Eine Internetinsel, ein Lounge-Bereich, bunt gestrichene Wände und Berater, die lässig im Polo-Shirt ihren Kunden entgegentreten: Die Volksbankfiliale im Mannheimer Stadtteil Schwetzinger Vorstadt ist anders als andere. Kein Wunder, denn nicht Architekten und Raumausstatter haben diese Bank gestaltet, sondern die 9. Klasse der Mannheimer Freudenheim-Realschule.
"Traumhaft", schwärmt Nicolas Frank, "wir haben niemals erwartet, dass unsere Ideen tatsächlich umgesetzt werden." Der 17-Jährige ist einer von 30 Schülern, die beim Innovationsspiel "Jugend denkt Zukunft" teilgenommen haben. In einem fünftägigen Workshop, den seine Schule zusammen mit der Volksbank Rhein-Neckar und dem Bensheimer IFOK-Institut organisiert hat, bekam die Klasse nicht nur Einblicke in den Arbeitsalltag einer Bank. Die Schüler wurden auch gebeten, Vorschläge für eine neue Filiale zu erarbeiten, die sich speziell an junge Kunden richten sollte.
Was gefällt Jugendlichen, was wünschen sie sich von ihrer Bank?, wollte die Volksbank wissen. Die Schüler machten sich Gedanken und legten schließlich mit "Banking & Fun" ein Konzept vor, das die Chefetage der Volksbank zunächst erstaunte, dann begeisterte: Es schlug nämlich eine nach Geschlechtern getrennte Beratung vor. Mädchen sollten, so der Wunsch der Schüler, von Frauen beraten werden, Jungen von männlichen Mitarbeitern. Warum? "Na, ist doch klar", erklärt Frank, "weil man als Junge bei einer Frau viel eher nervös wird!" Und das sei bei Finanzberatungen nicht gerade wünschenswert. Mit einem solchen Vorschlag hätte Tom Goerke, Personalleiter der Volksbank Rhein-Neckar, nie gerechnet, doch gerade deshalb hat ihn die Zusammenarbeit mit den Jugendlichen schließlich überzeugt: "Alle Jugendfilialen, von denen wir wissen, sind gescheitert, weil sie nach den Vorstellungen von Erwachsenen gestaltet wurden, nicht von Jugendlichen selbst!" Bei "Banking & Fun" sei das anders - und die Filiale deshalb erfolgreich.
Für die Initiatoren und Veranstalter vom IFOK-Institut ist diese Geschichte ein ermutigendes Beispiel, wie der Austausch zwischen Schulen und Unternehmen gewinnbringend für beide Seiten gefördert werden kann - denn genau darum soll es gehen: "Unser Ziel ist es, Jugend und Wirtschaft zusammenzubringen", erklärt Karmen Strahonja, Projektleiterin der Initiative "Jugend denkt Zukunft". Sie fügt hinzu: "Schüler sollen die Gelegenheit bekommen, sich Zukunftsfragen zu stellen und ihre eigenen Ideen zu formulieren." Wenn diese Vorschläge dann sogar umgesetzt würden, sei das besonders toll, betont die Projektleiterin. Nicht umsonst wurde die Kooperation zwischen der Freudenheim-Realschule und der Volksbank Rhein-Neckar in der vergangenen Woche bei der "Jugend denkt Zukunft"-Preisverleihung in Berlin mit einem Sonderpreis ausgezeichnet. Unter der Schirmherrschaft von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) prämierte die Jury die besten fünf Zukunftsideen, die von rund 3.000 Schülern und 120 Unternehmen entwickelt worden waren.
Auf dem Weg zur Umsetzung befindet sich auch eine andere Idee, die in Berlin ausgezeichnet wurde: Für die Accor-Hotelkette haben Schüler der Augsburger Fachoberschule Friedberg verschiedene Varianten des Check-in entwickelt. Wie richtige Berater hatten die Jugendlichen zuvor in einem Hotel des Unternehmens hinter die Kulissen schauen können, um mögliche Schwachstellen aufzuspüren. Sie hospitierten etwa im Service, lernten wie man Servietten faltet oder den Tisch korrekt eindeckt. Einen Vormittag arbeiteten die Schüler sogar in der Küche, bereiteten selbst ein Gericht zu und wurden dabei in die Geheimnisse der Hotelköche eingeweiht.
Ein toller Einblick, doch nach dieser zweitägigen Hospitation war den jungen "Beratern" vor allem ein Problem aufgefallen: Am Tresen in der Hotellobby bildeten sich oft lange Schlangen. Kein gutes Zeichen, fanden die Schüler. "Es hat uns gestört, dass die Angestellten erst auf Zettel schauten oder nach Unterlagen suchten, bevor sie die neuen Gäste begrüßen konnten", kritisiert Kerstin Thiel. Der 19-jährigen Schülerin kam schließlich die Idee, zwei neue Varianten des Check-ins anzubieten: "Wie am Flughafen, wo man am Automaten einchecken kann, soll es auch im Hotel künftig einen so genannten ,Quick Check-in' geben", erläutert sie das Konzept. Zusätzlich solle ein "Comfort Check-in" angeboten werden, bei dem die Gäste alle Formalitäten bei einem Cocktail an der Bar oder beim Frühstückskaffee auf dem Sofa erledigen können. Ganz gemütlich, versteht sich. "Der Urlaub soll schließlich schon beim Betreten des Hotels beginnen", findet Kerstin.
Der Vorschlag kam nicht nur bei der "Jugend denkt Zukunft"-Jury in Berlin gut an: Auch die Accor-Hotel-Führung war so von der Idee begeistert, dass sie die Check-in-Varianten ausprobieren ließ: In einem virtuellen Labor des Fraunhofer-Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation in Stuttgart wurde das Konzept der Augsburger Schüler auf seine Umsetzbarkeit überprüft - mit Erfolg.
Schon bald soll ein erstes Hotel der Kette den Praxistest in der Realität wagen. Kerstin ist stolz: "Wer weiß", sagt sie, "vielleicht klappt es ja wirklich mit der Umsetzung, und dann ich kann sagen: Das war unsere Idee".