
Bundesministerium des Innern
Die Anzahl der Eingaben, die den Geschäftsbereich des Bundesministeriums des Innern betrafen, lag im Jahr 2003 bei 1.591 Eingaben. Gegenüber dem Vorjahr (1.749) ist dies ein Rückgang von rund 150 Eingaben.
Den Schwerpunkt bildeten die Eingaben aus dem öffentlichen Dienstrecht mit rund 550 Eingaben. Hier standen Fragen zur Alterssicherung und zum Beihilferecht im Vordergrund. Gegenstand der Kritik waren vermeintliche Beamtenprivilegien, Betroffene sahen sich dagegen durch Einschnitte in der Beamtenversorgung in unzulässiger Weise in ihrem Vertrauensschutz verletzt.
Besonders hervorzuheben ist der Komplex "Zusatzversorgung durch die Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL)". Beanstandet wurde vor allem die Überführung der Rentenanwartschaft zum 31. Dezember 2001 bei der VBL in das neue Betriebs-rentensystem, insbesondere die Ermittlung der Startgutschrift.
Aus dem Bereich des Ausländer- und Asylrechts waren rund 500 Eingaben zu verzeichnen, wobei die Eingaben von abgelehnten Asylbewerbern, die ein weiteres Bleiberecht erbaten, dominierten. Hauptherkunftsländer der Petenten sind die Türkei und das Kosovo sowie Serbien/Montenegro. Der Petitionsausschuss kann kein eigenes Asylverfahren durchführen, sondern ist darauf beschränkt zu prüfen, ob dem Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (BAFl) offensichtliche gravierende Fehler im Asylverfahren unterlaufen sind. Wenn die Entscheidung des BAFl allerdings bereits rechtskräftig gerichtlich geprüft wurde, hat er auch diese Prüfungsmöglichkeit nicht. In diesen Fällen steht ihm wegen des Grundsatzes der Unabhängigkeit der Richter kein weiteres Unter-suchungsrecht zu. Er kann lediglich im Rahmen der Feststellung von Abschiebungshindernissen i. S. von § 53 Abs. 6 Ausländergesetz, die noch nicht Gegenstand des Gerichtsverfahrens waren, auf ein Wiederaufgreifen des Asylverfahrens hinwirken. Der Petitionsausschuss hat auch nicht die Befugnis, sich aus humanitären Gründen für ein Bleiberecht der Petenten einzusetzen. Auf dieser Basis war es ihm deshalb nur in wenigen Fällen möglich, ein für die Petenten positives Ergebnis zu erzielen.
Eine Reihe von Petenten knüpfte Hoffnung an ein baldiges Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes und ein sich hieraus für sie möglicherweise ergebendes Bleiberecht. In einigen Petitionen wurde der Petitionsausschuss auch gebeten, sich dafür einzusetzen, dass bestimmte im Zuwanderungsgesetz nicht vorgesehenen Regelungen, wie z. B. ein allgemeines Bleiberecht für langjährig in Deutschland geduldete Ausländer, noch Aufnahme finden.
Im Bereich "Vertriebene, Flüchtlinge, Aussiedler und politische Häftlinge" gab es rund 280 Eingaben. Positive Entscheidungen für die Petenten, die die Zuerkennung der Eigenschaft als Spätaussiedler begehrten, konnten auch hier nur in wenigen Fällen herbeigeführt werden. Mangelnde Kenntnisse der deutschen Sprache sowie die fehlende Möglichkeit, in den Aufnahmebescheid eines anerkannten Angehörigen einbezogen zu werden, weil dieser die Aussiedlungsgebiete bereits vor der Antragstellung auf Einbeziehung verlassen hat, führten zu ablehnenden Bescheiden.
Zum Abschluss des Berichtsjahres mehrten sich Eingaben von Petenten, die es als diskriminierend bezeichneten, dass die vorgesehenen Änderungen zum Spätaus-siedlerrecht im Zuwanderungsgesetz geregelt sind. Der Status des Spätaussiedlers würde dadurch dem Status des Ausländers gleichgestellt.
Im Zusammenhang mit dem in der 15. Legislaturperiode eingebrachten Gesetzentwurf des Bundesrates "über eine einmalige Entschädigung an die Heimkehrer aus dem Beitrittsgebiet" gab es eine Reihe von Petitionen zu diesem Thema. Dieser Gesetzentwurf wurde im Oktober 2003 mit Mehrheit der Koalitionsfraktionen vom Deutschen Bundestag abgelehnt.
Auch vielfältige Vorschläge zur Änderung des Grundgesetzes (GG) werden dem Petitionsausschuss immer wieder vorgetragen. Sie reichen von dem Wunsch auf Veränderung der Präambel über konkrete Formulierungsvorschläge, z. B. den Religionsunterricht in Artikel 7 GG durch einen Ethikunterricht zu ersetzen, bis hin zu einer Verankerung weitergehender Rechte im GG, z. B. einer "Generationenschutzklausel".
Zum Bereich Parteien und Wahlen gingen im Jahr 2003 70 Petitionen ein. Dabei standen wiederum - wie schon in den Vorjahren - Eingaben zur Einführung von Volksabstimmungen bzw. Volksentscheiden im Vordergrund. Daneben gab es etliche Eingaben, die Änderungen betreffend das Wahlverfahren und die Einführung eines Wahlrechts für Kinder bzw. die Herabsetzung des Wahlalters zum Gegenstand hatten.
Jubiläumszulagen für Beamte und Angestellte des Öffentlichen Dienstes
Eine Petentin beanstandete, dass ihr eine Jubiläumszuwendung ihres Arbeitgebers einen erheblichen Einkommensverlust beschert hatte. Die Prämie, die sie anlässlich ihres 25-jährigen Dienstjubiläums als Angestellte im öffentlichen Dienst erhielt, war nicht nur steuer- und sozialversicherungspflichtig, sondern wurde darüber hinaus auch auf die Versorgungsbezüge angerechnet. So wurde der Petentin im Monat der Jubiläumszahlung ein Teil des ihr zustehenden Witwengeldes nicht ausgezahlt.
Zu dieser Problematik lagen dem Petitionsausschuss mehrere Eingaben gleichen Inhalts vor, die wegen des Sachzusammenhangs einer gemeinsamen parlamentari-schen Prüfung unterzogen wurden.
In seiner Stellungnahme räumte das Bundesministerium des Innern ein, dass die geltenden Regelungen in manchen Fällen zu einem Einkommensverlust führen können. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Jubiläumszuwendung zu höheren Abzügen beim Erwerbseinkommen führt und als Bruttobetrag zusätzlich auf die Witwenversorgung angerechnet wird.
Der Petitionsausschuss empfand diesen Sachverhalt als ungerecht. Der mit der Jubiläumszuwendung verfolgte Zweck der Anerkennung für langjährige treue Dienste könne nicht mehr erfüllt werden, wenn dem Empfänger der Zuwendung ein finanzieller Nachteil entstehe.
Der Petitionsausschuss hielt deshalb eine Veränderung dieser Situation für dringend erforderlich. Er empfahl daher, die Petition der Bundesregierung - dem BMI und dem Bundesministerium der Verteidigung (BMVg) - zur Erwägung zu überweisen.
Bundesministerium der Justiz
Im Berichtsjahr ging die Zahl der Eingaben zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Justiz mit 1517 erneut zurück.
Deutlich verringerten sich die Eingaben zu den offenen Vermögensfragen in den neuen Bundesländern.
