Ausschuss für Verbraucherschutz,
Ernährung und Landwirtschaft (Anhörung)
Berlin: (hib/SAS) Überwiegend kritisch äußerten
sich die Sachverständigen im Verbraucherausschuss am
Montagmittag zu den von der EU-Kommission der Europäischen
Union (EU) am 14. Juli vorgelegten Reformvorschlägen für
eine Neuordnung des Zuckermarktes. Einzig das InfoZentrum
Zuckerverwender (IZZ) sprach angesichts der von der EU-Kommission
angeregten Kürzung der Stützungspreise für EU-Zucker
und für Rüben in zwei Stufen und der Einführung
eines Referenzpreises von einem "Schritt in die richtige Richtung".
Dem müssten aus ihrer Sicht weitere Reformschritte folgen,
etwa das Auslaufen eines starren Quotensystems und eine mindestens
40-prozentige Senkung des Zuckerpreises. Ziel müsse es sein,
wieder Wettbewerb in den Zuckersektor zu bringen und die
Überproduktion einzudämmen. Nutznießer der Reform
sind nach Ansicht des IZZ die zuckerverarbeitende
Lebensmittelwirtschaft sowie die Verbraucher innerhalb der EU.
Für die EU-Verbraucher prognostizierte das IZZ Preissenkungen
in einer Größenordnung von zwischen 0,4 und 0,7
Milliarden Euro jährlich. Der Einschätzung des IZZ, dass
mit der Umsetzung der EU-Vorschläge Deutschland nur gewinnen
könne und Arbeitsplätze hierzulande gesichert blieben,
schlossen sich weder der Deutsche Bauernverband (DBV) und noch die
Wirtschaftliche Vereinigung Zucker (WVZ) an. Zwar erkannte auch der
DBV den Bedarf für eine Neustrukturierung des Zuckermarktes in
der EU, allerdings ging ihm das von der EU-Kommission vorgelegte
Paket weit über die tatsächliche Reformnotwendigkeit
hinaus. Der Verband hielt die Folgen für die europäische
Zuckerwirtschaft für unzumutbar und prognostizierte, dass die
vorgeschlagenen Einschnitte in die Preis- und Mengengarantie der
Zuckermarktordnung zu einem "nicht verantwortbaren" Rückgang
der Zuckerrüben- und Zuckererzeuger führen werde. Auch
die WVZ rechnet mit harten Einschnitten für die
Zuckerwirtschaft und befürchtet einen Verlust von mindestens
2.000 Arbeitsplätzen. So würde eine Reduzierung der
Produktionsquoten um 2,8 Millionen Tonnen zu einem verringerten
Zuckerrübenanbau von rund 72.000 Hektar führen. Die WVZ
schloss sich einer Forderung des Sachverständigen Professor
Folkhard Isermeyer von der Bundesforschungsanstalt für
Landwirtschaft an, das zuckerpolitische Ziel exakt zu definieren,
mit wie viel Prozent künftig der europäische Bedarf
gedeckt werden sollte. Isermeyer begrüßte das Anliegen
der EU, den Binnenmarkt für Zucker "fit zu machen" für
den Weltmarkt. Allerdings bezweifelte er, ob die dem EU-Vorschlag
zugrunde gelegten internationalen Produktionskosten der
Realität entsprechen. Sein Appell an die Abgeordneten: "Es
besteht kein Zwang, die Preise für Zucker jetzt schon so stark
zurückzunehmen." Auch die Gewerkschaft Nahrung, Genuss,
Gaststätten lehnte die von der EU angeregten starken
Preissenkungen im Vorfeld einer Entscheidung der
Welthandelsorganisation zur Zuckermarktordnung ab. Gegen die
Abschaffung der EU-Zuckermarktordnung sowie ihre völlige
Liberalisierung wandte sich auch die Arbeitsgemeinschaft
bäuerliche Landwirtschaft (AbL). Sie sei überzeugt, dass
von einer Liberalisierung nicht die Zuckerbauern in den
ärmsten Ländern, sondern die multinationalen
Zuckerkonzerne vor allem in den Ländern profitierten, die
schon heute zu den größten Erzeuger- und
Exportländern der Welt gehörten. Die AbL trat deshalb
für eine mengenmäßige Reduzierung ein.