ANHÖRUNG
Reform der Betriebsverfassung löst unterschiedliches Echo aus
(as) Gewerkschaften und Verbände zeigten sich am 14. Mai auf einer öffentlichen Anhörung des Arbeits- und Sozialausschusses gespalten über die von der Bundesregierung geplante Novelle des Betriebsverfassungsgesetzes ( 14/5741). Während Ursula Engelen-Kefer vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) den Gesetzentwurf als "eine vernünftige Grundlage" für eine erste Reform der Betriebsverfassung seit 1972 bezeichnete, befürchtete Gert Schröder vom American Chamber of Commerce einen "starken Rückgang" der Investitionen in Deutschland.
In Zeiten der Globalisierung seien Deregulierung und Flexibilisierung gefragt; der Gesetzentwurf bringe aber genau das Gegenteil.
Die Vertreterin des DGB wies darauf hin, dass es in den letzten Jahrzehnten auf Grund vielfältiger Veränderungen in der Arbeitswelt zahlreiche Zerschlagungen von Betriebsräten gegeben habe. Während Mitte der achtziger Jahre noch 50 Prozent der Arbeitnehmer in einem Unternehmen mit Betriebsrat gearbeitet hätten, sei diese Zahl zuletzt auf 35 Prozent gesunken. Der Entwurf müsse aber mit Blick auf das vereinfachte Wahlverfahren noch geändert werden, so dass es auch in Unternehmen mit bis zu 100 an Stelle von 50 Arbeitnehmern greifen könne. Auch bei den Regelungen über den Umgang mit befristeten Arbeitsverträgen und Teilzeitarbeit bestehe noch Änderungsbedarf.
Minderheitenschutz
Robert Dera vom Deutschen Beamtenbund bemängelte in der Anhörung, der Minderheitenschutz bei der Wahl von Betriebsräten werde ausgehebelt, wenn das bisherige Verhältnis- wie geplant durch ein Mehrheitswahlrecht ersetzt werde. Dies sei ein "grober Schnitt" für die innerbetriebliche Demokratie. Der Experte bezweifelte, dass dies mit dem Grundgesetz vereinbar sei.
In den Augen von Thomas Klebe von der IG Metall werden die Erträge, die insgesamt durch die Mitbestimmung in den Betrieben erbracht werden, viel zu wenig beachtet. Außerdem spielten Betriebsräte eine wichtige Rolle, wenn es darum gehe, die Produktivität von Unternehmen zu erhöhen. Insgesamt sei es durch die Gesetzesnovelle sogar möglich, bei den Kosten für die innerbetriebliche Vertretung zu sparen. Der Sachverständige führte aus, im letzten Jahr hätten Betriebe für die Unternehmensberatung 24 Milliarden DM ausgegeben, während für die Arbeitnehmervertretung Kosten in Höhe von lediglich 10,5 Milliarden DM angefallen seien.
Umweltschutz als Aufgabe
Auch Ulrich Freese von der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie und Energie bezeichnete eine funktionierende Mitbestimmung als einen wichtigen Standortfaktor. Die Mitspracherechte der Arbeitnehmer seien wichtig, um Investitionen zu sichern. Der Gewerkschaftsvertreter begrüßte die Pläne der Exekutive, den Aufgabenbereich der Betriebsräte um den Umweltschutz zu erweitern. Besonders in der Papier- und Glasindustrie sei betrieblicher Umweltschutz gleichzeitig allgemeiner Umweltschutz. Ein Betriebsrat müsse kontrollieren und erklären können, ob und wie Umweltschutzvorschriften eingehalten würden.
Dietmar Heise von der Bundesvereinigung der deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) befürchtete dagegen, dass der Mittelstand durch die Novelle negativ in Mitleidenschaft gezogen werde. Mittelständische Unternehmer würden finanziell zusätzlich belastet, wenn der Kündigungsschutz von Betriebsräten wie vorgesehen ausgeweitet werde. Das Gleiche gelte für die Ausweitung der Bezahlung der Betriebsrattätigkeit außerhalb der Arbeitszeit, erklärte der Sachverständige weiter.