Einen Schwerpunkt jedoch bildeten zahlreiche Beschwerden über das geltende Un-terhaltsrecht. Überwiegend Männer beklagten sich über die Zahlung von Unterhalt an getrennt lebende oder geschiedene Ehefrauen. Unter Hinweis auf den Willen des Gesetzgebers, dass der wirtschaftlich schwächere Ehegatte im Falle der Trennung oder Scheidung zumindest für eine gewisse Zeit vor nachteiligen Veränderungen der Lebensverhältnisse geschützt werden soll, empfahl der Petitionsausschuss jeweils, das Petitionsverfahren abzuschließen.
In einer Massenpetition wandten sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Unternehmen, die auf dem Gebiet des Telefonmarketings tätig sind, gegen eine Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb, welche die Telefonwerbung erschweren und die Verbraucher stärker vor unerbetenen Werbeanrufen schützen soll. Die Petentinnen und Petenten befürchteten, dass die vorgesehene Gesetzesnovelle ihre Arbeitsplätze gefährde. Die Petition konnte im Berichtsjahr nicht abschließend behandelt werden.
Ebenso offen blieb die Behandlung von zahlreichen Petitionen, mit denen Großeltern gesetzliche Maßnahmen zur Schaffung eines Umgangsrechts mit ihren Enkelkindern forderten.
Bundesministerium der Finanzen
Im Berichtszeitraum 2003 gingen zum Zuständig-keitsbereich des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) 1.478 Eingaben ein gegenüber 1.393 des Vorjahres. Einer der Schwerpunkte war erneut das Steuerrecht mit ca. 450 Eingaben. Thematisiert wurden vor allem die weiteren Überlegungen zur Steuerreform, die neben den zahlreichen Steuererleichterungen für Familien, Bürgerinnen und Bürger sowie mittelständische Unternehmen auch konkrete Einschränkungen und Belastungen beinhalten. Die Reformbemühungen fanden zunächst im Steuervergünstigungsabbaugesetz vom 10. Mai 2003 und sodann zum Ende des Jahres in dem im Vermittlungsausschuss einvernehmlich beschlossenen Kompromisspaket u.a. mit dem Steuerrechtsänderungs-gesetz 2003, dem Gesetz zur Förderung der Steuerehrlichkeit und den Änderungen des Gewerbesteuergesetzes sowie des Tabaksteuergesetzes ihren Niederschlag. Die von den Petenten vorgetragenen Probleme sind in die Beratungen des Finanzausschusses und des Petitionsausschusses eingeflossen. Jedoch konnte der Petitionsausschuss keine am Einzelfall orientierte Änderungen des - wie ausgeführt - als Gesamtpaket beschlossenen und am finanziell Machbaren ausgerichteten Steuerkompromiss empfehlen.
Ein weiterer Schwerpunkt ergab sich im Versicherungs- und Kreditwesen (ca. 200 Eingaben). Im Zusammenhang mit den zahlreichen Eingaben, in denen das Verhalten von Banken und Sparkassen bei der Vergabe von Krediten oder der Anlage von Geldern kritisiert wurde, wurde in einigen Fällen auch beklagt, dass die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) die Petenten nicht ausreichend unterstütze. Die Prüfung durch den Petitionsausschuss ergab jedoch in allen Fällen, dass weder seitens des BMF noch seitens der BaFin ein Fehlverhalten vorlag. Dabei ist anzumerken, dass die BaFin als Aufsichtsbehörde nur in den Grenzen des Gesetzes über das Kreditwesen dann tätig wird, wenn Gefährdungstatbestände nicht nur einzeln, sondern in einem solchen Umfang auftreten, dass von einem allgemeinen Missstand gesprochen werden muss. Insbesondere ist die BaFin nicht befugt, zivilrechtliche Streitigkeiten zwischen einem Kreditinstitut und seinen Kunden zu entscheiden oder dabei Rechtshilfe zu leisten. Des Weiteren kann der Petitionsausschuss wiederum nur prüfen, ob die BaFin die ihr gesetzlich zugewiesene Aufsichtspflicht erfüllt hat.
Zahlreiche Eingaben betrafen das Liegenschaftsrecht des Bundes (ca. 150). In einem herausragenden Fall führten beabsichtigte Verkäufe von Bundeswohnungen auf Sylt zu zahlreichen Eingaben besorgter Mieter. Der Petitionsausschuss hatte bei seiner Prüfung zu berücksichtigen, dass der Bundesrechnungshof die Bundesregierung aufgefordert hatte, sich von diesem Wohnungsbestand zu trennen, weil die Bereitstellung von ausreichendem Wohnraum vorrangig Aufgabe der jeweiligen Kommune, nicht aber des Bundes ist. Andererseits kam es für den Petitionsausschuss darauf an, dass ein Verkauf nicht zu unvertretbaren Härten für die zum Teil langjährigen Mieter führt. Im Fall der Sylter Bundeswohnungen beschloss der Bundestag auf Empfehlung des Petitionsausschusses, die Petition zur Berücksichtigung zu überweisen. Der Petitionsausschuss befürwortete einen vorrangigen Verkauf an die Gemeinden. Er konnte zunächst erreichen, dass die zuständigen Vertreter des Bundes und des Landes Schleswig-Holstein bereits abgebrochene Verhandlungen wieder aufgenommen haben. Der Ausschuss begleitet die andauernden Verhandlungen kritisch.
Weitere Eingaben betrafen das öffentliche Dienstrecht (ca. 100 Eingaben) sowie den Bereich Familien-leistungsausgleich/Kindergeld (ca. 50 Eingaben). Gerade im letztgenannten Bereich des Familienleistungs-ausgleichs/Kindergeldes konnte der Petitionsausschuss in einer Reihe von Fällen helfen, in denen das Kindergeld zu Unrecht nicht gewährt oder für bestimmte Zeiträume gestrichen worden war.
Vereinfachung des Spendenrechts
Einige Petenten kritisierten das Verfahren der steuerlichen Abzugsfähigkeit von Spenden als zu umständlich und forderten deutliche Vereinfachungen.
Die Prüfung der Sach- und Rechtslage durch den Petitionsausschuss ergab, dass bereits mit Wirkung ab dem Jahr 2000 das in den §§ 48 - 50 Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) geregelte Sprenden-recht novelliert wurde. Spenden dürfen demnach steuerlich abgezogen werden, wenn sie durch eine Zuwendungsbestätigung (früher: Spenden-bestätigung) nachgewiesen werden, die der Empfänger mit einem amtlich vorgeschriebenen Vordruck ausgestellt hat. Hiervon gibt es Ausnahmen in Form sogenannter vereinfachter Spendennachweise.
Häufig richten öffentliche Dienststellen bzw. Verbände der freien Wohlfahrtspflege nach Katastrophen Spenden-konten ein, bei denen allein der Zahlungsnachweis im Sinne des Spendenrechts ausreicht. Bei Zuwendungen bis 100 Euro an juristische Personen des öffentlichen Rechts bzw. Dienststellen genügt bereits der Zahlungsnachweis. So können Zuwendungen an Kommunen für deren freiwillige Feuerwehren oder für vergleichbar gemeinnützige Verwendungen als Spenden nachge-wiesen werden. Bei Zuwendungen bis 100 Euro, die an gemeinnützig anerkannte Einrichtungen gehen, reicht ebenfalls der Zahlungsnachweis aus, sofern der Empfänger zusätzlich einen Beleg ausstellt, der Angaben über das zuständige Finanzamt und den steuer-begünstigten Zweck, für den die Zuwendungen verwendet werden, enthält.
Im Hinblick auf die Vielzahl der gemeinnützigen Einrichtungen (nach Angaben des BMF rund 400.000) sind in diesem Zusammenhang weitergehende Vereinfachungen problematisch, schon weil in diesem Bereich auch ständig gemeinnützige Einrichtungen aufgelöst und neu begründet werden.
