Inneres. Der Bundestag hat am 19. Januar einen Antrag von Bündnis 90/Die Grünen ( 16/356) abgelehnt, wonach die Bundesregierung auf das Land Baden-Württemberg einwirken sollte, den so genannten "Muslimtest" zu beenden.
Die Fraktion hatte geschrieben, die baden-württembergischen Einbürgerungsbehörden prüften seit Jahresbeginn auf der Grundlage eines Gesprächsleitfadens umfassend und sogar in die Privatsphäre reichend die Gesinnung von Einbürgerungsbewerbern. Diese Praxis entspreche nicht den Vorgaben des Staatsangehörigkeitsgesetzes und des Grundgesetzes, betonen die Bündnisgrünen.
Die Regierung müsse daher auf eine rechtsmäßige Praxis der baden-württembergischen Behörden, etwa durch eine klarstellende Fassung der Verwaltungsvorschriften des Bundes, hinwirken. Fragen nach persönlichen Einstellungen und moralischen Überzeugungen der Einbürgerungswilligen seien durch das Erfordernis der Gesetzestreue und der Akzeptanz der Rechtsvorschriften nicht abgedeckt. Solche Fragen verletzten den liberalen Geist jener Verfassung, die der Gesinnungstest gerade absichern soll. Das Staatsangehörigkeitsgesetz verlangt nach Auffassung der Bündnisgrünen ein Bekenntnis zur Verfassungsordnung. Behörden sei es nur erlaubt, eine Einbürgerung zu versagen, wenn es Anhaltspunkte dafür gebe, dass der Ausländer verfassungsfeindliche Bestrebungen verfolgt, heißt es in dem Antrag. Eine Verwaltungspraxis, welche die persönlichen Einstellungen von Einbürgerungsbewerbern, etwa zur Wahl ihrer Ärzte, abfrage, lasse sich somit nicht auf die Regelungen des Staatsangehörigkeitsgesetzes stützen. Hinzu komme, so die Fraktion weiter, dass muslimische Religionszugehörige diskriminiert würden.
Das baden-württembergische Innenministerium stelle Muslime unter Generalverdacht, indem es daran zweifele, "ob bei Muslimen generell davon auszugehen sei, dass ihr Bekenntnis bei der Einbürgerung auch ihrer tatsächlichen inneren Einstellung entspreche", schreiben die Abgeordneten. Deshalb wolle das Innenministerium den Leitfaden grundsätzlich bei Gesprächen mit Einbürgerungsbewerbern aus 57 islamischen Staaten anwenden, bei anderen Bewerbern jedoch nur im Einzelfall. Statt eines diskriminierenden Gesinnungstestes sei eine "umfassende Integrationspolitik", die allen die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ermöglicht, sowie eine ernsthafte Debatte mit Migranten über Grundwerte und Grundrechte erforderlich, betonen Bündnis 90/Die Grünen (siehe auch Seite 7).