Schuldnerberatungsstellen begrüßen Erhöhung der Pfändungsfreigrenzen
Berlin: (hib/BOB) Als einen "wichtigen Schritt", insbesondere von Überschuldung betroffenen Verbrauchern dauerhaft das Existenzminimum zu sichern, hat am Montagnachmittag die Bundesarbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung. die Absicht der Bundesregierung bezeichnet, die Pfändungsfreigrenzen zu erhöhen. Die Regierung hatte dazu einen Gesetzentwurf ( 14/6812) vorgelegt. Der Vertreter der Arbeitsgemeinschaft, Werner Sanio, erklärte in einer öffentlichen Anhörung des Rechtsausschusses, die Initiative sei geeignet, "Versäumnisse des letzten Jahrzehnts" zu korrigieren. Die Pfändungsfreigrenzen lägen inzwischen weit unter dem sozialhilferechtlichen Existenzminimum. Im selben Zeitraum seien die Lebenshaltungskosten erheblich angestiegen. Die nunmehr vorgesehene Anhebung des pfändungsfreien Betrages auf mehr als 1.800 DM für Alleinstehende ohne Unterhaltspflicht und knapp 2.500 DM für Personen mit einer Unterhaltspflicht trage dazu bei, diesem Zustand abzuhelfen, ohne ihn jedoch ganz beseitigen zu können. Mit der ebenfalls vorgesehenen jährlichen Anpassung der Pfändungsfreigrenzen ist der Arbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung zufolge zu erwarten, dass Überschuldeten nunmehr dauerhaft Anreize geboten würden, einer sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit nachzugehen. Die gleiche Auffassung vertrat in der Anhörung auch Andrea Günther von der Landesarbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung Sachsen. Sie plädierte zudem dafür, durch eine gesetzliche Regelung einen Rechtsanspruch auf Fortführung eines Guthabenkontos auch bei andauernder Kontopfändung zu begründen. Günther begründete diesen Vorschlag damit, viele Gläubiger würden eine Kontopfändung zunehmend als Möglichkeit erkennen, trotz objektiv nicht vorhandener pfändbarer Einkommens- bzw. Vermögensanteile, Teile dieser Gelder doch erhalten zu können.
Grundsätzlich positiv auf die Novelle reagierte auch Professor Dieter Zimmermann von der Evangelischen Fachhochschule Darmstadt. Dem Experten zufolge ist allerdings die neue Pfändungstabelle als "gerade noch eben angemessen" einzustufen. Lediglich für Alleinstehende ergebe sich eine gewisse Besserstellung. Bereits bei Ehepaaren, vor allem aber bei mehreren gesetzlichen Unterhaltspflichten, bleibe die Summe aus neuer Pfändungsfreigrenze und dem gesamten Kindergeld hinter dem bundesweit gültigen Existenzminimum zurück. Ähnlich argumentierte auch Hugo Grote, Rechtsanwalt aus Köln. Der vom Gesetzgeber vorgesehene Pfändungsfreibetrag für alleinstehende Schuldner "reiche weitgehend aus". "Moderat angehoben" werden müssten aber die Freibeträge für die Familienangehörigen.
Für den Zentralverband des Deutschen Handwerks bestritt auch Klaus Schmitz nicht, eine Anhebung der Freibeträge sei notwendig. Die Absicht, diese künftig jährlich pauschal zu erhöhen, sollte allerdings überprüft werden. Zu überlegen sei eine Differenzierung nach einzelnen Ländern, die sich beispielsweise an den Sozialhilfesätzen orientiere, wie dies auch der Bundesrat vorgeschlagen habe. Ganz gegen den Gesetzentwurf sprach sich bei der Anhörung Anton Braun, Hauptgeschäftsführer der Bundesrechtsanwaltskammer, aus. Seines Erachtens werden die Freigrenzen zu stark angehoben und die Interessen der Gläubiger nicht ausreichend berücksichtigt. Die Überlegung, dass durch Anhebung der Pfändungsfreigrenzen der Schuldner einen Arbeitsanreiz erhalten solle, könne für sich allein nicht ausreichend sein, die Gläubigerinteressen in dieser Weise zu vernachlässigen. Braun wies auch darauf hin, wer die Pfändungsfreigrenzen anhebe, riskiere, dass Schuldner künftig weniger kreditfähig seien als bislang.