Die Bremer CDU leidet unter ungewöhnlich hohem Personalverschleiß. Zwar nicht an der Spitze der Partei - da hält sich der Landesvorsitzende Bernd Neumann schon seit fast 27 Jahren. Aber bei den Senatsmitgliedern, also den Ministern des Stadtstaates: Seit Bildung der großen Koalition vor zehneinhalb Jahren haben sich bereits acht CDU-Senatoren aus dem Amt verabschiedet, aus politischen und/oder persönlichen Gründen. Der jüngste Abgang: Bau- und Umweltsenator Jens Eckhoff (40) hat für Mitte Februar seinen Rücktritt angekündigt. Damit verliert die Bremer Union einen einstigen Hoffnungsträger - und einen Befürworter schwarz-grüner Koalitionen.
Eckhoff hat eine ansehnliche Parteikarriere hinter sich. Schon als 14-Jähriger trat er in die Junge Union ein. Mit 23 übernahm er deren Landesvorsitz, für immerhin neun Jahre. Mit 33 ließ er sich zum Vorsitzenden der CDU-Bürgerschaftsfraktion wählen; er galt damals als jüngster Chef einer deutschen CDU-Landestagsfraktion. Nur vier Jahre später stieg er zum Senator für Bau, Umwelt und Verkehr auf. Ein Christdemokrat als Umweltsenator? Ökologen reagierten zunächst skeptisch, aber bald erwarb Eckhoff sich bei ihnen Respekt - zum Beispiel wegen seines Einsatzes für die Windenergie. Er wurde sogar Präsident der deutschen Stiftung für Offshore-Windanlagen auf hoher See.
Innerhalb der Partei sank dagegen sein Stern. Der konservative Flügel nahm dem Senator übel, dass er die CDU zu einer "modernen Großstadtpartei" umwandeln wollte und dass er offensiv dafür eintrat, nach der Bürgerschaftswahl 2007 die Chancen einer schwarz-grünen Koalition auszuloten. Das brachte ihm sogar einen öffentlichen Rüffel seines Parteivorsitzenden Neumann ein, obwohl der ihn früher wie einen politischen Ziehsohn gefördert hatte: Von Schwarz-Grün zu "schwadronieren", sei "politisch abwegig, völlig überflüssig und auch unrealistisch", unterstrich Neumann in einem Interview, ohne Senator Eckhoff allerdings namentlich zu nennen.
Da war das Verhältnis zwischen beiden ohnehin schon belastet: Durch die so genannte Wanzen-Affäre. 2003 waren im Bremer CDU-Haus Abhörsender entdeckt worden. Zwei Privatdetektive aus Eckhoffs Bekanntenkreis gerieten in den Verdacht, den Einbau organisiert zu haben. Wollte da etwa Eckhoff den großen Vorsitzenden belauschen, um ihn leichter beerben zu können? Der Senator wies solche Spekulationen empört zurück, aber angeblich war das Verhältnis zwischen Neumann und ihm seitdem getrübt.
Dann sorgte der Vorsitzende auch noch dafür, dass nicht Eckhoff, sondern Innensenator Thomas Röwekamp zum stellvertretenden Regierungschef ernannt wurde. Und als Neumann nach seinem Aufstieg zum Kulturstaatsminister ankündigte, weiterhin Parteichef bleiben zu wollen, da dürften für Eckhoff jegliche Karrierechance gestorben sein.
Bei einem Südafrika-Urlaub rund um seinen 40. Geburtstag reifte bei ihm schließlich der Entschluss, nach nur zweieinhalb Amtsjahren abzutreten. Zurück in Bremen gab Eckhoff nicht etwa selber diesen Schritt bekannt, sondern überließ das zunächst dem Vorsitzenden Neumann, der damit erneut seinen Machtanspruch dokumentierte. Erst nach dem 64-Jährigen ergriff auch Eckhoff das Wort - und bestritt, dass er wegen mangelnder Perspektiven frustriert sei: "Völliger Quatsch!" Nein, ihm gehe es nur darum, dass er nicht bis zur Pensionierung Politik machen wolle wie Neumann, sondern sich mit 40 lieber eine neue Perspektive in der Wirtschaft aufbauen wolle. Das kann man glauben oder nicht.
Eckhoff bleibt noch im Amt, bis die Bremische Bürgerschaft am 22. Februar seinen Nachfolger wählt. Er selber lässt dann sein Abgeordnetenmandat wieder aufleben, zumindest bis zur Wahl 2007.
Als künftigen Senator hat Neumannden früheren Fraktionschef Ronald-Mike Neumeyer auserkoren. Der heute 44-Jährige war 1999 von Eckhoff per Kampfabstimmung aus der Fraktionsspitze verdrängt worden und arbeitete seitdem als Manager der privatisierten Stadtwerke "swb". Nun soll er ihm als Senator nachfolgen - ein später Triumph über den gescheiterten machthungrigen Aufsteiger.