Zur "dramatischen" finanziellen Entwicklung der Kommunen Stellung nehmen
Berlin: (hib/WOL) Nach der Lage und der Zukunft der Kommunen in der Bundesrepublik Deutschland erkundigt sich die PDS in einer Großen Anfrage ( 14/5834). Der Fraktion zufolge wird das Missverhältnis zwischen kommunalen Einnahmen und den zu finanzierenden Aufgaben auf Gemeinde- und Kreisebene immer krasser. Eine der Folgen sei der dramatische Rückgang von kommunalen Investitionen, die im Jahre 2001 fast 30 Prozent unter denen des Jahres 1992 lägen. Die kommunale Finanznot geht nach Ansicht der Abgeordneten "vor allem im Sozialen, Soziokulturellen und im Bildungsbereich ‚teilweise irreparabel‘ an die Substanz". Insgesamt müssten die Kommunen am stärksten unter den Einnahmeausfällen aus den rot-grünen Steuersenkungsgesetzen leiden. Gegenwärtig erhielten sie nicht einmal 13 Prozent von den Gesamtsteuereinnahmen in der Bundesrepublik, würden jedoch mit einem weit höheren Anteil an den Einnahmeausfällen beteiligt. Auch von den knapp 100 Milliarden DM Einnahmen aus UMTS-Mobilfunklizenzen profitiere der Bund, während die Kommunen auf Milliarden-Einnahmen in den nächsten 20 Jahren verzichten müssten, weil die beteiligten Unternehmen den Kauf steuerlich absetzen könnten.
Entgegen dem Grundgesetz, wonach "alle Angelegenheit der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln" sind und "die Gewährleistung der Selbstverwal-
tung auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung umfasst", lägen Verfassungsanspruch und Verfassungswirklichkeit weit auseinander, argumentiert die Fraktion. Die von Bund, Ländern und EU gesetzten Rahmenbedingungen hätten die Gestaltungsfreiheit der Städte, Kreise, und Gemeinden weiter eingeschränkt. Nahezu jedes kommunale Aufgabenfeld sei inzwischen durch Gesetze und Verordnungen sowie durch bis ins Detail gehende Standards "fremdbestimmt". Schließlich sei ein dringend notwendiger Einstieg in die umfassende Reform der kommunalen Finanzierung inzwischen auf die nächste Legislaturperiode vertagt worden.
Die Bundesregierung soll nun darlegen, welche Grundgesetzänderungen und einfachen gesetzlichen Ergänzungen getroffen werden müssten, um die kommunale Selbstverwaltung im Rahmen des europäischen Einigungsprozesses zu sichern. Zu erläutern sei auch, welches Konzept die Regierung bei der Neubestimmung öffentlicher Daseinsvorsorge und für den Handlungsrahmen kommunaler Unternehmen in einem vereinten Europa verfolgt. Stellung nehmen soll die Regierung ferner zur Empfehlung des Deutschen Juristentages, wonach "der Bund dann die Ausgaben für Leistungen zu tragen hat, wenn Länder und Gemeinden Maßnahmen des Bundes ausführen, die Zahlungen, Sachleistungen oder die Herstellung und Unterhaltung öffentlicher Einrichtungen vorsehen". Schließlich wollen die Abgeordneten wissen, welche Prognose die Regierung für die Entwicklung der kommunalen Steuereinnahmen bis 2010 stellt und wie hoch die Steuerausfälle zu beziffern sind, die den Kommunen aus dem Steuersenkungsgesetz 2001 entstehen. Gefragt wird des Weiteren mit welchem Anteil die Kommunen an Einnahmeausfällen der öffentlichen Hand in Folge des Steuersenkungsgesetzes 2000 für den Zeitraum 2001 bis 2006 beteiligt sind und wie hoch sich die Kreditmarktschulden der Städte, Gemeinden und Kreise seit 1995 belaufen.