Sachverständigenrat: Privaten Haushalten wird spürbar Kaufkraft entzogen
Berlin: (hib/BOB) Die "dämpfenden Effekte" hoher Energiepreise und die damit verbundenen Preissteigerungen entziehen den privaten Haushalten spürbar Kaufkraft. Dies gilt umso mehr, als anders als in den Vorjahren bei der Einkommensteuer keine Entlastungen mehr anstehen. Die Realeinkommen werden daher auch im nächsten Jahr sinken, und die privaten Konsumausgaben gehen um 0,2 Prozent zurück. Zu diesem Ergebnis kommt der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung in seinem Jahresgutachten ( 16/65). Die Wirkungen der Energieverteuerung werden sich nach Ansicht des Sachverständigenrates sich auch im kommenden Jahr verstärkt in der weltwirtschaftlichen Entwicklung niederschlagen. Die sich abzeichnenden Preisanstiege würden geldpolitische Reaktionen in Form leichter Zinsanhebungen nach sich ziehen. In Deutschland steigt nach Berechnungen der Gutachter das Bruttoinlandsprodukt im nächsten Jahr um ein Prozent. Wegen eines statistischen Überhangs von 0,4 Prozentpunkten werde die konjunkturelle Entwicklung im nächsten Jahr "somit bestenfalls das Tempo des laufenden Jahres erreichen".
Die Erwerbstätigkeit werde mit einer Zuwachsrate von rund 0,4 Prozent im Jahr 2006 etwas stärker zunehmen als im laufenden Jahr. Die Zahl der Selbstständigen werde aufgrund des Auslaufens des Existenzgründungszuschusses für die Ich-AG, der damit einhergehenden verringerten Förderung der Selbstständigkeit und der Zunahme an Geschäftsaufgaben bei den Ich-AGs deutlich schwächer zunehmen. Für das kommende Jahr zeichnet sich laut Sachverständigenrat allerdings eine leichte Besserung der Lage der öffentlichen Haushalte ab. Zur Begründung führt er an, dass keine neuerlichen Einnahmeverluste durch eine Senkung des Einkommensteuertarifs entstehen.
Der Sachverständigenrat hat im Übrigen angesichts der nach wie vor hohen Arbeitslosigkeit und der prekären Lage der öffentlichen Finanzen der Bundesregierung eine "Paketlösung" vorgeschlagen. Er regt an, die föderale Struktur zu reformieren. Worauf es ankomme, seien sowohl eine Entflechtung der Einnahmen und Ausgaben von Bund und Ländern als auch ein Länderfinanzausgleich, der stärkere Anreize zu einer Förderung der regionalen Wirtschaftskraft setzt. Auf dem Arbeitsmarkt schlägt er vor, den erkennbaren Anpassungsdruck gleichmäßiger auf alle Beschäftigten zu verteilen und den Arbeitsmarkt in der Breite zu flexibilisieren. Im Bereich der Sozialversicherung müssten Vorschläge für neue Finanzierungsformen, die die Beitragszahler von der Finanzierung versicherungsfremder Elemente entlasten und so den "beschäftigungsfeindlichen Abgabenkeil" reduzieren, geprüft werden. Das Volumen versicherungsfremder Leistungen belaufe sich derzeit auf über 65 Milliarden Euro. Weitere Vorschläge des Sachverständigenrates sind eine Unternehmenssteuerreform und Anregungen zur Modernisierung der Finanzmärkte. Auf die Große Koalition aus CDU/CSU und SPD setzen die Sachverständigen dabei durchaus gewisse Hoffnungen: Sie könne eine "gute Basis für mutige und umfassende Politikmaßnahmen" und die Fortsetzung des von Rot-Grün eingeschlagenen Reformkurses sein.