Der Petitionsausschuss vertrat gleichwohl die Auffassung, dass in diesem Bereich nach Möglichkeiten der weiteren Vereinfachung gesucht werden sollte. Er unterstützte die weiteren Bemühungen des BMF, das zu Beginn des Jahres 2003 bei den obersten Finanzbehörden der Länder eine Überprüfung der geltenden Regelungen anregte mit dem Ziel, das Nachweisverfahren im Spendenrecht weiter zu vereinfachen. Die diesbezüglichen Überprüfungen sind nach Auskunft des BMF noch nicht abgeschlossen. Vor diesem Hintergrund überwies der Deutsche Bundestag auf Empfehlung des Petitionsausschusses die Petition der Bundesregierung - dem BMF - als Material, damit sie in die weitergehenden Überlegungen und Überprüfungen einbezogen werden kann.
Pauschbetrag für die Pflege eines schwerstbehinderten Kindes bei gleichzeitiger Inanspruchnahme von Pflegegeld
Der Vater einer inzwischen verstorbenen schwerst-behinderten Tochter unterbreitete den Vorschlag, eine Änderung im Einkommensteuergesetz hinsichtlich des Pflege-Pauschbetrags im Falle der innerfamiliären Pflege des eigenen schwerstbehinderten Kindes vorzunehmen.
Der Petent kritisierte, in einem solchen Fall dürfe die Gewährung des Pauschbetrages nicht von der Art und dem Nachweis der Verwendung des aus der Pflegeversicherung gezahlten Pflegegeldes abhängig sein. Der im Detail geforderte Nachweis über die treuhänderische Verwaltung des erhaltenen Pflegegeldes überfordere die Eltern, die ohnehin durch die Pflege des Kindes und erheblich höhere allgemeine Lebens-haltungskosten übermäßig stark belastet seien.
Die vom Petitionsausschuss um Stellungnahme ersuchten Bundesministerium der Finanzen (BMF), Bundes-ministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) und Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung (BMGS) vertraten zu der Problematik unterschiedliche Auffassungen.
Das BMF verwies - in Übereinstimmung mit einer entsprechenden Entscheidung des Bundesfinanzhofs aus dem Jahre 2002 - darauf, die Gewährung des Pflege-Pauschbetrages werde ausgeschlossen, wenn das Pflegegeld der Pflegeperson als Einnahme zufließe und diese dem Finanzamt nicht im Detail die treuhänderische Verwaltung für den Pflegebedürftigen nachweise.
BMFSFJ und BMGS bezeichneten diese Rechtslage dagegen als unbefriedigend, die Anerkennung des Pauschbetrages müsse auch ohne detailierte Nachweise der Verwendung des Pflegegeldes möglich sein.
Der Petitionsausschuss unterstützte das vorgetragene Anliegen. Er hielt den hohen Nachweisaufwand für unangemessen. Einerseits für die ohnehin hohen psychischen und physischen Belastungen ausgesetzten Eltern, aber auch für die Finanzämter, die im Einzelnen - entgegen dem Sinn der Gewährung eines Pauschbetrages - einen hohen Prüfaufwand leisten müssen. Auf die entsprechende Empfehlung des Petitionsausschusses beschloss der Deutsche Bundestag am 5. Juni 2003, die Petition der Bundesregierung - dem BMF, dem BMFSFJ und dem BMGS - zur Erwägung mit dem Ersuchen zu überweisen, nach Möglichkeiten der Abhilfe zu suchen. Die Petition wurde ferner den Fraktionen des Deutschen Bundestages zur Kenntnis gegeben, weil sie auch als Anregung für eine parlamentarische Initiative geeignet erschien.
Dem Erwägungsbeschluss des Deutschen Bundestages konnte inzwischen im vollen Umfang durch eine Änderung des § 33 b Abs. 6 Einkommensteuergesetz mit dem Steuerrechtsänderungsgesetz 2003 entsprochen werden (BGBl I, S. 2645). Demzufolge schließt ein für die Pflege des eigenen Kindes erhaltenes Pflegegeld nicht mehr die Gewährung des Pauschbetrages aus.
Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit (Wirtschaft)
Die Zahl der Eingaben im Geschäftsbereich des Bundes-ministeriums für Wirtschaft und Arbeit (BMWA) - hier Be-reich Wirtschaft - stieg mit 424 gegenüber dem Jahr 2002 mit 281 Eingaben deutlich an. Etwa die Hälfte der Einga-ben betraf den Bereich Post und Telekommunikation.
Zahlreiche Eingaben gingen zu den Neuregelungen im Handwerksrecht ein. Insbesondere wandten sich Handwerksbetriebe gegen die Einordnung der ver-schiedenen Handwerke in Anlage B der Handwerksord-nung. Diese Einordnung regelt, dass die selbständige Ausübung der Handwerke keinen Befähigungsnachweis voraussetzt. Weitere Schwerpunkte der Eingaben betrafen Regelungen im Schornsteinfegerrecht, die Beibehaltung der Honorarverordnung für Architekten und Ingenieure als Rechtsverordnung sowie eine Anhebung der Honorare nach dieser Verordnung.
Im Bereich der Post und Telekommunikation befassten sich zahlreiche Eingaben mit der Infrastruktur. Die Kritik richtete sich hierbei gegen die Demontage von Briefkästen durch die Deutsche Post AG. Ein Teil der Eingaben betraf nach wie vor die unternehmerisch-betrieblichen Bereiche der Deutschen Post AG und der Deutschen Telekom AG, die nicht mehr der parlamentarischen Kontrolle durch den Deutschen Bundestag unterliegen.
Abbau eines Briefkastens durch die Deutsche Post AG
Den Petitionsausschuss erreichte das Schreiben eines Bürgers, in dem sich dieser gegen den Abbau eines Brief-kastens vor einem Altenwohnheim wandte.
Er machte darauf aufmerksam, dass für die Bewohner des Altenwohnheimes und die Bewohner einer gegenüberlie-genden Anlage für betreutes Wohnen der nächste Brief-kasten sehr viel weiter entfernt und schwieriger zu erreichen sei. Er bat darum, auf die Deutsche Post AG einzuwirken, dass diese bei der Bereitstellung von Briefkästen nicht nur wirtschaftlichen Gesichtspunkten folgen, sondern auch das Umfeld und die Lage von Behinderten- und Alteneinrichtungen berücksichtigen sollte.
Bitten wie diese haben den Petitionsausschuss im vergangen Jahr in großer Zahl erreicht. Leider stehen dem Ausschuss aus rechtlichen Gründen nicht viele Möglichkeiten zur Verfügung, den betroffenen Menschen zu helfen. Nach der Privatisierung der Deutschen Bundespost ist als hoheitliche Aufgabe des Bundes im Bereich des Postwesens die Sicherstellung einer flächendeckenden und angemessenen Infrastruktur verblieben.
Nach den rechtlichen Vorgaben müssen Briefkästen so ausreichend vorhanden sein, dass die Kunden in zusammenhängend bebauten Gebieten in der Regel nicht mehr als 1.000 Meter zurückzulegen haben. Solange diese postrechtlichen Vorgaben, wie auch im geschilderten Fall, eingehalten werden, ist es nicht möglich, die Deutsche Post AG zu verpflichten, weitere Briefkästen bereitzustellen.
Die Deutsche Post AG hat jedoch zugesagt, an bestimmten Standorten, wie z.B. Altenheimen und Krankenhäusern, auch solche Briefkästen beizubehalten, die ihrer Auslastung nach nicht rentabel und nach den rechtlichen Voraussetzungen nicht zwingend erforderlich sind. Aufgrund dieser Zusage wurde die Deutsche Post AG über das BMWA um eine Überprüfung im vorliegenden Fall gebeten.
