MIT DER KOALITIONSMEHRHEIT
Anspruch auf Auskunft über Telefonate in Strafprozessordnung aufgenommen
(re) Der Bundestag hat die Befugnis der Strafverfolgungsbehörden, Auskunft über Telekommunikationsverbindungsdaten zu verlangen, aus systematischen Gründen in die Strafprozessordnung eingestellt. Bisher war sie im Fernmeldeanlagengesetz geregelt. Einen entsprechenden Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung der Strafprozessordnung ( 14/7008, 14/7258) nahm das Parlament am 30. November auf Empfehlung des Rechtsausschusses ( 14/7679) vom 28. November in geänderter Fassung an. SPD und Bündnis 90/Die Grünen stimmten dafür, CDU/CSU, FDP und PDS dagegen.
Die Voraussetzungen für die Anordnung, Auskunft über solche Verbindungsdaten zu verlangen, werden damit in den neuen Paragrafen 100g und 100h "maßvoll" angehoben, wie es in dem Entwurf heißt. Die Anordnung ist danach bei Straftaten von erheblicher Bedeutung möglich. Handelt es sich bei der zu untersuchenden Straftat um eine, die mit Hilfe eines Telefons oder eines Personalcomputers begangen worden ist, dann kann die Auskunft über Verbindungsdaten bereits verlangt werden, wenn dies verhältnismäßig ist.
Darüber hinaus werden in dem Gesetz die Informationen präzisiert, die von den Telekommunikationsdiensten mitgeteilt werden müssen, wenn sie zur Auskunft verpflichtet sind. Der Anspruch auf Auskunft wird zudem mit den Regelungen zur Telekommunikationsüberwachung in den Paragrafen 100a und 100b der Strafprozessordnung harmonisiert. In Fällen, in denen die Staatsanwaltschaft die Auskunft wegen Gefahr im Verzug verlangt hat, muss es künftig innerhalb von drei Tagen zu einer Bestätigung dieses Verlangens durch einen Richter kommen. Zugelassen wird auch die Anordnung von Auskünften über künftig gespeicherte Telekommunikationsverbindungsdaten. Diese Neuregelung wird bis Ende 2004 befristet, weil auf der Grundlage von Gutachten bis dahin vor allem mit Blick auf Zeugnisverweigerungsrechte ein Gesamtkonzept erarbeitet werden soll.
Im Rechtsausschuss hatte die SPD festgestellt, rechtzeitig vor Ende 2004 werde auf der Basis eines Gutachtens eine umfassende Gesamtregelung der einschlägigen Vorschriften vorgelegt. Die bisherige Regelung des Auskunftsverlangens im Fernmeldeanlagengesetz läuft Ende 2001 aus.
Die CDU/CSU sagte, die Koalition habe die Zeit nicht genutzt, um sich mit der Opposition über das schwierige Gesetzgebungsvorhaben, das auch in Grundrechtspositionen eingreife, zu verständigen. Sinnvoller wäre es, zunächst die Regelung im Fernmeldeanlagengesetz zu verlängern, um Zeit für eine sachgerechte Lösung zu gewinnen. Der Entwurf sei in sich widersprüchlich und widerspreche dem Ziel der Terrorismusbekämpfung.
Einen Änderungsantrag, die alte Regelung bis Ende März 2002 zu verlängern, lehnten SPD, Bündnisgrüne und PDS ab. Ein weiterer Änderungsantrag der Union ( 14/7691) fand im Plenum wie im Ausschuss keine Mehrheit. Nach Meinung der Fraktion dürfen die Ermittlungen nicht dadurch eingeengt werden, dass auf den Straftatenkatalog des Paragrafen 100a der Strafprozessordnung Bezug genommen wird. Auch müssten Unternehmen verpflichtet werden können, Verbindungs- und Standortdaten für die Strafverfolgung aufzuzeichnen.
Laut Bündnis 90/Die Grünen enthält die Änderung die erforderlichen Schranken für mögliche Eingriffe in die Rechte des Bürgers. Die FDP rügte das "übereilte Beratungsverfahren". Ihr Antrag, die alte Regelung bis Ende Juni 2002 zu verlängern, lehnte die Ausschussmehrheit ab.
Die PDS hatte gefordert, die Eingriffsvoraussetzungen zu konkretisieren. Auskünfte über Telekommunikationsdaten sollten nicht geringeren Anforderungen unterworfen werden als bei der Telefonüberwachung.