MEHRHEIT SPRICHT SCHRÖDER DAS VERTRAUEN AUS
Parlament stimmt Bundeswehreinsatz im Kampf gegen den Terrorismus zu
(aw) Der Bundestag hat am 16. November den Weg für einen Einsatz von bis zu 3.900 Bundeswehrsoldaten im Kampf gegen den internationalen Terrorismus frei gemacht. Auf Antrag der Bundesregierung ( 14/7296) und auf Beschlussempfehlung des Auswärtigen Ausschusses ( 14/7447) stimmten 336 Abgeordnete für ein solches Mandat, 326 dagegen. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) hatte in Verbindung mit dieser Abstimmung den Antrag ( 14/7440) gestellt, ihm gemäß Artikel 68 des Grundgesetzes das Vertrauen auszusprechen.
Die SPD-Fraktion und die große Mehrheit von Bündnis 90/Die Grünen stimmten mit Ja; CDU/CSU, FDP, PDS sowie vier Abgeordnete der Bündnisgrünen und eine fraktionslose Abgeordnete votierten mit Nein. Union und Liberale machten zugleich deutlich, sie trügen ungeachtet ihres Abstimmungsverhaltens den Einsatz der Bundeswehr mit und verwiesen auf ihr vorangegangenes Abstimmungsverhalten in den Fachausschüssen.
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Die Abgeordneten unmittelbar vor der Abstimmung.
Die Militäroperation hat Regierungsangaben zufolge die Aufgabe, derzeit in Afghanistan vermutete Ziel-, Führungs- und Ausbildungseinrichtungen des terroristischen Netzwerks Bin Ladens, al-Qaida, auszuschalten, die Terroristen selbst zu bekämpfen, gefangen zu nehmen und vor Gericht zu stellen sowie Dritte dauerhaft von der Unterstützung terroristischer Aktivitäten abzuhalten.
Bundestag wird unterrichtet
Die Beteiligung der deutschen Streitkräfte ist auf zwölf Monate begrenzt. Die Regierung sicherte in einer Protokollerklärung zu, den Bundestag kontinuierlich über den Einsatz deutscher Streitkräfte zu unterrichten. Spätestens Mitte Mai 2002 werde es dazu einen "bilanzierenden Gesamtbericht" geben. Als Einsatzgebiet sind der vom NATO-Vertrag abgedeckte territoriale Bereich sowie die arabische Halbinsel, Mittel- und Zentralasien sowie Nordostafrika und die angrenzenden Seegebiete angegeben.
Vor der Abstimmung erklärte Gerhard Schröder, seine Regierung setze nicht allein auf militärische Maßnahmen. Es gebe aber Situationen, in denen eine von allen gewollte politische Lösung nur militärisch durchzusetzen sei. "Wir Deutschen können der Auseinandersetzung mit dem Terrorismus nicht ausweichen und wollen das auch nicht", so Schröder. Seine Entscheidung, die Vertrauensfrage im Parlament zu stellen, begründete der Kanzler mit der notwendigen "Verlässlichkeit unserer Politik" gegenüber Bürgern, Freunden in Europa und internationalen Partnern Deutschlands.
Friedrich Merz (CDU/CSU) antwortete, spätestens seit Mitte Oktober sei klar gewesen, dass sich die Solidarität nicht in Worten und Beileidsbekundungen erschöpfen würde. Jetzt, wo es so weit sei, Wort zu halten, stehe die Bundesregierung "am Abgrund". Merz warf Schröder vor, dieser habe "den Mund zu voll genommen", weil er die Lage in seiner eigenen Fraktion und Partei falsch eingeschätzt habe.
Wolfgang Gerhardt (FDP) stellte fest, wenn Schröder ungeachtet der eindeutigen politischen Fakten in Afghanistan gezwungen sei, die Vertrauensfrage zu stellen, so sei dies "ein Armutszeugnis für Deutschland". Zudem sei offensichtlich, dass die Partei der Grünen nicht in der Lage sei, "unbequeme Fragen der Zeit" zu beantworten.
Kerstin Müller (Bündnis 90/Die Grünen) erwiderte, ihre Partei habe keine moralischen Belehrungen nötig. Klar sei im Übrigen, dass ohne "begrenzte und zielgerichtete" militärische Maßnahmen gegen die Infrastruktur der terroristischen Netzwerke Bin Laden und seine Helfershelfer neue Attentate "planen und durchführen" würden.
Für die PDS sagte Roland Claus, Schröder sei der erste Bundeskanzler, der die Vertrauensfrage und damit sein Schicksal mit einer Zustimmung zu Kriegseinsätzen verbinde. Krieg aber sei ein untaugliches Mittel im Kampf gegen den Terrorismus.