Die Deutschen Post AG hat sich daraufhin der Sache angenommen und sich bereit erklärt, den Briefkasten wieder aufzustellen.
Damit konnte dem Anliegen entsprochen werden. Der Ausschuss war über den Erfolg dieser Petition besonders erfreut, da es für ihn eine wichtige Aufgabe ist, gerade die Interessen derjenigen zu vertreten, die wegen ihres Alters oder ihrer Pflegebedürftigkeit der besonderen Aufmerksamkeit der Gesellschaft bedürfen.
Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit (Arbeitsverwaltung)
Die bereits in den vergangenen Jahren zu beobachtende Zunahme der Eingaben aus dem Geschäftsbereich des BMWA - Arbeitsverwaltung - hat sich auch in diesem Berichtsjahr fortgesetzt und mit 1440 Eingaben einen neuen Höchststand erreicht.
Einen Schwerpunkt bildeten hierbei die Eingaben, die sich gegen die mit der Reform am Arbeitsmarkt vorgenommenen Einschnitte im Leistungsbereich, insbesondere bei der Arbeitslosenhilfe, richteten.
Die Arbeitslosenhilfe ist eine staatliche Fürsorgeleistung, die aus Steu-ermitteln des Bundes finanziert und nur erbracht wird, wenn der Arbeitslose bedürftig ist. Die Petenten hielten es nicht für zumutbar, einen Teil des für ihre Alterssicherung bestimmten Vermögens zum Bestreiten des aktuellen Lebensunterhalts einsetzen zu müssen. Der Gesetzgeber hatte im Rahmen einer Abwägung der Bestreitung des aktuellen Lebensunterhalts die größere Bedeutung zugemessen und daher den Vermögensfreibetrag abgesenkt.
Auch die noch im Berichtszeitraum vom Deutschen Bundestag beschlossene Kürzung der Leistungsdauer von Arbeitslosengeld und die anstelle der Arbeitslosenhilfe beschlossene Grundsicherung für Arbeitssuchende wurden häufig kritisiert und als persönliche Härten empfunden. Eine Möglichkeit der Abhilfe sah der Petitionsausschuss gleichwohl nicht. Der Gesetzgeber kann bei der Neuordnung eines Rechtsgebietes auf bestehende Rechtspositionen verändernd und belastend einwirken, wenn diese Eingriffe durch Gründe des öffentlichen Interesses und unter Berücksichtigung der Verhältnismäßigkeit gerechtfertigt sind. Diese Voraussetzungen lagen hier vor.
Ferner wurde unter Verwendung eines Musterschreibens, dem sich zahlreiche Petenten angeschlossen hatten, gefordert, die von der Zeitarbeitsbranche als belastend empfundene Reform des Arbeitnehmerüberlassungs-gesetzes zurückzunehmen. Im Hinblick darauf, dass diese Gesetz von dem Grundsatz geprägt ist, Leiharbeitnehmer für die Dauer der Überlassung hinsichtlich der wesentlichen Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen wie Arbeitnehmer des entleihenden Unternehmens zu behandeln, sah der Petitionsausschuss hier keinen gesetzgeberischen Handlungsbedarf.
Forderung nach Berücksichtigung höherer Versicherungskosten bei der Arbeitslosenhilfe
Ein Petent wandte sich gegen die pauschale Absetzung von Versicherungskosten in Höhe von 3 v. H. des Einkommens für Bezieher von Arbeitslosenhilfe. Er forderte statt dessen die Berücksichtigung von Versicherungsaufwendungen in nachgewiesener Höhe.
Er begründete seine Forderung damit, durch die Pauschale könne er keine Vorsorge mehr treffen, so dass Risiken nicht hinreichend abgesichert seien und er in eine "Schuldenfalle" getrieben werde. Der Petent bezweifelte die Richtigkeit der auf Erhebungen des Bundesrechnungshofs und der Arbeitsverwaltung beruhenden Berechnungen, wonach die durch-schnittlichen Vorsorgeaufwendungen eines typischen Beziehers von Arbeitslosenhilfe und seines Lebenspartners bzw. seiner Lebenspartnerin 3 v. H. des Einkommens betragen würden.
Die Arbeitslosenhilfe ist eine aus Steuermitteln des Bundes finanzierte staatliche Fürsorgeleistung. Dementsprechend wird sie nur dann gewährt, wenn der Arbeitslose außer Stande ist, seinen Lebensunterhalt selbst zu bestreiten. Dabei werden auch die finanziellen Mittel von Familienmitgliedern und/oder seines Lebenspartners/seiner Lebenspartnerin mit berücksichtigt. Vorsorgeaufwendungen, zu denen der Arbeitslose nicht verpflichtet ist, unterliegen grundsätzlich der freien Entscheidung des Einkommensbeziehers. Nur er befindet über die Verwendung seines - nach Abzug gesetzlicher Pflichtleistungen - frei verfügbaren Nettoeinkommens.
Wie sich jedoch bei Prüfung der Eingabe durch den Petitionsausschuss herausstellte, kann die pauschale Absetzung der Versicherungskosten in Ein-zelfällen zu einer nicht unbeachtlichen Absenkung des Zahlbetrages der Arbeitslosenhilfe führen. Hinzu kommt, dass der Mindesteigenbeitrag für die zusätzliche kapitalgedeckte Altersvorsorge (Riester-Rente) von 1 v. H. im Veranlagungszeitraum 2002/2003 auf bis zu 4 v. H. ab 2008 steigt. Damit ist die geltende Regelung nach Auffassung des Petitionsausschusses nicht mehr zeitgemäß, und es sollte daher der Bemessungssatz unter diesem Aspekt überdacht werden.
Das verabschiedete Vierte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt sieht u. a. auch vor, Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe für Erwerbsfähige zu einer Grundsicherung für Arbeitsuchende zusammen-zuführen.
Der Petitionsausschuss hielt es für geboten, im Rahmen der Umsetzung des Gesetzes zu überlegen, inwieweit neben dem Einkommen auch die abzusetzenden Beiträge für Versicherungen bei der Bedürftigkeitsprüfung zu berücksichtigen sind.
Der Petitionsausschuss empfahl deshalb, die Petition der Bundesregierung - dem BMWA - für die insoweit noch anzustellenden Überlegungen als Material zu überweisen und sie den Fraktionen des Deutschen Bundestages zur Kenntnis zu geben.
Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft
Die in die Zuständigkeit des Bundesministeriums für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft fallenden Neueingaben sind gegenüber dem Vorjahr leicht angestiegen.
Den Schwerpunkt bildeten Eingaben im Bereich des Tierschutzes. Insbesondere wandten sich die Petenten gegen die Käfighaltung von Tieren, gegen lange Transportwege lebender Tiere und gegen Tierversuche. Erneut wurde auch das Verbot des Schächtens gefordert.
Im Bereich des Verbraucherschutzes betrafen die Eingaben verschiedene Probleme der Lebensmittelsicherheit (BSE, Lebensmittelkennzeichnung).
Bundesministerium der Verteidigung
Mit 339 Eingaben im Berichtsjahr gegenüber 423 Eingaben im Vorjahr war zwar ein spürbarer Rückgang zu verzeichnen. Aber im Grunde liegt damit die Zahl der Petitionen wieder im langjährigen Mittel.
Bei dem Schwerpunkt: "Eingaben von Soldaten und zivilen Mitarbeitern, denen es um die Lösung von Personalproblemen geht", hat sich insoweit eine Veränderung ergeben, dass die Zahl der Eingaben von Wehrpflichtigen eine immer geringere Bedeutung hat. Grund hierfür ist sicherlich neben der fürsorglichen Arbeit der Wehrersatzbehörden bei der Einberufung auch die weiter zurückgehende Anzahl der Einberufungen.
