Nach teils gewalttätigen Protesten tausender Hafenarbeiter aus ganz Europa hat das Europäische Parlament am 18. Januar die umstrittene Hafenrichtlinie zurückgenommen. Damit ist die Europäische Kommission auch mit ihrem zweiten Versuch gescheitert, die Dienste in den EU-Seehäfen zu liberalisieren.
Die Kommission und einige konservative Abgeordnete konnten sich nicht mit ihrer Forderung durchsetzen, die ursprünglichen Pläne in wesentlichen Punkten zu ändern, anstatt sie vollständig zurückzuweisen. 532 EP-Abgeordnete stimmten gegen den Plan der Kommission, 120 dafür, 25 enthielten sich. Zahlreiche Parlamentarier forderten die Kommission auf, neue Vorschläge für mehr Transparenz und Wettbewerb zwischen den europäische Häfen vorzulegen.
EU-Verkehrskommissar Jacques Barrot kündigte nach dem deutlichen Nein des Parlaments umgehend eine Neuauflage der Richtlinie an. Den ersten Gesetzentwurf hatten die Europa-Abgeordneten bereits im November 2003 abgelehnt. Ziel der Kommission war es, mittels der Richtlinie die Hafendienste für den Wettbewerb zu öffnen und so Kosten zu senken. Ausschreibungen sollten vorgeschrieben und Lizenzen zeitlich begrenzt werden. Geplant war auch, dass Reeder ihre Schiffe selbst be- und entladen dürfen. Gleichzeitig sollten die oft versteckten, den Wettbewerb verzerrenden staatlichen Beihilfen durchleuchtet werden. Innerhalb des EU-Parlaments ist vor allem die Frage der Selbstabfertigung und der Lotsendienste seit Jahren höchst umstritten. Ein Teil der Abgeordneten erhofft sich von einer Liberalisierung der Hafendienste mehr Wettbewerbsfähigkeit, Wirtschaftswachstum und neue Arbeitsplätze.
Parlamentsberichterstatter Georg Jarzembowski (CDU) bezeichnete die Entscheidung als "ein fatales Signal für Europa". Wenn die Chancen von Marktöffnungen nicht genutzt würden, "sind alle Bekenntnisse zu mehr Wettbewerbsfähigkeit in Europa der blanke Hohn". Die Gegner des Hafenpakets im Parlament dagegen fürchteten, dass entsprechende EU-Gesetze Jobs vernichten sowie die Arbeitsbedingungen und die Sicherheit in den Häfen der Union verschlechtern würden. Zudem herrsche in der Branche bereits genug Wettbewerb.