Bei der Stammzellforschung trennen sich die Meinungen der Parteien dort, wo Frühstadien von menschlichen Embryonen künstlich hergestellt werden, um aus ihnen Zell-Ersatzmaterial für einen erkrankten Menschen zu gewinnen, also beim so genannten therapeutischen Klonen. Eine solche Therapie existiert derzeit noch nicht, jedoch ist diese Klonforschung in einigen Ländern der Welt erlaubt. In Deutschland verbietet dies der Gesetzgeber durch das Embryonenschutzgesetz, das einen solchen Zellverband ab der Kernverschmelzung von Ei- und Samenzelle für nicht zerstörbar erklärt, abgeleitet aus der im Grundgesetz formulierten Unantastbarkeit der Menschenwürde. Das Stammzellimportgesetz erlaubt lediglich die Forschung an solchen Zellen aus menschlichen Embryonen, die im Ausland vor einem Stichtag bereits zerstört worden sind. Die Parteien, die sich für therapeutisches Klonen aussprechen, fordern damit eine Änderung des Embryonenschutzgesetzes, ohne dies explizit zu erwähnen.
In der Grünen Gentechnik ist die Anpflanzung gentechnisch veränderter Organismen (GVO) in der Landwirtschaft unter den Parteien strittig, jedoch als Grundsatzentscheidung bereits auf nächsthöherer Ebene in Brüssel zugunsten des Anbaus solcher Pflanzen gefallen. Die Parteien können sich nur noch inhaltlich dabei positionieren, wie diese Koexistenz beider Anbauarten zu regeln ist, also bei Abstands- und Haftungsregeln sowie bei der Kennzeichnungspflicht. Auch hier existieren erhebliche Unterschiede.
Die inhaltliche Festlegung der Parteien in der Gentechnik fällt deswegen sehr unterschiedlich aus, weil die sich aus der Anwendung ergebenden Chancen und Risiken unterschiedlich betont und je nach Werthaltung der Parteien anders beurteilt werden. Die Abschätzbarkeit und Berechenbarkeit der Folgen der angewandten Gentechnik ist nicht gegeben, sodass sie der subjektiven Beurteilung unterliegen. Dasselbe gilt für die etwaigen Heilungschancen des therapeutischen Klonens. Sie können nicht konkret benannt werden. So entsteht hier ein Wertkonflikt zwischen Schöpfungswahrung und Forschungsfreundlichkeit. Parteien entscheiden hier über die Freiheitsgrade der Forschung und die Grenzen der Forschungsfreiheit.
Die CDU/CSU lehnt die Gentechnik nicht generell ab, sondern hat als einzige Partei eine zwischen Roter und Grüner Gentechnik stark divergierende Haltung. Alle anderen Parteien argumentieren entweder in beiden Fällen forschungsfreundlich oder risikobetont. Die Mehrheit in der Union setzt also ein denkbares, aus einer wertkonservativen, religiösen Haltung ableitbares Moment der Unantastbarkeit des Gendatensatzes der Natur, der Wahrung der Schöpfung nicht ad absolutum, sondern tut dies nur beim Menschen.
Nur wenige Abgeordnete plädieren auch hier für mehr Forschungsspielraum. Dort wird jedoch in der Tat aus einer Prägung des christlichen Menschenbildes heraus gegen die Herstellung und Zerstörung von menschlichen Embryonen zu Forschungszwecken plädiert. Der CDU-Abgeordnete Hubert Hüppe, Mitglied der letzten Enquete-Kommission zu dem Thema, nennt als zentralen ethischen Einwand gegen die südkoreanischen Klonexperimente, "dass ein menschlicher Embryo durch Klonen erzeugt wird mit dem alleinigen Ziel, ihn nach einiger Zeit zur Gewinnung von Stammzellen wieder zu töten." Dies sei durch das deutsche Embryonenschutzgesetz verboten, und dabei solle es auch bleiben. Gleiches gilt auch für die Anwendung der PID-Gendiagnostik bei Embryonen. Generell lehnt die CDU Gendiagnostik jedoch nicht ab. Der einzelne, gezielte Test sei, auch aus Sicht des Datenschutzes, relativ unproblematisch. Dies gelte aber nicht mehr, wenn zahlreiche Testergebnisse zusammenkommen oder gleich prophylaktisch ein breites Screening vorgenommen wird.
Nicht die Betonung der möglichen Risiken der Technik bringt die CDU zu ihrer ablehnenden Haltung in der Medizinforschung, sondern ihr Menschenbild. Daher fällt es ihr offenbar leicht, die Chancen im pflanzlichen Bereich zu betonen. Der Risikodiskurs wird in der Partei kaum geführt. In der Landwirtschaft fordert die CDU eine forschungs- und industriefreundlichere Überarbeitung des Gentechnikgesetzes. Katherina Reiche, forschungspolitische Sprecherin der Unionsfraktion, definiert wissenschaftliche Freisetzungsversuche nicht als Inverkehrbringen. "Im Interesse der noch führenden deutschen Forschung auf einem der wichtigsten Innovationsfelder weltweit und im Interesse unserer mittelständischen Industrie brauchen wir Rahmenbedingungen, die Forschung und Anwendung Grüner Gentechnik in Deutschland möglich machen."
