Die Bundesregierung will während ihrer EU-Ratspräsidentschaft im ersten Halbjahr 2007 Menschenrechtspolitik zu einem ihrer Schwerpunkte machen. In der Debatte zum Tag der Menschenrechte am 10. Dezember forderten deshalb alle Parlamentarier mehr Einsatz der Bundesregierung auf diesem Gebiet.
Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) betonte, gegen "Diskriminierungen jeglicher Art" müsse entschieden vorgegangen werden. Er stimmte damit einem Antrag von CDU/CSU und SPD zu, in dem die Regierung aufgefordert wird, sich für eine bessere Menschenrechtspolitik der Europäischen Union einzusetzen. Eine Zusammenarbeit mit anderen Ländern sei auch auf außereuropäischer Ebene notwendig. "Bei der jetzigen Arbeit im Menschenrechtsrat zeigt sich, wieviel Überzeugungsarbeit wir für unser Verständnis von Menschenrechten noch leisten müssen." Er spielte damit auf den gescheiterten Versuch der EU-Länder vom 28. November im Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen an, eine Verurteilung der sudanesischen Regierung wegen der Menschenrechtsverletzungen in Darfur durchzusetzen. Eine Gruppe von Staaten, die die westliche Sicht von Menschenrechten nicht teile, entwickle ein zunehmendes Selbstbewusstsein. Die europäischen Staaten müssten deshalb eine geschlossenere Haltung entwick-eln.
Die Bedenken des Bundestages gegen die europäische Grundrechteagentur, die am 1. Januar 2007 in Wien ihre Arbeit aufnehmen und die Europäische Stelle zur Beobachtung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit ersetzen soll, nehme er ernst, so Steinmeier. "Die Grundrechteagentur soll den Europarat sinnvoll ergänzen, aber ihn in seinen Zuständigkeiten nicht verdoppeln". Bisher ist der Rat schwerpunktmäßig für Menschenrechte in der Europäischen Union zuständig. Die FDP hatte sich in einem Antrag gegen die Agentur ausgesprochen, weil sie befürchtet, dadurch entstehe mehr Bürokratie und werde zu viel Geld verschwendet. Bündnis 90/Die Grünen hatten in einem Antrag die Agentur befürwortet, aber auch gefordert, dass sie nicht in Konkurrenz zum Europarat tritt.
"Die Bundesregierung muss endlich Schwerpunkte in der Menschenrechtspolitik setzen", forderte der menschenrechtspolitische Sprecher der FDP, Florian Toncar. Der Aussage Steinmeiers, die EU müsse beim Ausbau einer strategischen Partnerschaft mit Russland auch auf Menschenrechte und Demokratie achten, fügte er hinzu, der russische Staatspräsident Wladimir Putin tue alles, um Ansätze von Rechtstaatlichkeit zu verhindern. "Es ist unbestreitbar, dass kritische Geister in Russland offenkundig nicht sicher sind", sagte er mit Blick auf den Tod des ehemaligen russischen Agenten Alexander Litwinenko.
Erika Steinbach (CDU) verteidigte einen Antrag der Koalitionsfraktionen, der die Bundesregierung auffordert, insbesondere gegen die Verfolgung von Christen vorzugehen. In vielen muslimischen Staaten, aber auch in China und Nordkorea würden Christen verfolgt und unterdrückt. Hüseyin-Kenan Aydin von der Linken war empört über den für ihn einseitigen Schwerpunkt. "Es ist schon erstaunlich, mit welcher Unverblümtheit die Koalition bei der Religionsfreiheit zweierlei Maß anlegt." Die Verfolgung der Falun-Gong-Sekte in China sei ihr nur einen Satz wert gewesen, wogegen Christen in den Vordergrund gerückt würden. Die Grünen hatten einen eigenen Antrag eingebracht, in der sie die Regierung auffordern, sich allgemein für die Glaubensfreiheit einzusetzen. "Wir dürfen das nicht nur auf Christen fokussieren", sagte Volker Beck von Bündnis90/Die Grünen. Auf die Forderung Steinbachs, in öffentlichen Gebäuden wieder das Kreuz als religiöses Symbol einzuführen, antwortete er, wer das Christuskreuz akzeptiere, der müsse auch das Kopftuch für muslimische Frauen zulassen.