Eine gewisse Rolle spielen in diesem Zusammenhang auch Petitionen zu Stationierungsentscheidungen, die - trotz aller sozialen Abfederungsmaßnahmen - im Einzelfall nicht unerhebliche persönliche und familiäre Probleme u.a. wegen damit verbundener Versetzungen für die betroffenen Soldaten und zivilen Mitarbeitern zur Folge haben.
Aber auch darüber hinaus gehende Folgen um Stationierungsentscheidungen für das zivile Umfeld sind immer wieder Gegenstand von Eingaben, da insbesondere mit Standortschließungen erhebliche wirtschaftliche Veränderungen in der betroffenen Region einhergehen.
Schließlich muss auch für dieses Berichtsjahr wieder der Themenkreis Lärm in allen seinen Ausprägungen genannt werden.
Dabei geht es vor allem um Petitionen, die sich gegen übermäßigen Fluglärm richten, aber auch um solche, die die Belastungen der Bevölkerung durch den Übungsbetrieb auf Standort- und Truppenübungsplätzen einschließlich des Zu- und Abgangsverkehrs zum Thema haben.
Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Die Zahl der Eingaben zum Geschäftsbereich des Bun-desministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) blieb mit 133 gegenüber dem Vorjahr konstant. In den Anliegen wurden anteilig nahezu alle Aufgabenbereiche des Ministeriums angesprochen. Ein Schwerpunkt lag dennoch bei Kinder- und Jugendfragen.
Im Berichtsjahr hat eine Petition aus dem Jahr 2001 eine gesetzliche Neuregelung ausgelöst: Der Petitionsaus-schuss unterstützte seinerzeit die Eingabe eines Petenten, der es als ungerecht empfand, dass nur Kriegsdienstver-weigerer, nicht jedoch Wehrpflichtige ein kostenpflichtiges Führungszeugnis vorlegen müssen. Der Ausschuss wies in seiner Beschlussempfehlung unter anderem darauf hin, dass in der Vergangenheit nur sehr wenige Anträge auf Kriegsdienstverweigerung aufgrund von Eintragungen im Führungszeugnis abgelehnt wurden und stellte in Frage, ob es im Hinblick auf diesen prozentualen Anteil verhältnismäßig sei, von jedem Kriegsdienstverweigerer ein polizeiliches Führungszeugnis zu verlangen. Das BMFSFJ folgte in seiner Antwort dieser Argumentation und teilte mit, dass eine Gesetzesänderung im Sinne des Anliegens des Petenten vorbereitet wird. 2003 erfolgte die Neuregelung des Kriegsdienstverweigerungsrechts; seit dem 1. November 2003 brauchen Kriegsdienstverweigerer kein Führungszeugnis mehr vorzulegen.
Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung (Gesundheit)
Im Gesundheitsbereich sind die Eingaben im Vergleich zum Vorjahr erheblich angestiegen.
Dieser Anstieg ist insbesondere auf die Gesundheitsreform zurückzuführen. Bereits im Vorfeld der Verabschiedung des Gesetzes nahmen Bürger Stellung zu einzelnen in den Medien verbreiteten Themen wie Bürgerversicherung und Kopfpauschalen. Nachdem der Kompromiss Ende September 2003 im Parlament beschlossen worden war, konkretisierten sich die Eingaben verstärkt auf bestimmte Änderungen. Schwerpunkte waren einerseits die Leistungskürzungen
- insbesondere beispielsweise der Wegfall des Sterbegeldes - sowie andererseits die Erhöhung der Beiträge und der Zuzahlungen.
Daneben war ein häufig geäußertes Anliegen die Schaffung eines Krankenversicherungsschutzes. Es gibt immer wieder Situationen, in denen Menschen weder in die gesetzliche noch in die private Krankenversicherung aufgenommen werden können. Zwar besteht in diesen Fällen die Möglichkeit einer Krankenhilfe nach dem Bundessozialhilfegesetz. Diese wird von den Betroffenen jedoch nicht als adäquater Schutz angesehen, da hierfür Bedürftigkeit vorliegen muss und es den Betroffenen um Krankenversicherungsschutz ohne sozialen Abstieg geht. In einem besonders gelagerten Einzelfall konnte der Ausschuss dem Petenten zur Aufnahme in eine gesetzliche Krankenkasse verhelfen. Darüber hinaus unterstützte der Ausschuss das Anliegen einer sozialen Absicherung außerhalb der Sozialhilfe mit der Empfehlung einer Überweisung an das Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung sowie der Kenntnisgabe an die Fraktionen des Deutschen Bundestages.
Auch die Krankenversicherung der Rentner war weiterhin ein wichtiges Thema. Die Anliegen waren jedoch auf unter-schiedliche Ziele gerichtet. So ging es einerseits einem Großteil der Petenten um die Aufnahme in die Krankenversicherung der Rentner, während sich andererseits auch einige Rentner durch diese Mitgliedschaft beschwert fühlten. Im Hinblick auf die gesetzlichen Vorgaben kann der Ausschuss hier regelmäßig nicht weiterhelfen. In einem besonderen Härtefall empfahl der Petitionsausschuss jedoch, die Petition eines schwerbehinderten Petenten als Material für künftige Gesetzesvorhaben an die Bundesregierung - dem BMGS - zu überweisen.
Zahlreiche Eingaben betrafen die freiwillige Mitgliedschaft von Beamten in der gesetzlichen Krankenversicherung. Ein Beamter, der gesetzlich versichert bleibt, hat sich zur Gänze gesetzlich zu versichern, da die gesetzliche Krankenversicherung keine gestaffelte Kostenerstattung bei entsprechend ermäßigten Beiträgen vorsieht. Der Beamte hat hierfür den vollen Beitrag alleine zu tragen. Die Beihilfe kann er nicht oder nur geringfügig in Anspruch nehmen, da ein Beihilfeanspruch nicht gegeben ist, wenn für die beanspruchten Leistungen ein Sach- und Leistungsanspruch gegen eine Krankenkasse besteht. Diese Beitragsbelastungen aufgrund der systemfremden Versicherung von Beamten in der gesetzlichen Krankenversicherung wirken sich auch in der Krankenversicherung der Rentner aus. Hier setzte sich der Petitionsausschuss mit der Empfehlung einer Materialüberweisung an die beteiligten Ressorts sowie der Kenntnisgabe an die Fraktionen des Deutschen Bundestages für das Anliegen der Petenten ein.
Bessere Honorierung der Pflege durch Angehörige
Die Petentin, Mutter eines mehrfach behinderten Kindes, forderte eine bessere Honorierung für Pflegende. Die Pflege durch die Familie werde von der Pflegeversicherung nicht genügend anerkannt. Gewerbliche Dienste erhielten höhere Leistungen, obwohl für die behinderten Kinder die Pflege in der Familie besser sei.
Die parlamentarische Überprüfung ergab, dass das bei der Pflegetätigkeit durch Angehörige gezahlte Pflegegeld wesentlich niedriger ist als die Vergütung der Pflegedienste. Zur Begründung verwies das Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung darauf, dass in den Pflegeeinrichtungen andere Kosten anfielen als bei der Angehörigenpflege zu Hause. Außerdem stelle das Pflegegeld keine Bezahlung dar, sondern eine materielle Anerkennung für die unentgeltliche Pflege. Die gewünschte Leistungserweiterung stelle sich vor dem finanziellen Hintergrund der Pflegeversicherung als schwierig dar.
