"Nachhaltige Energieversorgung unter den Bedingungen
der Globalisierung und der Liberalisierung"
Einführung durch den Vorsitzenden der Enquete-Kommission
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Energie ist Leben. Wärme, Licht, Kraft und Mobilität benötigen alle Gesellschaften. Die Erzeugung, die Bereitstellung und der Verbrauch von Energie verschwenden im gegenwärtigen Energiesystem Ressourcen. Gleichzeitig ergeben sich aus der Erzeugung und dem Verbrauch von Nutzenergie Belastungen für die Umwelt und das Klima. Die ökologische Tragfähigkeit der Erde aber ist begrenzt. |
Zu Beginn des 21. Jahrhunderts steht die Energiepolitik vor neuen Herausforderungen. Wir müssen
- die natürlichen Lebensgrundlagen vor dem nicht tolerierbaren Klimawandel und seinen Auswirkungen schützen,
- humane Lebensbedingungen für eine weiter wachsende Weltbevölkerung schaffen,
- den Strukturwandel der Industriegesellschaft an den ökologischen Notwendigkeiten orientieren und im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung vorantreiben,
- die absehbare Verknappung der fossilen und nuklearen Energierohstoffe berücksichtigen,
- den globalen Wettbewerb um Energiereserven bewältigen und Ressourcenkonflikte vermeiden,
- die Chancen nutzen und die Probleme bewältigen, die sich aus der Liberalisierung der Energiemärkte und der Globalisierung der Ökonomie für die Innovationsfähigkeit, den Umweltschutz und die Beschäftigung ergeben.
Bereits frühere Enquête-Kommissionen des Deutschen Bundestages haben sich mit dem Schutz der Erdatmosphäre sowie dem Schutz des Menschen und der Umwelt befasst. Dabei ist dem Bereich der Energiepolitik besondere Aufmerksamkeit gewidmet worden. Die Energie-Enquête-Kommission baut auf diesen umfangreichen Vorarbeiten auf.
Der Deutsche Bundestag hat deshalb auf Antrag der Fraktionen SPD, CDU/CSU, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und F.D.P. (BT-Drucksache 14/2687) am 17. Februar 2000 die Enquête-Kommission "Nachhaltige Energieversorgung unter den Bedingungen der Globalisierung und der Liberalisierung" eingesetzt. Vor dem Hintergrund der Nachhaltigkeitskonferenz der Commission on Sustainable Development im April 2001 (CSD IX) und der Konferenz "Rio+10" im Jahr 2002 wird die Enquête-Kommission Handlungsempfehlungen für den Energiebereich zur Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele der Agenda 21 entwickeln. Ausgangspunkt sind die kurz-, mittel- und langfristigen Klimaschutzziele. Deutschland hat das erklärte Ziel, bis zum Jahr 2005 25 % der CO2-Emmissionen von 1990 zu vermeiden und im Rahmen des Kyoto-Prozesses die völkerrechtliche Verpflichtung, alle Treibhausgase bis 2010 um 21% zu reduzieren. Ergebnis der Enquête-Kommission des Deutschen Bundestages zum Klimaschutz war es, dass 80% der Emissionen der Industriestaaten bis zum Jahr 2050 eingespart werden müssen.
Wir werden nationale, europäische und globale Trends, Ziele und Gestaltungsspielräume untersuchen. Insbesondere werden wir Handlungsmöglichkeiten unter den veränderten Rahmenbedingungen der Liberalisierung und der Globalisierung aufzeigen.
Die Enquête-Kommission hat ein umfangreiches Arbeitsprogramm beschlossen. Es enthält folgende Schwerpunkte:
- Verständigung über Nachhaltigkeitsziele und -regeln für den Energiebereich
- Globale, europäische und nationale Situationsanalyse und Perspektiven
- Analyse der verschiedenen Optionen und Potenziale der künftigen Energieversorgung und -nutzung im Hinblick auf Nachhaltigkeit,
- Analyse von Instrumenten und Handlungsmöglichkeiten für eine nachhaltige Energieversorgung,
- Energieszenarien - Ausgestaltung einer nachhaltigen Energieversorgung Deutschlands im europäischen und globalen Kontext,
- Handlungsempfehlungen für die Umsetzung von Strategien für eine nachhaltige Energieversorgung.
Das Arbeitsprogramm bildet die Grundlage für die Sitzungen, Anhörungen und Studien der Enquête-Kommission. Im Herbst 2000 haben wir bereits Anhörungen zu den Themen Nachhaltigkeit, Klimawandel, Ressourcenverfügbarkeit, Liberalisierung und Globalisierung durchgeführt und Studien zur Liberalisierung, zu WTO/GATT, Instrumenten, Technologien und Szenarien in Auftrag gegeben.
Der Deutsche Bundestag hat die Enquête-Kommission beauftragt, einen Zwischenbericht zu erstellen. Dabei wird die Kommission die Herausforderungen der Liberalisierung der Energiemärkte für eine effiziente und umweltfreundliche Energieversorgung darlegen und Perspektiven zur Korrektur unerwünschter Entwicklungen aufzeigen. Zur Nachhaltigkeitskonferenz der Vereinten Nationen im April 2001 (CSD IX) werden wir zudem eine Stellungnahme erarbeiten. Zielvorgabe für den Endbericht schließlich ist die Erarbeitung langfristiger Szenarien und Handlungsempfehlungen für den Bundestag, die den Weg in eine nachhaltige, zukunftsfähige Energieversorgung in Deutschland und Europa beschreiben. Zentrale Elemente werden Energieeinsparung, Energieeffizienz und erneuerbare Energien sein.
Kurt-Dieter Grill, MdB
Vorsitzender der Enquete-Kommission
"Nachhaltige Energieversorgung unter den Bedingungen
der Globalisierung und der Liberalisierung"