Die von der Regierungskoalition geplante Erhöhung der Mehrwertsteuer wird von der FDP im Bundestag heftig kritisiert. In der Mittelstandsdebatte des Bundestages am 9. Februar erklärte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Liberalen, Rainer Brüderle, die Regierung schwinge die "Mehrwertsteuerkeule" und schaffe ein "Schwarzarbeiterförderprogramm". Mit ihrer Überlegung, Großfusionen zu fördern, betreibe die sie eine "Steinzeit-Wirtschaftspolitik". Dagegen sei eine Förderung des Mittelstandes erforderlich. In dem von der FDP-Fraktion vorgelegten Antrag fordern die Freien Demokraten unter anderem auf die Mehrwertsteuererhöhung zu verzichten, gesetzliche Öffnungsklauseln für betriebliche Bündnisse für Arbeit einzuführen, einen mittelstandsfreundlichen Kündigungsschutz zu schaffen, so genannte Ein-Euro-Jobs drastisch einzuschränken, das Instrument der Ich-AG nicht zu verlängern sowie schnellstmöglich eine Unternehmenssteuerreform vorzulegen und auf die 2006 vorgesehene 13-malige Einziehung der Sozialbeiträge zu verzichten. Die von der Bundesverwaltung "erbrachten Dienste wie Druckereien, Registratur, Sprachendienste, Fahrbereitschaften oder Dienstreiseverwaltungen" gehören nach Meinung der FDP "vorbehaltos auf den Privatisierungsprüfstand".
Für die CDU/CSU wies deren wirtschaftspolitischer Sprecher, Laurenz Meyer, die Kritik der FDP zurück. Er warf Brüderle vor, die Koalitionsvereinbarung zwischen Union und SPD nicht richtig gelesen zu haben. Das Thema Mittelstandsförderung sei dort intensiv behandelt worden.
Der SPD-Abgeordnete Christian Lange betonte ebenfalls, die schwarz-rote Koalition habe ihre Hausaufgaben gemacht. Die Finanzierungsinstrumente für den Mittelstand müssten jedoch noch verbessert werden, räumte der Politiker ein. Die Fraktionen von CDU/CSU und SPD fordern in ihrem Antrag die Regierung unter anderem auf, bis zum Herbst Eckpunkte für ein international wettbewerbsfähiges, europataugliches Unternehmenssteuerrecht zu erarbeiten, die EU-Bankenrichtlinie mittelstandsfreundlich in deutsches Recht umzusetzen, die Mittel für Forschung und Entwicklung in dieser Legislaturperiode kontinuierlich zu erhöhen, das im Jahreswirtschaftsbericht 2006 angekündigte Mittelstandsentlastungsgesetz zum Abbau bürokratischer Belastungen "so schnell wie möglich" in den Bundestag einzubringen sowie eine sichere, kostengünstige und umweltverträgliche Energieversorgung in Deutschland zu gewährleisten und das Außenwirtschaftsgesetz sowie das Zoll- und Außenwirtschaftsrecht zu bereinigen und zu straffen.
Auch Gerhard Schick vom Bündnis 90/Die Grünen mahnte in der Debatte eine bessere Förderung des Mittelstandes an. Für die Linksfraktion bemängelte Sabine Zimmermann, die Regierung habe "überhaupt kein Konzept", das die Situation der kleinen Mittelständler verbessern würde. Die von der FDP geforderten Maßnahmen seien aber ebenfalls nicht hilfreich.
Mehr als 99 Prozent aller Betriebe in Deutschland sind kleine und mittlere Unternehmen. Hier wird rund die Hälfte der Wirtschaftsleistung erbracht. 46 Prozent aller Investitionen werden hier getätigt. Das sind knapp 30 Prozent aller Innovationsaufwendungen. Rund 78 Prozent aller Beschäftigten arbeiten in kleinen und mittleren Unternehmen. 80 Prozent der Jugendlichen werden hier ausgebildet.
In einer vom "Bundesverband der Selbständigen" veröffentlichten Konjunkturumfrage wird festgestellt: "Im deutschen Mittelstand geht es bergauf. Die persönlichen Geschäftserwartungen und die Bewertung der allgemeinen Wirtschaftslage haben sich weiter verbessert. Der Personalabbau wird weiter gebremst." Die Investitionen würden auch im ersten Halbjahr 2006 zurückgehen, allerdings weniger stark als im Vorjahr. Der Handel bleibe aber weiterhin das Sorgenkind.