Der Ausschuss war der Auffassung, dass zwar keine generelle Leistungsausweitung in Betracht komme, aber in Härtefällen wie diesem die Erhöhung des Pflegegeldes möglich sein müsse. Sofern Bedürftigkeit festgestellt wurde, solle der Gesetzgeber einen Weg eröffnen, den Pflegeeinsatz finanziell abzusichern. Ein pflegebedürftiges Familienmitglied dürfe die pflegenden Angehörigen nicht in finanzielle Not bringen.
Daher unterstützte der Ausschuss das Anliegen der Petentin und hat die Petition der Bundesregierung - dem BMGS - als Material überwiesen sowie den Fraktionen des Bundestages als Anregung für eine parlamentarische Initiative zur Kenntnis zugeleitet.
Wegfall der Familienversicherung
Ein Petent bat den Petitionsausschuss um Beseitigung einer Ungerechtigkeit bei der Familienversicherung. Aufgrund einer dienstlichen Beförderung überschritt er die Einkommensgrenze in der Familienversicherung, so dass er für seine Frau und seine Kinder Kranken-versicherungsbeiträge zahlte, die weit über den Beträgen eines entsprechend verdienenden Angestellten lagen.
Der Petitionsausschuss hielt zwar die Einkommenshöhe für ein sachgerechtes Unterscheidungsmerkmal für das Bestehen bzw. Nichtbestehen einer Familienversicherung. Die geltenden gesetzlichen Regelungen führen jedoch nach seinem Dafürhalten zu einer Ungleichbehandlung von Beamten gegenüber den Arbeitnehmern in der gesetzlichen Krankenversicherung, die über dasselbe Einkommen verfügen und deren Familien dennoch in der Familienversicherung mitversichert werden können.
Der Petitionsausschuss empfahl daher, die Petition der Bundesregierung - dem BMI, BMFSFJ und BMGS - als Material zu überweisen und den Fraktionen des Deutschen Bundestages zur Kenntnis zu geben. Die Beseitigung der Ungleichbehandlung soll in die Überlegungen zur Reform der Finanzstruktur in der gesetzlichen Krankenversicherung mit einbezogen werden.
Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung (Soziale Sicherung)
Wie in den Vorjahren entfielen die meisten Eingaben zur Sozialversicherung auf den Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung. Hierzu erreichten den Petitions-ausschuss rund 3.130 Eingaben.
Auch im Berichtsjahr war der Petitionsausschuss wiederum Adressat zahlreicher Eingaben aus den neuen Bundesländern, mit denen eine schnellere Anhebung des aktuellen Rentenwerts (Ost) auf das Niveau des aktuellen Rentenwerts (West) gefordert wurde. Der Petitionsausschuss unterstützte das Anliegen nach Abwägung der einschlägigen Gesichtspunkte ebensowenig wie in der 14. Wahlperiode. Dabei stand im Vordergrund, eine Angleichung der Rentenwerte nicht losgelöst von der Angleichung der Einkommen der aktiv Beschäftigten vorzunehmen.
Zu unterschiedlichen Ergebnissen ist der Petitionsausschuss bei den verstärkt aufgetretenen Eingaben gekommen, in denen von ehemaligen Angehörigen der verschiede-nen Zusatz- und Sonderversorgungssysteme der früheren DDR Kritik an der Umsetzung der grundlegenden Urteile des Bundesverfassungsgerichts vom 28. April 1999 geübt wurde. Insbesondere wurde das Weiterbestehen rentenrechtlicher Begrenzungsregelungen nach Verab-schiedung des 2. AAÜG-Änderungsgesetz (2. AAÜG-ÄndG) beanstandet. Während den ehemaligen Mitarbeitern des MfS/AfNS eine Regelung, die über die Mindestvorgabe des Bundesverfassungsgerichts - 1 Entgeltpunkt pro Jahr - hinausgeht, nicht in Aussicht gestellt werden konnte, hat der Petitionsausschuss bei Angehörigen bestimmter Funktionsebenen, die ein besonders hohes Arbeitseinkommen erzielt haben (Gehaltsstufe E 3), empfohlen, die Petition der Bundesregierung als Material zu überweisen und den Fraktionen zur Kenntnis zu geben, soweit die Entgeltbegrenzungen nach § 6 Abs. 2 und 3 AAÜG angesprochen werden. Hierbei hat sich der Ausschuss von Überlegungen des Bundesverfassungsgerichts leiten lassen, das es für "nicht überzeugend" hielt, bei diesem Personenkreis pauschal eine Entgeltkürzung auf weniger als 1,4 Entgeltpunkte vorzunehmen. Dabei verkannte der Ausschuss nicht, dass eine etwaige Novellierung der Begrenzungsregelungen die Belange der Opfer von politischer Verfolgung durch das SED-Regime angemessen berücksichtigen muss.
Bei den Eingaben aus den neuen Bundesländern bildeten weiterhin diejenigen Eingaben einen wesentlichen Schwerpunkt, mit denen insbesondere für Beschäftigte im Gesundheits- und Sozialwesen der ehemaligen DDR bzw. in Betrieben mit so genannter spezieller Produktion die Anerkennung des besonderen Steigerungssatzes von 1,5 v.H. für Fälle mit Rentenbeginn nach dem 31. Dezember 1996 gefordert wurde. Da dieses Anliegen den Antrag der Fraktion der FDP "Für eine gerechte Versorgungsregelung für das ehemalige mittlere medizinische Personal in den neuen Ländern" (Bundestags-Drucksache 15/842) betraf, der dem Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung überwiesen wurde, bat der Petitionsausschuss diesen Ausschuss um Stellungnahme.
Zahlreiche ehemalige Beschäftigte der Deutschen Reichsbahn und der Deutschen Post der früheren DDR beschwer-ten sich auch im Berichtsjahr über die Modalitäten der Überführung ihrer Ansprüche und Anwartschaften in die gesetzliche Rentenversicherung und forderten eine rückwirkende Anerkennung dieser Ansprüche, insbesondere auch des besonderen Steigerungssatzes von 1,5 v.H.. Zu einer abschließenden Beratung dieser Eingaben ist es im Berichtszeitraum nicht mehr gekommen.
Dagegen konnten die Eingaben abgeschlossen werden, mit denen Versicherte, die in Berlin (West) wohnten, die rentenrechtliche Bewertung ihrer bei der Deutschen Reichsbahn zurückgelegten Beschäftigungszeiten kritisierten. Der Petitionsausschuss kam hier nach eingehender Überprüfung zu dem Ergebnis, dass es sich bei der von den Petenten kritisierten gesetzlichen Regelung um eine sozialpolitisch ausgewogene und angemessene Kompromisslösung handelt, die daher auch keiner Änderung bedarf.
Mehrere Petenten aus den neuen Bundesländern kritisierten die Überführung der Freiwilligen Zusatzrentenversicherung in die gesetzliche Renten-versicherung, forderten eine zusätzliche Leistung aus diesen Beiträgen und wandten sich insoweit gegen eine Anwendung der Beitragsbemessungsgrenze. Auch hier sah der Petitionsausschuss - nicht zuletzt aufgrund der eindeutigen und gefestigten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu diesem Themenkomplex - keine Möglichkeit, sich für Rechtsänderungen im Sinne der Petitionen einzusetzen.
Nach wie vor beschwerten sich Petenten über die Anhebung der Altersgrenzen bei den vorgezogenen Altersrenten und die damit verbundenen Rentenabschläge bei vorzeitiger Inanspruchnahme. Der Petitionsausschuss befasste sich eingehend mit diesem Anliegen und kam schließlich - ebenso wie in der 14. Wahlperiode - zu dem Ergebnis, dass Rechtsänderungen im Sinne des vorgetragenen Anliegens nicht angezeigt erscheinen.
