BISCHÖFE UND FRAKTIONEN FORDERN KONDITIONIERTEN SCHULDENERLASS
Bonn: (hib) en- Die Ende der Woche beim Wirtschaftsgipfel in Köln versammelten Staats- und Regierungschefs sollen schnell und umfassend dafür Sorge tragen, daß die Schulden armer Länder reduziert oder gänzlich erlassen werden und gerechte Beziehungen zwischen den Völkern wiederhergestellt werden. Das forderten die 16 katholischen Kardinäle und Bischöfe aus Ländern Afrikas, Amerikas, Asiens und Europas in Übereinstimmung mit den Fraktionsvertretern des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, deren Gäste sie am Monatg abend waren. In Anlehnung an die ethischen Leitlinien der katholischen Soziallehre und mit Hinweis auf die biblische Tradition des Erlaßjahres sprachen die Kirchenvertreter Empfehlungen aus, die darauf abzielen, in den Schuldnerländern wirkliche menschliche Entwicklung zu ermöglichen, anstatt sie nur in die Lage zu versetzen, den Schuldendienst zu leisten. Die Streichung von Auslandsschulden der armen Länder sei ein erster und unabdingbarer Schritt zur vollständigen Überwindung von Armut. Dies allein reiche jedoch nicht aus. Alle Regierungen, sowohl die der Länder des Nordens als auch die des Südens müßten sich dem Ziel verpflichten, "der Schande der Armut der Menschen ein Ende zu setzen". Damit die Schuldenerlasse tatsächlich den Armen zugute kommen, müsse die Befriedigung der Grundbedürfnisse der Menschen gegenüber der Rückzahlung von Schulden vorrangig sein. Entscheidend sei, so die Bischöfe, die durch Schuldenstreichung freiwerdenden Mittel zu nutzen, um die Situation der Armen zu verbessern und eine nachhaltige Entwicklung zu fördern. Arme Länder, die sich dieser Aufgabe verpflichtet zeigen, seien bevorzugt zu behandeln.
In ihren "Empfehlungen" fordern die Kardinäle und Bischöfe zudem, Schuldenerleichterungen umfassender und schneller zu gewähren und einer größtmöglichen Zahl von Ländern anzubieten. Alle bisherigen Schritte reichten nicht aus, um die Schuldenlast dauerhaft auf ein tragbares Niveau zu reduzieren. Transparenz und Partizipation der Bürger müßten Bestandteil aller Vereinbarungen eines Schuldenerlasses oder zukünftiger Gewährung von Darlehen sein. Nur so würden Schuldnerregierungen gegenüber der eigenen Bevölkerung rechenschaftspflichtig. Nach Auffassung der Kirchenvertreter muß das Paket der gegenwärtigen Strukturanpassungsprogramme "tiefgreifend" reformiert und die standardisierte Auflagenpolitik der internationalen Finanzinstitutionen so geändert werden, daß sie Maßnahmen der kurzfristigen Armutsbekämpfung und des Umweltschutzes sowie transparente und partizipatorische Entscheidungsprozesse einschließt. An verschiedenen Beispielen legten die Bischöfe dar, daß Zinszahlungen für die vor allem in den 1980er Jahren aufgenommenen Kredite bereits das Vielfache der Kredite selbst ausmachten, ohne daß der Kredit selbst auch nur ansatzweise abbezahlt sei. In Übereinstimmung mit dem Ausschuß betonten sie deshalb die Notwendigkeit, die Entwicklungsländer aus dieser "Schuldenfalle" zu befreien und bei der zukünftigen Finanzkooperation darauf zu achten, eine solche nicht mehr entstehen zu lassen. Abgeordnete und Bischöfe hoben gleichermaßen hervor, die Verschuldensproblematik sei nicht nur eine wirtschaftliche, sondern eine "fundamental ethische" Frage, bei der es nicht um mildtätige Nächstenliebe sondern um Gerechtigkeit gehe. Einig war man sich auch in der Frage der Konditionierung des Schuldenerlasses. In den Ländern des Südens, aber auch des Nordens, müsse aktiv gegen Korruption vorgegangen werden, in den Gläubigerländern sei die Zivilgesellschaft ausreichend aufzubauen und zu stärken und die jeweiligen Regierungen seien an ihrer "good governance" zu messen. Man wolle schließlich keine Diktatoren durch Schuldenerlaß entlasten, so die Abgeordneten. Abschließend verwiesen die Kirchenvertreter auf das Ziel, im Nord-Süd-Dialog von Bedingungen wegzukommen und diese durch partnerschaftliche Zusammenarbeit zu ersetzen, wobei auch den Nichtregierungsorganisationen eine wichtige Rolle zukomme.