PLENARDEBATTE
"Chancen im Wandel" – ein Programm zur Kinder- und Jugendpolitik
(fa) "Chancen im Wandel" – unter diesen Titel hat die Bundesregierung ihr als Unterrichtung vorgelegtes jugendpolitisches Programm ( 14/7275) gestellt, das der Bundestag am 8. November zur federführenden Beratung an den Familienausschuss überwiesen hat. Darin verpflichtet sich die Regierung nach eigenen Angaben zu einer "aktivierenden Jugendpolitik", welche die Fähigkeiten der Jugendlichen fördert und im Gegenzug dazu auffordert, die entwickelten Talente und Ideen aktiv wieder in die Gesellschaft einzubringen. In ihrer Antwort ( 14/6425) auf die Große Anfrage der Koalition zur Kinder- und Jugendpolitik ( 14/5284), die im Plenum ebenfalls zur Debatte stand, hatte die Regierung ein solches Programm für Herbst angekündigt.
Mit dem Zehn-Punkte-Programm verfolge die Regierung zwei wesentliche jugendpolitische Ziele, betonte Bundesministerin Christine Bergmann(SPD) in ihrer Regierungserklärung. Zum einen gehe es darum, der jungen Generation bessere und gerechtere Chancen auf Arbeit und Bildung zu ermöglichen, zum anderen, die Erziehung zu Demokratie, Toleranz und Weltoffenheit verstärkt zu fördern.
Vorrang hat Bekämpfungder Arbeitslosigkeit
"Höchste Priorität" bei der Umsetzung der neuen Jugendpolitik habe die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit. Was hier in den letzten Jahren erreicht worden sei, könne sich "sehen lassen", betonte die Ministerin.
Laut Programm sollen unter anderem die Berufsvorbereitung verbessert, Geringqualifizierte gefördert, die Arbeitszeit flexibilisiert, mehr Ausbildungsplätze mobilisiert und die Ausbildung weiter modernisiert werden. Weiter wolle man darauf hinwirken, dass alle Bildungseinrichtungen künftig mehr Selbstständigkeit und Eigenverantwortung erhalten und auch die Aus- und Fortbildung der Lehrkräfte den Aufgaben in einer sich rasch verändernden Welt angepasst werden.
Hinsichtlich der Medienkompetenz erklärt die Regierung das Ziel, die intelligente Benutzung von Computer und Internet für alle jungen Menschen in Schule, Ausbildung und Beruf zur Selbstverständlichkeit zu machen. Zur Förderung der beruflichen und sozialen Integration benachteiligter junger Menschen in sozialen Brennpunkten wird ein Fünf-Jahres-Modellprogramm angekündigt. Zudem müssten für Migrantinnen und Migranten differenzierte und umfassende Maßnahmen zur Integration angeboten werden.
Als zentrale Prinzipien der Regierungspolitik werden in dem Programm ferner Generationengerechtigkeit und Nachhaltigkeit genannt. Der Jugend müssten mindestens ebenso gute Chancen eingeräumt werden wie den vorangegangenen Generationen. Weiter setze sie auf eine familienfreundliche Politik, die eine bessere Balance zwischen Arbeitswelt und Familienleben ermöglichen soll.
"Beschämender Platz imeuropäischen Vergleich"
Maria Eichhorn (CDU/CSU) erhob den Vorwurf, in den Jahren der rot-grünen Regierungszeit sei in der Jugendpolitik kaum etwas passiert. Der Druck auf Familien, Kinder und Jugendliche habe sich verstärkt. Sie beklagte den "Besorgnis erregend hohen Stand" der Jugendarbeitslosigkeit. So sei diese in den neuen Bundesländern im letzten Jahr um 13 Prozent gestiegen. Deutschland nehme hier auch im europäischen Vergleich einen beschämenden Platz ein. Iris Gleicke (SPD) sprach in diesem Zusammenhang von "Realitätsverlust". Beim Regierungswechsel habe die Jugendarbeitslosigkeit bei über zwölf Prozent gelegen, jetzt liege sie bei 8,6 Prozent und sei die niedrigste in Europa. Sie plädierte für einen konkreten und lebensnahen Dialog mit den Jugendlichen. Ein von SPD und Bündnisgrünen eingebrachter Entschließungsantrag ( 14/7330), der die Regierung unter anderem auffordert, Kinder und Jugendliche in der Bildungsdebatte in den Vordergrund zu stellen und dafür zu sorgen, dass kein Jugendlicher aus der Schule in die Arbeitslosigkeit entlassen wird, wurde mit den Stimmen der Koalition angenommen.
"Kompendium wohlmeinender Absichtserklärungen"
Nach Ansicht von Klaus Haupt (FDP) liest sich das jugendpolitische Programm wie ein "Kompendium aller wohlmeinenden Absichtserklärungen", die unbestritten seien. Einen jugendpolitischen Quantensprung könne er darin nicht erkennen. Auch er wies auf das schwerwiegende Problem der Jugendarbeitslosigkeit, insbesondere in den neuen Ländern, hin. Ein zur Beratung der Großen Anfrage von den Liberalen vorgelegter Entschließungsantrag ( 14/7299) wurde abgelehnt.
Christian Simmert (Bündnis 90/ Die Grünen) begrüßte das Programm der Regierung als "richtigen Impuls". Die darin gebündelten gemeinsamen Erfolge lägen besonders in den Bereichen der Ausbildung und der Förderung des Engagements Jugendlicher.
Angela Marquardt (PDS) bescheinigte dem Programm und dem Koalitionsantrag "viele richtige und wichtige Punkte". Sie beklagte jedoch unter anderem, dass im Bereich Medienbildung eine Passage zur Filtersoftware fehle und dass die Probleme in der Drogenpolitik nicht thematisiert würden.