Das Europäische Parlament hat in der vergangenen Woche grünes Licht für den Europäischen Globalisierungsfonds (EGF) gegeben. Damit kann die EU vom nächsten Jahr an bis zu 500 Millionen Euro im Jahr bereitstellen, um Arbeitnehmer zu unterstützen, die ihren Arbeitsplatz aufgrund des globalen Strukturwandels verlieren.
EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso hatte das neue Förderinstrument auf dem Höhepunkt der Auseinandersetzung um die Finanzausstattung der EU in den kommenden sieben Jahren vorgeschlagen. Er wollte damit gleichzeitig den Briten entgegenkommen, die mehr "in die Zukunft" investieren wollten, und den Franzosen, die sich vor den Folgen der Globalisierung fürchten. Der EGF kann immer dann aktiviert werden, wenn Arbeitsplätze "als Folge der Globalisierung" in großem Umfang gefährdet sind. Das Geld aus Brüssel darf aber nur verwendet werden, um die Betroffenen bei der Suche nach einem "neuen Job" zu unterstützen. Für die soziale Unterstützung der Arbeitslosen sind alleine die Mitgliedstaaten zuständig.
Einen Antrag auf Mittel aus dem EGF kann eine Regierung dann stellen, wenn in einem Unternehmen oder einer Branche mindestens 1.000 Arbeitsplätze abgebaut werden. Gezählt werden auch Jobs, die bei Lieferanten oder Kunden verloren gehen. Der Vorgang muss erhebliche Auswirkungen für eine ganze Region oder einen Wirtschaftssektor haben.
Die Regierung muss beweisen, dass es sich dabei um eine Folge des weltwirtschaftlichen Strukturwandels handelt. Ein Hinweis darauf kann ein starker Anstieg der Importe oder ein Einbruch der Exporte sein. Auch die Verlagerung einer Fabrik aus Kostengründen in ein Drittland außerhalb der EU kann einen Anspruch auf Mittel aus dem EGF begründen.
In der Debatte in Straßburg begrüßten die meisten Redner die Einrichtung des Fonds. Die EU akzeptiere damit, dass die Globalisierung auch negative Folgen habe, unterstrichen konservative und sozialdemokratische Abgeordnete. Kritik übten vor allem die linken Parteien. Mit der Einrichtung des Fonds werde nur der "Eindruck erweckt, dass die EU nun etwas gegen die negativen, sozialen Folgen der Globalisierung unternimmt", sagte die PDS-Abgeordnete Gabriele Zimmer. Auch ihre grüne Kollegin Elisabeth Schroedter weigerte sich, "eine Lobeshymne" auf den EGF anzustimmen. Notwendig werde der Fonds nur, weil sich die EU weigere, "soziale Aspekte in ihrer Handelspolitik" zu berücksichtigen. Der EGF könne unter diesen Umständen nur ein "Feuerlöscher" sein.
Die Maßnahmen, die aus dem Fonds finanziert werden, müssen den Betroffenen direkt zugute kommen, zum Beispiel bei der Weiterbildung oder bei der Suche nach einem neuen Job. Wird ein Umzug nötig, kann der Fonds auch hierfür die Kosten übernehmen. Wer sich selbstständig machen will, kann aus dem EGF einen Kleinkredit bekommen oder sich beraten lassen. Die Unternehmen selbst können nicht aus dem EGF unterstützt werden.
Der EGF überschneidet sich teilweise mit dem Europäischen Sozialfonds (ESF), aus dem ebenfalls Programme zur Qualifizierung und Mobilität von Arbeitnehmern finanziert werden. Im Gegensatz zum ESF, der nur in Regionen eingesetzt werden kann, die Anspruch auf Regionalförderung haben, können die Mittel aus dem EGF von jeder Regierung beantragt werden. Gespeist wird der EGF nicht aus Haushaltsmitteln der EU, sondern aus besonderen Zuweisungen der Mitgliedstaaten. Sie sollen dafür Gelder einsetzen, die zurückfließen, weil EU-Programme nicht realisiert wurden.
Viele Abgeordnete halten diese Form der Finanzierung für problematisch, weil damit eine Kernaufgabe der EU auf "Haushaltsreste" angewiesen ist. Konservative Parlamentarier kritisierten die strikten Bedingungen, unter denen der EGF in Anspruch genommen werden kann. Dabei geht es auch darum, dass die Mitgliedstaaten eine Kofinanzierung im gleichen Umfang bereitstellen müssen.
Der Fonds werde "den Erwartungen der Bürger nicht gerecht", sagt der Unionsabgeordnete Thomas Mann. Der Sozialausschuss habe sich deswegen dafür ausgesprochen, Fondsmittel bereits bei einem Abbau von 500 Stellen bereitzustellen. Auch die Parlamentarier aus den kleinen Mitgliedstaaten sprachen sich für eine niedrigere Aktivierungsschwelle aus. Sie fürchten, dass Strukturprobleme in ihren Heimatländern, die dort vergleichsweise große Einschnitte bedeuten, im europäischen Maßstab nicht ausreichend wahrgenommen werden.