Nutzen eines Registers unzuverlässiger Unternehmen differenziert bewertet
Berlin: (hib/VOM) Unterschiedliche Akzente gesetzt haben die Sachverständigen einer öffentlichen Anhörung des Wirtschaftsausschusses am Montagmittag zu dem Gesetzentwurf von SPD und Bündnis 90/Die Grünen zur Einrichtung eines Registers über unzulässige Unternehmen ( 14/9356). Danach soll beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle ein Register von Unternehmen eingerichtet werden, die von öffentlichen Auftraggebern wegen Unzuverlässigkeit von der Vergabe ausgeschlossen worden sind. Die Regierung soll durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Regelungen über die Einrichtung und Führung des Registers erlassen und dabei die Einzelheiten der zu speichernden Daten, den Zeitpunkt ihrer Löschung und die Einsichtnahme in das Register regeln. Öffentliche Auftraggeber sollten verpflichtet werden, Entscheidungen über den Ausschluss von Unternehmen von der Auftragsvergabe wegen Unzuverlässigkeit an das Register zu melden und Auskünfte aus dem Register über die Zuverlässigkeit von Unternehmen einzuholen. Unzuverlässigkeit soll dann gegeben sein, wenn eine verantwortlich für das Unternehmen handele Person sich Bestechlichkeit oder Bestechung, Vorteilsgewährung oder Vorteilsannahme, Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt, Betrug oder Untreue, wettbewerbsbeschränkende Absprachen, Schwarzarbeit oder illegale Beschäftigung sowie Verstöße gegen das Arbeitnehmer-Entsendegesetz, gegen das Kartellverbot des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen, gegen das Außenwirtschaftsgesetz und gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz hat zu Schulden kommen lassen.
Professor Ulrich Battis von der Berliner Humboldt-Universität hielt die Aufnahme in das Register vor einer rechtskräftigen Verurteilung für verfassungs- und EU-rechtswidrig. Die Auftragsvergabe sei zivilrechtliches Handeln, und durch die Ausübung von Hoheitsgewalt finde ein "vollkommener Systemwechsel" in das öffentliche Recht statt. Wenn gesagt werde, es handele sich bei der Aufnahme in das Register nur um eine Information, so dürfe nicht vergessen werden, dass die Information die "schärfste Waffe" sei, die der Staat habe. Professor Jost Pietzcker von der Universität Bonn wies dagegen darauf hin, dass der Entwurf nicht den Ausschluss von der Vergabe, sondern nur die Informationshandlung regele. Dies sei allenfalls ein Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Er hielt es nicht für erforderlich, für die Aufnahme in das Register eine Verurteilung abzuwarten.
Timm Meyer vom Bundesverband der Deutschen Industrie sagte, wenn es nur um die Information unter den öffentlichen Auftraggebern gehe, gebe es keine generellen Bedenken. Bedenklich sei jedoch die Aufnahme vor einer Verurteilung im Hinblick auf das EU-Recht. Zum Bundeszentralregister und zum Gewerbezentralregister komme nun noch ein neues Register hinzu, so Meyer. Die Frage sei, ob man ein weiteres Register für unzuverlässige oder korrupte Unternehmen benötige. Björn Rohde-Liebenau von Transparency International Berlin sah das Register im Zusammenhang mit der Korruptionsprävention. Es gehe darum, zusätzliche Transparenz zu schaffen. Das Register hielt er für zulässig und geeignet, um Transparenz und eine gleichwertige Information über Unternehmen herzustellen, die von öffentlichen Aufträgen ausgeschlossen worden sind. Norbert Portz vom Deutschen Städte- und Gemeindebund erblickte einen Vorteil des Registers darin, dass es eine bundeseinheitliche Regelung gebe. Allerdings sei auch ein höherer Verwaltungsaufwand zu erwarten. Er äußerte die Vermutung, dass auf Grund der Regelung gegenüber dem jetzigen Zustand nicht viel mehr erreicht werde. Was im Zusammenhang mit Korruption in Köln und Bonn geschehen se, könne dieses Gesetz nicht verhindern.