Die SPD ließ beide umstrittenen Gentechnikfelder Rot und Grün in ihrem Wahlmanifest bewusst offen, sodass man davon ausgehen muss, das sie sich derzeit in einem Diskussionsprozess befindet und Veränderungen in ihrer inhaltlichen Positionierung gegenüber der eigenen Politik aus der Zeit der rot-grünen Koalition auslotet. Das Meinungsspektrum fällt sehr breit aus. Während Jörg Tauss, forschungspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, noch eine mittlere Position einnimmt und das Stammzellgesetz einen "gelungenen Kompromiss zwischen einem ethisch gebotenen Embryonenschutz und der grundrechtlich garantierten Forschungsfreiheit" nennt, geht die ehemalige SPD-Forschungsministerin Edelgard Bulmahn einen Schritt weiter: "Die Frage der embryonalen Stammzellen muss unbedingt erneut diskutiert werden, wenn die Forschung so weit ist, dass Anwendungen vorliegen. Denn dann reichen die in Deutschland zugelassenen Stammzelllinien einfach nicht mehr aus. Sie eignen sich nur für die Grundlagenforschung." Aber für die Entwicklung marktfähiger Produkte auf Basis dieser Forschung sei das nicht genug. "Spätestens dann muss die Debatte wieder aufgenommen werden und zu anderen Entscheidungen führen - alles andere wäre unverantwortlich", sagt Bulmahn.
Ganz im Gegensatz zu ihr argumentiert Wolfgang Wodarg, SPD-Mitglied der letzten Enquete-Kommission "Ethik und Recht der modernen Medizin" des Deutschen Bundestages: "Die medial geschürte Euphorie über das so genannte ,therapeutische Klonen' entbehrt eigentlich jeder vernünftigen Grundlage, ist diese Technik doch in fast jeder Hinsicht mit erheblichen Problemen behaftet. So würde der Einsatz geklonter menschlicher Embryonen als Zell- und Gewebe-Quellen nach wie vor Unmengen weiblicher Eizellen erfordern. Wo sollen die eigentlich herkommen? Hier bestehen ganz reale Gefahren der Kommerzialisierung." Wodarg setzt auf die Forschung mit adulten Stammzellen, die dem lebenden Menschen entnommen werden. "Geklonte Stammzellen bergen des Weiteren so hohe Risiken für den potenziellen Empfänger, dass schon die klinische Erprobung am Menschen im Grunde gänzlich unverantwortlich wäre."
In der SPD besteht bei der Stammzellforschung ein Nebeneinander aller Argumentationsarten, der Forschungsfreundlichkeit versus Risikenbetonung, ohne dass sich die Partei bisher entschieden hat. In der Landwirtschaft plädiert die Partei für die Saatgutkennzeichnung und Ausweitung der Kennzeichnungspflicht auch auf gentechnisch veränderte tierische Produkte. Die Koexistenz zwischen gentechnikfreier Landwirtschaft und GVO-Anwendern will die SPD durch die etablierten Haftungs- und Sicherheitsanforderungen erhalten.
Die FDP tritt im Vergleich zu den anderen Parteien für eine weitestgehende Liberalisierung der Gentechnik-Gesetzgebung ein. Sie wird in der Roten Gentechnik mit der so genannten von Ethik-Kommissionen kontrovers diskutierten "Ethik des Heilens" begründet. "Unsere Forscher werden durch die Gesetzgebung von Rot-Grün, unterstützt durch Teile der Union, in ihrer Freiheit behindert", behauptet FDP-Forschungspolitikerin Ulrike Flach. "Ohne eine Änderung der deutschen Stammzellgesetzgebung verpassen wir Chancen für unser Land und für Tausende von Kranken." Die FDP fordert die Streichung des Stichtages im Stammzellimportgesetz. Die Chancen betonende Argumentation übernimmt die FDP auch für die Präimplantationsdiagnostik.
Bei der Grünen Gentechnik werden dementsprechend deren Potenziale betont, weswegen sich die Partei für einen verstärkten Einsatz in Deutschland ausgesprochen hat. Die Bundesrepublik müsse als rohstoffarmes Hochlohnland auf Innovationen setzen, schreibt die Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion für nachwachsende Rohstoffe, Christel Happach-Kasan. Seit Jahrhunderten habe der Mensch durch Selektion und Züchtung in die Natur eingegriffen und neue Sorten und Arten entwickelt. "Ich kann nicht nachvollziehen, dass das eine Verfahren als Eingriff in die Schöpfungsordnung bewertet wird und das andere nicht", meint die Biologin.
Die Linkspartei.PDS hält den Einsatz von Grüner Gentechnik für weder "notwendig noch wünschenswert" und nimmt hier eine restriktive Position ein, gegen die Aufweichung von Haftungs- und Entschädigungsansprüchen in der Landwirtschaft. Eine religiös geprägte Argumentation findet sich dort nicht. Diese ablehnende Haltung in den umstrittenen Bereichen der Gentechnik hält die Linkspartei konsequent durch, auch wenn erkennbar ist, dass in der Partei noch wenig darüber diskutiert wurde. Anders als bei den Grünen, die dies als eines ihrer Kernthemen betrachten und dazu inhaltlich ausführlich arbeiten und diskutieren. Im Ergebnis sind sie mit der Linkspartei vergleichbar. Sie konzentrieren sich auf die Technikfolgenabschätzung und bewerten die Risiken hoch. Der Schutz der gentechnikfreien Produktion in der Landwirtschaft wird als Ziel definiert. Der Gedanke der Schöpfungswahrung, die Unantastbarkeit menschlichen Lebens in frühesten Formen, teilweise auch mit religiöser Argumentation, führt zur Ablehnung von Techniken des "therapeutischen Klonens" oder der Präimplantationsdiagnostik.