Blickpunkt
Juli 02/1998
Bundestag für neue Wege zur Entlastung der Zivilgerichte(re) Mit einem umfangreichen Paket von Änderungen im Verfahrensrecht und anderer Regelungen will der Bundestag die Zivilgerichte entlasten. Seine mit der Mehrheit der Koalitionsfraktionen getroffene Entscheidung vom 18. Juni basierte auf einem vom Bundesrat hierfür vorgelegten Gesetzentwurf zur Verfahrensvereinfachung vor Zivilgerichten und bei der freiwilligen Gerichtsbarkeit (13/6398), berücksichtigte aber auch umfangreiche Überarbeitungen und Ergänzungen, die der Rechtsausschuß bei der abschließenden Beratung am Tag zuvor in seine Beschlußempfehlung (13/11042) zu der Gesetzesvorlage aufgenommen hatte.Für weite Passagen der Vorlage der Länderkammer und der darin aufgenommenen Änderungen hatte der Rechtsausschuß einstimmig votiert. Sie waren in Berichterstattergesprächen in den Gesetzentwurf eingearbeitet worden. Ein heftiger Disput zwischen Koalitionsfraktionen und Opposition hatte sich allerdings an der Absicht von CDU/CSU und F.D.P. entzündet, mit einer Öffnungsklausel den Ländern die Möglichkeit einzuräumen, in zehnjährigen Modellversuchen die Führung von Handels- und Genossenschaftsregistern von den Gerichten in die Hände von Industrie- und Handelskammern oder Handwerkskammern zu geben. Während die Koalition dies als weiteren Weg für eine Gerichtsentlastung verteidigte, wehrten sich SPD und Bündnisgrünen gegen die Öffnungsklausel. Die Rechtmäßigkeit der Eintragungen sei nicht gesichert, war dabei ein Argument, der Vorschlag sei eine "Art Gesetzgebungsnötigung", lautete ein anderes. Die Bundesländer würden dem Gesetz so nicht zustimmen, wurde von Seiten der Opposition prognostiziert. Eine Mehrheit des Rechtsausschusses lehnte den Antrag der SPD ab, die umstrittene Gesetzespassage zu streichen. Auch bei der Abstimmung im Bundestagsplenum tagsdarauf blieben Änderungsanträge der SPD (13/11061) sowie der Bündnisgrünen (13/11062) mit demselben Anliegen ohne Erfolg. Um eine Entlastung der Ziviljustiz zu erreichen, ist in der beschlossenen Gesetzesfassung unter anderem ein verstärkter Einsatz von Einzelrichtern in erst- und zweitinstanzlichen Verfahren vorgesehen. Das Angebot der Rechtsmittel soll eingeschränkt werden, in Wohnungseigentumssachen soll es einen Rechtsentscheid geben. Die Länder sollen obligatorische Schlichtungsverfahren einführen können, um die außergerichtliche Streitbelegung zu unterstützen. Die Antragstellung bei Erbscheinen soll auf Notare übertragen werden. Mit der Beschlußfassung im Plenum war der Antrag der SPD-Fraktion zur Entlastung der Zivilgerichtsbarkeit durch vor- beziehungsweise außergerichtliche Streitbeilegung (13/1749) erledigt. |
Quelle:
http://www.bundestag.de/bp/1998/bp9802/9802025a