Zahlreiche Petenten aus den neuen Bundesländern forderten, weitere Berufe und Betriebe in das Zusatzversorgungssystem der sog. "technischen Intelligenz" einzubeziehen und die hierfür maßgeblichen gesetzlichen Vorschriften zu präzisieren. Mit anderen Petitionen wurde eine Ungleichbehandlung der Akademiker in den neuen Bundesländern hinsichtlich ihrer Altersversorgung kritisiert. Die Anliegen dieser beiden Personengruppen wurden vom Petitionsausschuss umfassend geprüft, konnten allerdings im Berichtsjahr nicht mehr abschließend beraten werden.
Eine Vielzahl von Eingaben erreichte den Petitionsausschuss zum Thema Rentenanpassung 2003. Die Petenten beanstandeten insbesondere die Einbeziehung eines abstrakten Altersvorsorgeanteils in die Anpassungsformel, der dazu führte, dass die Erhöhung der Renten zum 1. Juli 2003 um 0,5 Prozentpunkte niedriger ausfiel. Eine abschließende Behandlung dieser Eingaben war im Berichtsjahr nicht mehr möglich.
Nach Bekanntwerden der Vorschläge der Kommission für die Nachhaltigkeit in der Finanzierung der Sozialen Sicherungssysteme (so genannte Rürup-Kommission) im Herbst 2003 und der sich daran anschließenden Überlegungen der Bundesregierung wandten sich vermehrt Petenten an den Petitionsausschuss, um einige der beabsichtigten Maßnahmen zur Konsolidierung der Rentenfinanzen zu kritisieren. Es ging vor allem um die "Nullrunde" für Rentner im Jahre 2004, die Einführung eines Nachhaltigkeitsfaktors in der Anpassungsformel und die volle Beitragszahlung der Rentner für die Pflegeversicherung.
118 Eingaben gingen zur gesetzlichen Unfallversicherung ein; davon bezogen sich 65 Eingaben auf Einzelfallentscheidungen von Berufsgenossenschaften.
Bundesministerium für Verkehr, Bau und Wohnungswesen
Im Vergleich zum Vorjahr stieg im Berichtszeitraum die Zahl der Eingaben von 676 auf 994. Die meisten Eingaben (811) betrafen den Verkehrsbereich.
Innerhalb des Verkehrsbereichs hatte ein großer Teil der Eingaben - wie auch schon im letzten Jahr - Straßenbauvorhaben des Bundes zum Gegenstand. Dies hing damit zusammen, dass die im Jahr 2002 begonnene Überarbeitung des Bundesverkehrswegeplanes (BVWP) 1992 im Jahr 2003 noch andauerte.
Nachdem im Herbst das Fünfte Gesetz zur Änderung des Bundesfernstraßengesetzes in den Bundestag eingebracht wurde, dessen Grundlage der Teil Bundesfernstraßen des neuen Bundesverkehrswegeplanes ist, war der Petitionsausschuss gemäß § 109 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages gehalten, eine Stellungnahme des Ausschusses für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, einzuholen, da sich dieser im Rahmen der Gesetzesberatungen auch mit der Einstufung der einzelnen Baumaßnahmen im neuen BVWP befasst. Die Stellungnahme des Fachausschusses fließt dann ein in die abschließende Entscheidung des Petitionsausschusses.
Zahlreiche Eingaben hatten ebenso wie im letzten Jahr das Thema Lärmschutz an Straßen- und Schienenwegen sowie im Luftverkehr zum Gegenstand.
Im Bereich Straßenverkehrswesen sind hervorzuheben Eingaben, die sich mit der vom Bundestag verabschiedeten Einführung der streckenabhängigen Autobahnbenutzungsgebühr für LKW (sog. LKW-Maut) und den diesbezüglichen Umsetzungsschwierigkeiten beschäftigten.
Im Bereich des Luftverkehrs gab es eine Reihe von Eingaben zur Änderung des § 28 Absatz 1 des Luftverkehrsgesetzes. Die Petenten waren der Meinung, es handele sich bei der vom Land Hamburg im Bundesrat eingebrachten Änderung um ein Sondergesetz für die Ermöglichung der Enteignung von Grundstücken zugunsten einer privaten Firma. Der Petitionsausschuss konnte die Bedenken der Petenten insoweit jedoch nicht teilen.
Im Bereich des Eisenbahnwesens betrafen die Eingaben schwerpunktmäßig - wie auch im letzten Jahr - die Deutsche Bahn AG (DB AG). Das Zugangebot sowie das Tarif- und Preissystem wurden angesprochen. Mangels Zuständigkeit musste der Petitionsausschuss die Petenten allerdings unmittelbar an die DB AG verweisen.
Überdeckelung der künftigen Bundesautobahn A1 im Bereich der Ortschaft Gremersdorf
Petenten aus Schleswig-Holstein baten den Petitionsausschuss um Unterstützung ihres Anliegens, die in einem Planfeststellungsbeschluss festgesetzte Überdeckelung der künftigen Bundesautobahn A 1 -Teilstück zwischen Oldenburg i. Holstein und Heiligenhafen/Süd - zum Zwecke zusätzlichen Lärmschutzes und zur Dorfgestaltung von 32 m auf 70 m zu erweitern. Sie beriefen sich insbesondere auf eine angeblich gegenüber der Gemeinde Gremersdorf abgegebene mündliche Zusage für eine 70 m lange Überdeckelung. Diese Zusage habe die Gemeinde davon abgehalten, gegen den Planfeststellungsbeschlusses zu klagen, denn grundsätzlich befürworte man den Ausbau der bestehenden Bundesstraße B 207 zur Autobahn. Unabdingbar sei jedoch eine angemessene Über-deckelung der Autobahn in diesem Bereich, um der Zerschneidung des Ortes entgegenzuwirken und die Bürger vor dem Lärm der Autobahn zu schützen. Die vorgesehenen 32 m reichten insoweit nicht aus.
Die Petenten hatten sich mit ihrem Anliegen zunächst nur an den Petitionsausschuss des Schleswig-Holsteinischen Landtags gewandt.
Das um Stellungnahme gebetene BMVBW erläuterte ausführlich, weshalb aus der Sicht des Bundes keine über die im Planfeststellungsbeschluss für den Bereich Gremersdorf vorgesehenen Baumaßnahmen hinaus-gehende - wie die von den Petenten geforderte Verlängerung der Überdeckelung - in Betracht kommen.
Im Zuge der weiteren parlamentarischen Prüfung führte der Petitionsausschuss gemeinsam mit dem Petitionsausschuss des Schleswig-Holsteinischen Land-tags einen Ortstermin durch, um sich selbst ein Bild von der Situation und den Auswirkungen der geplanten Baumaßnahmen auf die Gemeinde Gremersdorf, insbesondere die dort lebenden Bewohner zu machen. An diesem Termin nahm u.a. auch ein Vertreter des BMVBW teil.
Im Ergebnis musste der Petitionsausschuss feststellen, dass die im Planfeststellungsbeschluss für den zweibahnigen Ausbau der B 207 zur A 1 zwischen Oldenburg i. Holstein und Heiligenhafen/Süd im Bereich Gremersdorf vorgesehenen Baumaßnahmen - Ausbau auf vorhandener Trasse in Troglage, mit einer Abdeckelung auf 32 m und einer offenen Troglage auf 250 m sowie zusätzliche umfangreiche Lärmschutz-maßnahmen - für die Gemeinde Gremersdorf eine erhebliche Verbesserung der aktuellen Verkehrssituation bedeuten und sowohl den Anforderungen des Bundesimmissionsschutzgesetzes und der Verkehrs-lärmschutzverordnung als auch der Forderung nach einer angemessenen Verkehrsverbindung der durch die künftige Autobahn getrennten Ortsteile Rechnung trägt.
