Europa. Der Bundestag wird voraussichtlich am 19. Oktober in erster Lesung über den Beitritt Rumäniens und Bulgariens zur Europäischen Union beraten. Die Schlussabstimmung über die Ratifizierung des Beitritts könne dann am 27. Oktober stattfinden, sagte der Vorsitzende des Europaausschusses, Matthias Wissmann (CDU), am 21. September in einer Sitzung des Gremiums mit dem rumänischen Staatspräsidenten Traian Basescu. Mit dem abschließenden Votum des Bundesrates sei für den 24. November zu rechnen, erklärte Wissmann weiter. Die SPD-Fraktion regte an zu überlegen, das parlamentarische Verfahren bereits in der kommenden Woche zu beginnen, da die Ratifizierung nach dem jetzigen Zeitplan im ungünstigsten Fall erst Mitte Dezember abgeschlossen sein könnte. Wissmann wies jedoch darauf hin, dass die EU-Kommission ihren Bericht zu den Reformfortschritten beider Länder erst am 26. September vorlege. Der "Respekt vor der Kommission" erfordere es, den Bericht seriös und mit Zeit zu diskutieren, so Wissmann.
Mit dem Bericht entscheidet die EU-Kommission, ob Rumänien und Bulgarien zum 1. Januar 2007 oder erst ein Jahr später das 26. und 27. Mitglied der Gemeinschaft werden. Rumänien wäre mit seinen rund 22 Millionen Einwohnern das zweitgrößte osteuropäische EU-Mitglied. Basescu zeigte sich im Ausschuss optimistisch, dass die EU-Kommission grünes Licht für den Beitritt seines Landes für Anfang kommenden Jahres geben werde, auch wenn noch nicht alle Bedingungen erfüllt werden könnten. Probleme gebe es im Bereich der Landwirtschaft, etwa bei der Einführung eines funktionierenden Katastersystems, und bei der Bekämpfung der Korruption. Zugleich kündigte Basescu an, Rumänien werde die Reformanstrengungen auch über den 1. Januar 2007 hinaus vorantreiben. "Rumänien ist ein Land mit Problemen, das aber eine Stufe erreicht hat, auf der es ein guter Partner in der EU sein kann", betonte der Staatspräsident.
Alle Fraktionen hoben die enormen Fortschritte hervor, die Rumänien in den vergangenen Jahren gemacht habe. Der Ausschuss gratulierten darüber hinaus Basescu, dem ehemaligen Bürgermeister von Bukarest, zur Auszeichnung mit dem Konrad-Adenauer- Preis der Stadt Köln, den er zuvor für seine Verdienste um eine demokratische Reformpolitik und die Öffnung Rumäniens nach Westeuropa erhalten hatte.
Die Unions-Fraktion hob hervor, dass Rumänien keine "Zweite-Klasse-Mitgliedschaft" erhalte, auch wenn die EU-Kommission bei einem Ja zum Beitritt möglicherweise Sicherheitsklauseln einbauen werde. Insbesondere bei der Bekämpfung der Korruption gebe es noch Nachholbedarf, so die CDU/CSU-Fraktion. Die SPD-Fraktion machte deutlich, dass sie die Zuversicht Basescus auf einen baldigen EU-Beitritt Rumäniens teile. Sie verdeutlichte zugleich, dass das südosteuropäische Land weitere Anstrengungen in den Bereichen Rechtssicherheit und Minderheitenschutz unternehmen müsse.
Die FDP-Fraktion lobte das Flat-Tax-System Rumäniens, zeigte sich jedoch besorgt über die mangelnde demokratische Kontrolle des rumänischen Geheimdienstes. Die Fraktion Die Linke erläuterte, viele Bürger beobachteten die einheitliche Niedrigsteuer in Rumänien kritisch, weil sie Steuer- und Lohndumping befürchteten. Auf die Frage der Grünen-Fraktion, ob es in Rumänien geheime Gefängnisse des amerikanischen Geheimdienstes CIA gebe, sagte Basescu: "Wir haben keine geheimen CIA-Gefängnisse." Er bekräftigte jedoch sein Festhalten an einer Achse Bukarest-London-Washington. Diese richte sich nicht gegen die EU, sondern berücksichtige die Sicherheitsinteressen Rumäniens, so Basescu.