Umsetzung der EU-Transparenzrichtlinie unter Experten umstritten
Berlin: (hib/HAU) Unterschiedlich bewerten Experten den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Umsetzung der EU-Transparenzrichtlinie ( 16/2498). Das wurde während einer öffentlichen Anhörung im Finanzausschuss am Mittwochvormittag deutlich. Ziel des Entwurfs ist es, die Transparenz am Kapitalmarkt zu verbessern, um Anlegern ausreichende Grundlagen für die Investitionsentscheidungen zur Verfügung zu stellen. Dazu soll unter anderem die Meldeschwelle für erworbene Stimmrechte an börsennotierten Unternehmen auf drei Prozent abgesenkt werden. Des Weiteren ist eine prüferische Durchsicht von Halbjahresberichten vorgesehen, ebenso wie die Ausweitung der Prüfbefugnisse der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen (BaFin).
Der Zentrale Kreditausschuss der deutschen Banken (ZKA) lehnte den Entwurf ab. Man habe immer für eine "eins zu eins" Umsetzung plädiert, doch der Gesetzgeber sei zum wiederholten Male über das europarechtlich Notwendige hinausgegangen. Dies könne zu gravierenden Wettbewerbsnachteilen für deutsche Emittenten führen. Mit der vorgesehen Absenkung der Meldeschwelle auf drei, statt der vorgegebenen fünf Prozent, isoliere man sich in Europa, kritisierte der ZKA. Auch der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) befürchtet negative Auswirkungen auf den deutschen Kapitalmarkt. Das Kosten-Nutzen-Verhältnis der weitergehenden Regelungen sei nicht akzeptabel und trage auch keineswegs zu der immer wieder geforderten Entbürokratisierung bei. Von einer Isolation könne keine Rede sein, hieß es dagegen von Seiten der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger. In Großbritannien, dem wichtigsten europäischen Kapitalmarkt, gebe es ebenfalls eine Meldeschwelle von drei Prozent, in Italien liege diese sogar bei zwei Prozent. Auch die Gruppe Deutsche Börse steht der vorgesehenen Absenkung positiv gegenüber. Allerdings sehe man an anderer Stelle durchaus die Gefahr einer Beeinträchtigung der Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Finanzplatzes. So führe die geplante prüferische Durchsicht von Halbjahresberichten zu deutlich höheren Kosten für die Unternehmen. Eine tatsächliche Verbesserung der Unternehmenstransparenz im Sinne des Anlegerschutzes werde damit hingegen nicht erreicht.
Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) sprach sich nachdrücklich für eine "eins zu eins" Umsetzung der Richtlinie aus. Der vorliegende Entwurf sehe zahlreiche neue Pflichten für Unternehmen vor, die nicht zwingend vorgegeben seien. Auch sei die Ausweitung der Prüfbefugnisse der BaFin nicht zielführend. Der BDI forderte außerdem umfassende Übergangsvorschriften, um den Unternehmen die notwendige Rechtssicherheit zu bieten. Dem schloss sich die Porsche AG an. Es sei nicht nachvollziehbar, warum die Bundesregierung bei der Umsetzung über die Anforderungen der Richtlinie hinausgehe und damit die Unternehmen mit zusätzlichen Maßnahmen belaste. Insbesondere die Prüfung des Halbjahresberichts sowie die vorgesehene Ablegung des Bilanzeides der gesetzlichen Vertreter von Kapitalgesellschaften ohne Wissensvorbehalt schaffe Wettbewerbsnachteile für deutsche Unternehmen. Professor Peter Mülbert von der Universität Mainz begrüßte hingegen die Grundkonzeption des Regierungsentwurfes. Insbesondere gelte dies für den Ansatz, die Richtlinie "eins zu eins" umzusetzen. Allerdings forderte auch er einen Verzicht auf die zwingende Prüfung des Halbjahresfinanzberichts. Der dafür erforderliche Zeitaufwand sei "sachlich nicht angemessen".