Die Briten hatten Philadelphia besetzt; General Washingtons Kontinentalarmee lag im benachbarten Valley Forge im Winterquartier, schlecht ausgerüstet, schlecht ausgebildet und schlecht versorgt. Die Sache der aufständischen Amerikaner stand nicht gut, als im Februar 1778 jener Friedrich Wilhelm von Steuben auftauchte, der ihnen in knapp vier Monaten gleiche Schrittlänge und -geschwindigkeit und die zweigliedrige Linienaufstellung beibrachte.
Die Vertreter der amerikanischen Kolonien in Paris, Benjamin Franklins und Silas Deane, hatten ihn als "Generalleutnant im Dienste des Königs von Preußen, dem er in allen Feldzügen als Adjutant und Quartiermeistergeneral zur Verfügung stand", empfohlen. In Wirklichkeit hatte es Steuben zum "Capitain" gebracht; er hatte zwar in der Suite Friedrichs des Großen gedient - wenige Monate als Quartiermeisterleutnant -, von einem General konnte keine Rede sein.
Auch dass ihn die Begeisterung für den Freiheitswillen der Amerikaner antrieb, war übertrieben; er hatte sich bereits um eine Anstellung bei der englischen Ost-Indien-Kompanie, beim Markgrafen von Baden-Durlach, in Frankreich und in Österreich bemüht. In Valley Forge indes erwies sich Steuben als der richtige Mann zur rechten Zeit am rechten Platz.
Washington ernannte ihn zum Generalinspekteur der Kontinentalarmee im Range eines Generalmajors; seine Aufgaben waren die Vereinheitlichung der Rekrutenausbildung und die Überwachung der Ausrüstung. Steuben ließ in der Rotte, in Gliedern, in der Kompanie und im Bataillon exerzieren. Da er französisch sprach, fluchte und schrieb, mussten seine Dienst- und Exerzieranweisungen immer erst ins Englische übersetzt werden. Am Ende bildeten sie die Grundlage für Steubens Regulations-Book, das so etwas wie die Zentrale Dienstanweisung des amerikanischen Heeres wurde.
Brandt zeichnet den Lebensweg von Steubens nach, stützt sich vorwiegend auf ältere Arbeiten, die Steubens eigene Darstellung mehr oder minder kritiklos übernommen haben, bei dessen latenter Hochstapelei nicht ohne Risiko. So war schon im Katalog der Steuben-Ausstellung der Stiftung Preußischer Kulturbesitz von 1980 zu lesen, dass verschiedene Angaben des Barons dringend der Richtigstellung bedürften, da sie "den wahren Sachverhalt leider etwas aus den Augen verloren" hätten.
Brandt verzichtet auf einen Anmerkungsapparat, was für eine historische Darstellung von Nachteil ist. Hat sich Steuben wirklich gewehrt, sich als General empfehlen zu lassen? Hat er wirklich die leichte Infanterie "erfunden", wenn es anders im erwähnten Katalog der Steuben-Ausstellung heißt, dass alle europäischen Armeen des 18. Jahrhunderts leichte Infanterie eingesetzt hätten?
Armin M. Brandt: Friedrich Wilhelm von Steuben. Preußischer Offizier und amerikanischer Freiheitsheld. Mitteldeutscher Verlag, Halle 2005; 256 S., 19,- Euro