Nach der Fußball WM 2006 wurde Nationaltrainer Jürgen Klinsmann mit Lob überschüttet: erfolgsorientiert, innovativ und zielstrebig habe er Deutschland Mut und neues Selbstbewusstsein gegeben, hieß es. Einen solchen "Klinsmann-Effekt" wünscht sich auch der bekennende Fußballfan EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso für die deutsche Präsidentschaft 2007. Offensichtlich setzt nicht nur Barroso viele Hoffnungen auf die "spielmacherischen Qualitäten" von Bundeskanzlerin Angela Merkel. Als größte Herausforderungen auf dem europäischen Spielfeld nannte Barroso die Lösung der Verfassungsfrage und Fortschritte bei der Lissabon-Agenda für mehr Wachstum und Beschäftigung. Daneben stehen die Frage der Energiesicherheit und zukünftigen Energieversorgung, der Klimawandel und eine bessere Rechtssetzung auf der Agenda der kommenden sechs Monate, die der EU-Kommissionspräsident den Abgeordneten des Ausschusses vorstellte. "Wir werden alles tun, damit die Bürgerinnen und Bürger erkennen, welche Vorteile ihnen Europa bringt."
Einer könnte sein, dass Europas Bürgern nicht irgendwann das Licht ausgeht. Denn 55 Jahre nach Gründung Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) scheint die Energiefrage erneut zu einer "Triebkraft" für die Europäische Einigung zu werden. Für den 10. Januar 2007 kündigte Barros eine strategische Energiebilanz an. Die deutsche Ratspräsidentschaft werde darauf aufbauend einen Aktionsplan für Energie erarbeiten, der auf dem Frühjahrsgipfel beraten werden solle. "Wenn wir unsere drei Ziele im Energiebereich erreichen wollen - Sicherheit, Wettbewerbsfähigkeit und Nachhaltigkeit - brauchen wir einen gemeinsamen Binnenmarkt für Energie", so Barroso.
Die zukünftigen Fragen der EU wurden jedoch in dieser Sitzung von der politischen Gegenwart überlagert. Einen Tag vor der Sitzung des Europaauschusses hatte die EU-Kommission Empfehlungen für den weiteren Umgang mit der Türkei vorgelegt. Danach sollen bei den Beitrittsverhandlungen acht Kapitel in Kernbereichen wie zum Beispiel der Landwirtschaft gar nicht erst aufgenommen werden, solange die Türkei weiterhin ihre Häfen nicht für Schiffe aus Zypern öffnet. "Es ist vernünftig, rational und so kann man bei diesem schwierigen Thema vorwärts gehen", sagte Barroso. Vertreter der Union erklärten hingegen, dass sie sich in der Türkeifrage ein klareres Signal gewünscht hätten. "Der Ball liegt im Spielfeld der Türkei", hieß es. Zustimmung zur Entscheidung gegenüber der Türkei signalisierten Sozialdemokraten, FDP und Bündnis 90/Die Grünen. Die Linksfraktion kritisierte in der Aussprache mit dem Kommissionspräsidenten eine einseitige Parteinahme gegen die Türkei. Die EU müsse beide Seiten, also auch Zypern, zur Pflicht rufen. Das Thema Türkei dürfte daher auch während der deutschen Präsidentschaft nicht vom Tisch sein. Bevor es am 1. Januar 2007 für die deutsche Regierung ernst wird, versuchte Barroso, wie ein guter Trainer vor dem Spiel, der deutschen Mannschaft im Europaausschuss noch einmal Mut zuzusprechen: "Es wäre nicht fair, alles auf die Schultern der deutschen Präsidentschaft zu legen", so Barroso, "wir müssen das als Team machen".