MENSCHENRECHTLER HÜSNÜ ÖNDÜL IM AUSSCHUSS
"Die Verfassungsänderungen der Türkei gehen uns noch nicht weit genug"
(mr) "Die Verfassungsänderungen der Türkei der vergangenen Jahrzehnte gehen uns nicht weit genug. Wir wollen, dass die Todesstrafe ganz abgeschafft wird", erklärte Hüsnü Öndül. Der Vorsitzende des Vereins für Menschenrechte in der Türkei führte gegenüber dem Menschenrechtsausschuss am 15. Mai zahlreiche Beispiele auf, anhand derer deutlich wurde, dass Verfassungsrecht und -praxis in der Türkei nach wie vor auseinander klaffen.
Obwohl die Meinungsfreiheit durch die türkische Verfassung garantiert sei, werde sie in der Praxis doch häufig ausgehöhlt, hieß es. Als Öndüls Verein für Menschenrechte beim Gouverneur in Ankara eine Demonstration zu den Bedingungen in Strafvollzugsanstalten anmeldete, da habe dieser, Öndül zufolge, verschiedene Bedingungen genannt, unter denen eine Demonstration genehmigt würde. "Wir bekamen zwar die Genehmigung, aber unsere Botschaften durften wir nicht skandieren und auch in keiner anderen Sprache kundtun", monierte Öndül. Zudem sei Öndüls Nichtregierungsorganisation ins Visier des Generalbundesanwalts gekommen, als man ein Plakat mit der Aufschrift "Muttersprachlicher Unterricht ist ein Menschenrecht" öffentlich gemacht habe. Der Vorwurf des Generalstaatsanwalts habe gelautet: Damit werde ein terroristisches Ziel unterstützt.
|
|||||||||
Der türkische Menschenrechtsexperte Hüsnü Öndül setzte sich gegenüber dem Menschenrechtsausschuss und seiner Vorsitzenden Christa Nickels (Bündnis 90/Die Grünen) für eine weitere Stärkung der Meinungsfreiheit und des Demonstrationsrechts in seinem Heimatland ein.
Nun müsse sich die Menschenrechtsvereinigung vor Gericht für eine Forderung verantworten, für die bereits Hunderte von Studenten zuvor ins Fadenkreuz der Justiz geraten und ein Jahr von der Universität ausgeschlossen worden waren: Sie hatten die kurdische Sprache als Wahlfach an Universitäten gefordert. Auch hier sei die Unterstützung einer terroristischen Vereinigung unterstellt worden.
Dass es sich bei diesen Fällen um keine Einzelfälle handelte, verdeutlichte der türkische Menschenrechtsvertreter am Beispiel weiterer Menschenrechtsvereinigungen, denen ebenfalls auf Grund einer Äußerung staatsfeindliche Ziele unterstellt worden seien. Auf 3.473 Personen bezifferte er die Zahl derer, die im vergangenen Jahr bestraft worden seien, weil sie ihre Meinung in mündlicher oder schriftlicher Form geäußert hatten.