Das war kein guter Start in das Jahr 2006 für die Akademie der Künste: Gerade sollte die altehrwürdige preußische Künstlersozietät per Gesetz am 1. Januar von der Trägerschaft der Länder Berlin und Brandenburg in die des Bundes wechseln, mit neuer Satzung und neuem Profil, da warf ihr Präsident, Adolf Muschg, das Handtuch: Der Schweizer Schriftsteller sprach von internen "unüberbrückbaren Differenzen" und reichte seinen Rücktritt ein. Kein einfacher Einstieg also für seinen Nachfolger Klaus Staeck, der im April das Amt übernahm.
Tatsächlich sei es ein sehr "turbulentes Jahr" gewesen, resümierte der Heidelberger Plakatkünstler am 13. Dezember vor den Mitgliedern des Ausschusses für Kultur und Medien die vergangenen Monate. Problematisch sei vor allem die Situation in den Gebäuden der Institution. Nach vielen baulichen Verzögerungen sei das neue Haus am Pariser Platz noch immer nicht "voll bespielbar".
Und tatsächlich, bis heute ist das umfangreiche Archiv der Akademie mit den wertvollen Künstler-Nachlässen nicht in seine vorgesehenen Räume umgezogen. Der Grund: Wasserschäden, feuchte Keller, Schimmel. Auch nach der Trockenlegung schafften es die Klimaanlagen nicht, ein ausreichend trockenes Klima für die empfindlichen Dokumente zu schaffen. Endgültige Klarheit über die Situation soll nun ein Gutachten bringen.
Trotzdem sieht der 68-Jährige die Akademie der Künste auf einem guten Weg, besonders im Hinblick auf ihre öffentliche Wahrnehmung. Herrschte noch zu Beginn des Jahres in vielen Medien die Meinung vor, die Akademie der Künste sei in ihrer Arbeit zu schläfrig, wenig streitlustig, kurz: zu unauffällig, so scheint diese Einschätzung nun nicht mehr haltbar zu sein. Rund 270 Veranstaltungen hat die Künstlersozietät in diesem Jahr organisiert: darunter Vorträge, Diskussionen, Filmvorführungen oder Lesungen, die gut besucht und in der Öffentlichkeit wahrgenommen wurden. "Im Vergleich zu vor einem Jahr stehen wir heute medienmäßig geradezu blendend da", sagt Staeck. Ein Erfolg auch für ihn, den neuen Präsidenten, dessen erklärtes Ziel es war, die Präsenz der Akademie zu verbessern: "Wenn die Menschen fragen, ja gibt's euch noch, dann ist das nicht ihre Schuld", findet er, "wir selbst müssen etwas dafür tun, dass man uns wahrnimmt."
Das hat die Akademie der Künste in den vergangenen Monaten offenbar vor allem mit der Veranstaltungsreihe "Akademie-Gespräch" geschafft. Auch der Vorwurf der zahmen, streitunlustigen Künstlersozietät scheint dank dieser Podiumsdiskussionen über aktuelle, gesellschaftlich virulente Themen nicht ganz haltbar zu sein: Ein "Akademie-Gespräch" über Rechtsextremismus und "No-Go-Areas", das Ende Juni während der Fußball-Weltmeisterschaft stattfand, löste gar heftige Kritik aus. "Übertrieben, parteipolitisch unausgewogen, falscher Zeitpunkt", urteilte beispielsweise der CDU-Politiker Reinhard Grindel, Mitglied des Ausschusses für Kultur und Medien, über die Diskussion in der Akademie der Künste. Ein Vorwurf, den ihr Präsident nicht gelten lassen will: "No-Go-Areas waren ein Thema, dem wir uns widmen mussten." Mehr noch: Die Veranstaltung habe Mut gemacht, weil sie gezeigt habe, wie viele Menschen sich für ein politisches Themen interessieren und mobilisieren ließen. "Ich bin froh, dass wir so ins Gespräch mit Leuten kommen", sagt Staeck. In diesem Sinne wolle die Akademie weiterarbeiten: "Demokratie kann sich in der Regel nur im öffentlichen Raum entwickeln", so der Akademie-Präsident. "Die Akademie sieht sich als öffentlicher Raum."