Weitergehende Ansprüche konnte der Ausschuss unter keinem der vorgetragenen Gesichtspunkte feststellen. Insbesondere ergab sich kein Anspruch aus der von den Petenten vorgetragenen mündlichen Zusage für eine Überdeckelung von 70 m. Unabhängig davon, dass nicht geklärt werden konnte, wer diese abgegeben hatte, fehlte es für die insoweit allein in Betracht kommende Rechtsgrundlage des § 38 Verwaltungsverfahrensgesetz an der Schriftform der Zusage.
Der Petitionsausschuss sah daher keine andere Möglichkeit, als das Petitionsverfahren abzuschließen.
Mautbefreiung für Fahrzeuge von Hilfsorganisationen
Ein gemeinnütziger Verein für die Durchführung von Hilfsgütertransporten, hatte sich zunächst an das BMVBW gewandt und für seine Fahrzeuge die Befreiung von der Autobahnbenutzungsgebühr gefordert. Dies wurde von dem Ministerium mit Hinweis auf die geltende Rechtslage abgelehnt. Fahrzeuge von privaten Organisationen, die Hilfsgütertransporte durchführen, fallen nicht unter den Ausnahmetatbestand des § 1 Absatz 2 Autobahnmautgesetz (ABMG).
Insoweit konnte der Petitionsausschuss, an den sich der Petent nach dieser negativen Antwort gewandt hatte, dem Ministerium nur beipflichten und musste daher die Petition im Einzelfall abschließen.
Er sah sich jedoch durch die konkrete Bitte veranlasst, für die Zukunft eine Erweiterung des Ausnahmetatbestandes des § 1 Absatz 2 ABMG anzuregen. Danach sollen auch Fahrzeuge von gemeinnützigen Vereinen, deren Zweck es ist, Hilfsgütertransporte durchzuführen, von der Autobahnmaut befreit werden, soweit sie ausschließlich für diese Zwecke eingesetzt werden.
Der Ausschuss stellte dabei insbesondere auf die sich in den Hilfsgütertransporten manifestierende humanitäre Hilfe ab, die vom Staat nicht abgedeckt werden könne. Private Organisationen, die ehrenamtlich Hilfstransporte durchführen und die finanziellen Mittel für ihre Arbeit ausschließlich aus Spenden und Beiträgen gewinnen, sollten diese auch ungeschmälert für ihre Arbeit verwenden können und sie nicht - wenn auch nur zu einem kleinen Teil - für staatliche Abgaben verwenden müssen.
Angesichts der Tatsache, dass Fahrzeuge des Schausteller- und Zirkusgewerbes gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 2 ABMG von der Mautgebühr befreit sind, hielt der Petitionsausschuss eine Befreiung für Fahrzeuge von Hilfsorganisationen, die ausschließlich zum Zwecke von Hilfsgütertransporten eingesetzt werden, erst recht für angemessen.
Er empfahl insofern, die Petition der Bundesregierung - dem BMVBW - zur Erwägung zu überweisen. Weiterhin empfahl er, die Petition den Fraktionen des Deutschen Bundestages zur Kenntnis zu geben.
Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Im Zuständigkeitsbereich des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) war im Berichtszeitraum ein leichter Anstieg auf 171 Eingaben zu verzeichnen.
Einige Eingaben befassten sich mit der Förderung des Einbaus von Solaranlagen durch das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAW). So wurde in den angesprochenen Fällen z.B. beklagt, dass in Aussicht gestellte Fördermittel nicht ausgezahlt worden seien.
Dabei hatten die Petenten jedoch übersehen, dass nach den Richtlinien zur Förderung von Maßnahmen zur Nutzung Erneuerbarer Energien z.B. mit dem Vorhaben nicht bereits vor Antragstellung begonnen werden darf oder aber der Einbau innerhalb eines vorgegebenen Bewilligungszeitraumes abgeschlossen sein muss.
Da diese Voraussetzungen in den entsprechenden Fällen von den Petenten nicht erfüllt worden waren, hatte der Petitionsausschuss keine Möglichkeit, die Anliegen zu unterstützen.
Neben diesem Themenkreis spielten erneut Fragen zur Kernenergie einschließlich der Zwischen- und Endlagerung, der Sicherheit von Atomkraftwerken sowie auch die Verträglichkeit von Mobilfunkanlagen eine Rolle.
Die zu diesen Themen durchgeführten Prüfungen sind parlamentarisch jedoch noch nicht abgeschlossen, sodass eine eingehendere Darstellung des Ergebnisses einem späteren Tätigkeitsbericht vorbehalten bleiben muss.
Bundesministerium für Bildung und Forschung
Im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Bildung und Forschung war im Berichtszeitraum ein starker Rückgang der Eingaben auf eine Zahl von 203 zu verzeichnen.
Gleichgeblieben war jedoch der Schwerpunkt der Eingaben, die sich, wie auch in den Vorjahren, mit den Rückzahlungsmodalitäten nach dem Bundesausbildungs-förderungsgesetz beschäftigten.
Mehrere Eingaben richteten sich gegen eine Aussetzung der Ausbilder-Eignungsverordnung. Danach können künftig auch Betriebe ausbilden, in denen kein Ausbilder die Prüfung nach der Ausbilder-Eignungsverordnung abgelegt hat. Die Petenten äußerten ihre Besorgnis über eine Absenkung der Ausbildungsqualität und ihre Zweifel an der Berechtigung des Bundes, die berufs- und arbeitspädagogische Eignung als Voraussetzung zum Ausbilden auszusetzen. Im Berichtszeitraum konnte die Prüfung durch den Petitionsausschuss nicht abgeschlossen werden.
Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
Gegenüber dem Vorjahr zeigte sich im Berichtszeitraum ein Rückgang der Eingaben, die den Geschäftsbereich des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammen-arbeit und Entwicklung (BMZ) betrafen.
Mehrere Bürgerinnen und Bürger forderten, dass die Bundesrepublik Deutschland sich nicht an den Kosten für den Wiederaufbau des Iraks beteiligen solle. Der Petitionsausschuss konnte dieses Anliegen nicht unterstützen. Er gab zu bedenken, dass der größte Teil des zu leistenden Wiederaufbaus nicht auf Schäden aus dem letzten Krieg, sondern vorwiegend darauf zurückzuführen sei, dass in den vergangenen 20 Jahren die irakische Diktatur das Land heruntergewirtschaftet habe. Schäden, die aus dem Irak-Iran-Krieg und aus dem Feldzug zur Befreiung Kuwaits resultierten, machten dabei den weitaus größeren Teil der Wiederaufbauleistungen aus. Diese erforderten einen internationalen Einsatz, dem sich Deutschland nicht verschließen könne.
In anderen Eingaben wurden entwicklungspolitische Fragen, wie die Förderung von Projekten, angesprochen.
Der Petitionsausschuss konnte einem Bürger aus Berlin helfen, der aus Gründen, die von ihm selbst nicht zu vertreten waren, die übliche Altersgrenze für das Projektassistenten-Programm der Gesellschaft für technische Zusammenarbeit (GTZ) überschritten hatte. Er hatte sich über die Entscheidung der GTZ beschwert, ihn wegen Überschreitung der Altersgrenze nicht zum Bewerbungsverfahren zuzulassen. Aufgrund der Intervention des Petitionsausschusses bat das BMZ die GTZ, den Petenten noch in das übliche Auswahlverfahren aufzunehmen.