Rot-Grün will Arbeit des Visa-Untersuchungsausschusses beenden
Berlin: (hib/CHE) Der Visa-Untersuchungsausschuss steht möglicherweise vor dem Aus. Mit ihrer Stimmenmehrheit beschlossen die Fraktionen von SPD und Grünen in einer nichtöffentlichen Sitzung am Donnerstagvormittag ein Ende der Beweisaufnahme. Sie begründeten ihren Antrag damit, rechtzeitig vor den angestrebten vorgezogenen Neuwahlen im September einen Sachstandsbericht vorlegen zu müssen. "Wir müssen bis September fertig werden, wenn es Neuwahlen gibt", sagte der Obmann der Grünen, Jerzy Montag, im Anschluss an die Sitzung. Die Vertreter der Union und der FDP, die gegen das Ansinnen votiert hatten, streben nun eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht an. Bis Anfang nächster Woche wolle man mit einer einstweiligen Anordnung eine Fortsetzung der Beweisaufnahme erreichen, kündigte CDU-Obmann Eckart von Klaeden an. Beide Fraktionen sehen durch den Vorstoß ihre Minderheitenrechte missachtet. Von Klaeden bezeichnete das Vorgehen der Koalition als "billige Ausrede". Dahinter stecke vielmehr ein politisches Interesse. Ziel sei es, die geplante Vernehmung von Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) am 8. Juli zu verhindern. Von Klaeden stellte fest: "Mit etwas Fleiß kann die Arbeit des Untersuchungsausschusses auch ohne Unterbrechung der Beweisaufnahme bis zum September beendet werden." Olaf Scholz, für die SPD als Obmann im Ausschuss vertreten, betonte dagegen: "Wir haben eine klare Botschaft: Wenn wir einen Sachstandsbericht erstellen wollen, müssen wir jetzt beginnen."
In der anschließenden öffentlichen Sitzung berichtete der heutige Botschafter auf den Philippinen, Axel Weishaupt, von seiner Arbeit als Sonderinspektor des Auswärtigen Amtes (AA) in den Jahren 1999 bis 2001. Auf seinen Inspektionsreisen habe er unter anderem auch die Botschaft in Kiew besucht. Dort sei er auch er mit dem Problem des Massenandrangs nach deutschen Visa konfrontiert worden. Eine Schlange von über 1.000 Menschen, die täglich auf die Bearbeitung ihrer Anträge warteten, sei ein normaler Zustand in der ukrainischen Hauptstadt gewesen, sagte Weishaupt. Auch hätten sich die Mitarbeiter der Botschaft beschwert, aufgrund der Erlasslage des AA die Anträge nicht mehr ausreichend prüfen zu können. Als einen Grund nannte Weishaupt die Regelung bezüglich des Carnet de Touriste, bei dessen Vorlage die Antragsteller keine weiteren Unterlagen vorzeigen mussten. "Man hatte das Gefühl, dass die meisten Mitarbeiter dieses widerwillig tun, weil sie es für falsch halten", beschrieb der Botschafter die Stimmung unter den Mitarbeitern. Mit verantwortlich für eine schlechte Atmosphäre sei ferner gewesen, dass die Zentrale des AA in Berlin "jegliche Vorschläge" der Mitarbeiter zur Einführung strengerer Kontrollen ignoriert habe: "Aus Kiew kam zum Beispiel die Idee, dass die Antragsteller zumindest eine bestätigte und bezahlte Hotelbuchung vorlegen sollten, um Missbrauch zumindest einzuschränken. Dies hat das Auswärtige Amt aber mit Hinweis auf die Erlasslage abgelehnt." Weishaupt charakterisiert die Haltung des AA auf die Beschwerden der Mitarbeiter und auf seine eigenen mehrmaligen Warnungen und Hinweise so: "Ich wurde als "weltfremd" bezeichnet und mit einem Lächeln abgebügelt."