Experten bewerten Pläne zur Verbesserung der Lage von Gewaltopfern positiv
Berlin: (hib/TGS) Überwiegend positiv bewertet haben Sachverständige das Vorhaben der Bundesregierung, die Lage von Gewaltopfern im häuslichen Umfeld zu verbessern. Das geht aus den schriftlichen Stellungnahmen zu einem Gesetzentwurf ( 14/5429) der Regierung anlässlich einer Anhörung des Rechtsausschusses hervor, die am Mittwochmittag begonnen hat. In einzelnen Punkten sehen die Experten aber dennoch Defizite. So weist Thomas Mörsberger vom Deutschen Institut für Jugendhilfe und Familienrecht in Heidelberg auf die Gefährdung von Kindern und Jugendlichen durch innerfamiliäre Gewalttätigkeiten hin. Das vorliegende Gesetz gehe auf diesen Punkt nicht hinreichend ein. Für nicht umfassend abgedeckt hält die Leiterin des Frauenhauses Eggesin, Petra Raddant, den Schutz von Frauen vor den Folgen psychischer Gewalt. Wenn einer Frau ihr Selbstbestimmungsrecht auf freie Entfaltung vorenthalten würde, so schließe der Gesetzestext diesen Aspekt nicht mit ein. Gleiches gelte, wenn die Handlungsfähigkeit der Frau durch psychische Gewalt beeinträchtigt würde. Als Beispiel nennt Raddant etwa "Terror" durch zeitweisen Kindesentzug oder übles Nachreden.
Im Hinblick auf die Zuweisung einer Wohnung im Falle von Auseinandersetzungen in dauerhaften häuslichen Gemeinschaften befürworten die Experten Veränderungen zu Gunsten des Opfers. Dabei stimmen sie der Auffassung zu, dass der Tatbestand der "schweren Härte" eine zu hohe Schwelle für Interventionen darstellt. Einig waren sich die Sachverständigen auch, dass diese Generalklausel vor Gericht sehr unterschiedlich ausgelegt werde. Hanspeter Heine, Rechtsanwalt beim Interessenverband Unterhalt und Familienrecht in München, bezweifelt jedoch, dass mit der Änderung in "unbillige Härte" mehr Rechtsklarheit geschaffen würde. In dem Zusammenhang ist von "kaum mehr als einem sprachlichen Glasperlenspiel" die Rede. Wird in das alleinige Eigentum desjenigen eingegriffen, der Gewalt ausübt, so fordert Dieter Bäumel, Direktor des Amtsgerichts Hainichen in Radebeul, einen Gedanken des Ausgleichs für den Täter.
Einen "unangemessen propagandistischen Beigeschmack" habe es, dass längst überfällige Änderungen im Zivilrecht den "hochtrabenden Titel" Gewaltschutzgesetz erhalten, kritisiert Dagmar Oberlies vom Deutschen Juristinnenbund in Bonn. Das vorgelegte Gesetz schütze weder vor noch nach Gewalt und sollte sich lediglich als Initiative bezeichnen. "Irritierend und verräterisch" findet sie, von "unzumutbarer Belästigung" im Falle von Nachstellungen oder Belästigungen einer Person zu sprechen. Es gebe keine zumutbare Belästigung, so die Expertin. Für "grob falsch" hält Michael Bock von der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz die Behauptung, fast ausschließlich Männer übten häusliche Gewalt aus. Das Gewaltschutzgesetz gehe von einem Feindbild "Mann" aus, das einer wissenschaftlichen Überprüfung nicht Stand halte. Bock empfiehlt, den Gesetzentwurf insgesamt abzulehnen.