Sozialhilfe- und Arbeitslosenhilfebezieher "fördern und fordern"
Berlin: (hib/VOM) Der Bundesrat will die Erwerbsarbeit gezielt fördern und nicht die Arbeitslosigkeit finanzieren. Dies betont er in seinem Gesetzentwurf zum "Fördern und Fordern" arbeitsfähiger Sozialhilfeempfänger und Arbeitslosenhilfebezieher ( 15/309). Dadurch solle der Vorrang von Arbeit, Qualifizierung und qualifizierender Beschäftigung vor dem Bezug von Sozialleistungen ohne Gegenleistung besser als bisher im Gesetz verankert werden. Leistung und Gegenleistung seien stärker miteinander zu verknüpfen, so die Länderkammer. Über eine Verbindung von Arbeitsanreizen, etwa durch Kombilöhne, und Sanktionen werde die Bereitschaft arbeitsfähiger Hilfeempfänger verstärkt, sich anzustrengen, um wieder in das Arbeitsleben eingegliedert zu werden.
Im Einzelnen zielt der Entwurf darauf ab, einen verbindlichen Eingliederungsplan zwischen dem Arbeitslosen und dem Arbeitsamt vorzuschreiben. Um diesen Plan effektiv durchsetzen zu können, will der Bundesrat eine zusätzliche Sanktionsmöglichkeit in Form einer Sperrzeit wegen Nichteinhaltung des Eingliederungsplans einführen. Die Zumutbarkeit solle verschärft, die zumutbaren täglichen Pendelzeiten erhöht werden. Arbeitslosengeldempfängern will es der Bundesrat ermöglichen, freiwillig gemeinnützige Tätigkeiten anzunehmen, ohne dadurch den Anspruch auf Arbeitslosengeld zu verlieren. Für Arbeitslosenhilfebezieher sollen auch gemeinnützige Tätigkeiten grundsätzlich zumutbar sein. Auch die Aufnahme einer Tätigkeit, deren Nettolohn unterhalb der Arbeitslosenhilfe liegt, hält die Länderkammer für zumutbar. Darüber hinaus wird empfohlen, das von Baden-Württemberg und Hessen in Modellen erprobte "Einstiegsgeld" als Anreizinstrument zur Überwindung der Sozialhilfebedürftigkeit zu verankern. Durch bessere Anrechnungsregelungen bei der Aufnahme einer Beschäftigung auf dem ersten Arbeitsmarkt könnten Arbeitslosenhilfeempfängern Erwerbschancen eröffnet werden. Der Bundesrat hebt die Pflicht erwerbsfähiger Sozialhilfeempfänger hervor, sich selbst um eine Arbeitsstelle zu bemühen. Fehlen diese Eigenbemühungen, solle die Hilfe abgesenkt werden können, und zwar so lange, bis der Hilfesuchende seine Verweigerungshaltung aufgibt. Die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage gegen eine Versagung oder Kürzung der Sozialhilfe will der Bundesrat aufheben.
Die Bundesregierung lehnt den Gesetzentwurf ab und merkt in ihrer Stellungnahme dazu an, mit dem Anfang 2002 in Kraft getretenen Job-AQTIV-Gesetz sei bereits das Instrument der Eingliederungsvereinbarung in das Sozialgesetzbuch aufgenommen worden. Der Abschluss der Eingliederungsvereinbarung sei damit bereits im Sinne des vorliegenden Gesetzentwurfes verbindlich vorgeschrieben. Zur vorgeschlagenen Einführung eines Kombilohnes stellt die Regierung fest, dass mit der bundesweiten Ausdehnung des "Mainzer Modells" bereits ein flächendeckendes Instrument geschaffen sei, um Menschen mit schlechten Arbeitsmarktchancen Brücken in sozialversicherungspflichtige Niedriglohnbeschäftigungen zu bauen. Eine Verschärfung der zumutbaren Pendelzeit führt nach Ansicht der Regierung nicht zu einem Ausgleich der regionalen Arbeitsmärkte. Sinnvoll wäre hingegen, unter bestimmten Voraussetzungen einen Umzug statt eines erweiterten Pendelbereichs zu verlangen. Nach dem ersten Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt muss der Arbeitslosengeldbezieher bereit sein, eine Beschäftigung im gesamten Bundesgebiet anzunehmen, betont die Regierung. Die vom Bundesrat vorgeschlagenen Änderungen im Bundessozialhilfegesetz entsprächen zum Teil bereits der heutigen Praxis. Bereits im bestehenden Sozialhilferecht gebe es kein Wahlrecht zwischen Arbeitsaufnahme und Sozialhilfebezug. Wer sich weigere, zumutbare Arbeit anzunehmen, habe keinen Anspruch auf Sozialhilfe.