Experten wollen Abbau von Steuervergünstigungen bei Biokraftstoffen mildern
Berlin: (hib/VOM) Der Entwurf der Bundesregierung für ein Biokraftstoffquotengesetz ( 16/2709) stößt nicht auf die ungeteilte Zustimmung der Sachverständigen, die der Finanzausschuss am heutigen Mittwoch zu einer öffentlichen Anhörung eingeladen hat. Die Expertenrunde beginnt um 16.15 Uhr im Saal 3.101 des Marie-Elisabeth-Lüders-Hauses. Vorgesehen ist, zum 1. Januar 2007 eine Quote für die Mindestbeimischung von Biokraftstoffen zu Benzin und Diesel einzuführen. Der Mindestanteil an der Gesamtmenge des in den Handel gebrachten Benzins und Diesels soll 2009 5,7 Prozent und vom Jahr 2010 sechs Prozent betragen. Bei Diesel soll sich der Biokraftstoffanteil auf mindestens 4,4 Prozent belaufen, bei Benzin in den Jahren 2007 bis 2009 mindestens zwei Prozent und vom Jahr 2010 an mindestens drei Prozent. Biokraftstoffe, die unter die Quote fallen, sollen künftig nicht mehr steuerlich begünstigt werden. Lediglich die Begünstigung für reine Biokraftstoffe, die nicht zur Erfüllung der Quote eingesetzt werden, solle weitergelten. Steuerfrei bleiben sollen auch in der Landwirtschaft eingesetzte reine Biokraftstoffe.
Der Deutsche Bauernverband begrüßt in seiner schriftlichen Stellungnahme die Einführung der Quote, fordert aber, dass die Steuersätze nach 2009 nicht mehr erhöht werden. Darüber hinaus wird verlangt, der Land- und Forstwirtschaft den steuerfreien Zugang zu Biokraftstoffen zu ermöglichen. Durch die geplante nachträgliche Rückerstattung der Steuern auf Biokraftstoffe entstünden den Landwirten Nachteile, weil sie mit Zins- und Liquiditätsverlusten in Vorleistung treten müssten. Der Verband der Deutschen Biokraftstoffindustrie tritt dafür ein, die Steuerbegünstigung für Biodiesel auf Basis tierischer und recycelter Fette und Öle sowie deren Anrechung auf die Quote zu erhalten. Um sinnvoll zu sein, müssten Sanktionszahlungen wegen Nichteinhaltens der Quote höher sein als die Kosten der Beimischung. Der Verband hält 75 Cent für jeden Liter nicht eingesetzten Biodiesels für angemessen. Die geplante stufenweise Abbau der steuerlichen Förderung von Biodiesel ohne die Möglichkeit, die Steuersätze an die Marktentwicklung anzupassen, wird nach Auffassung des Verbandes dazu führen, dass der Absatzmarkt ab 2008/2009 nicht mehr wettbewerbsfähig ist und die Mengen anderweitig abgesetzt werden müssen. Ziel müsse es sein, den Beimischungsanteil von Biokraftstoffen im Treibstoff auf zehn Prozent zu erhöhen.
Der Verfassungsrechtler Professor Rupert Scholz hält die Einführung einer Quote für unbedenklich, doch sollte sie seiner Auffassung nach nicht an die Energiesteuerpflicht anknüpfen. Während die Steuerpflicht eine reine Zahlungspflicht sei, sei die Quotenverpflichtung eine Handlungspflicht. Beide Regelungssysteme seien nicht kompatibel. Der Mineralölwirtschaftsverband schlägt unter anderem vor, die Quote für Benzin im Jahr 2007 von jetzt zwei Prozent auf 1,14 Prozent zu senken und die Differenz von 0,86 Prozent 2009 "nachzuholen". Dieser Zeitraum sei für eine "kosteneffiziente Umsetzung" erforderlich. Ebenso müsse klargestellt werden, dass die als besonders förderungswürdig definierten Biokraftstoffe der "zweiten Generation" eine volle Steuerbegünstigung erhalten und auf die Quotenerfüllung angerechnet werden. Der Bundesverband Bioenergie kritisiert in seiner Stellungnahme, dass die vorgesehenen Steuersätze für Biodiesel und Pflanzenöl eine Wettbewerbsfähigkeit bereits ab 2008 nicht mehr ermöglichten. Sie sollten daher anhand einer regelmäßigen Prüfung, ob eine Überförderung, vorliegt, angepasst werden. Die Einführung einer Quote von 4,4 Prozent bei Biodiesel bedeute, dass sich die "Steuerlast" je Liter Biodiesel oder Pflanzenöl für Hersteller reiner Biokraftstoffe um etwa 2,3 Cent erhöhen und damit deren Wettbewerbsfähigkeit belasten würde. Der Verband der Elektrizitätswirtschaft verlangt, dass im Sinne einer Gleichbehandlung aller Energieerzeugnisse auch bei der Verwendung von Kohle durch die Industrie ein ermäßigter Steuersatz angewendet wird. Ebenso tritt die Wirtschaftsvereinigung Stahl für Erleichterungen bei der Kohlebesteuerung ein, um den Verwaltungsaufwand zu verringern.
Der Allgemeine Deutsche Automobilclub (ADAC) lehnt die Quotenlösung "entschieden" ab. Die Praxis der freiwilligen Beimischung von Biokraftstoffen habe sich bestens bewährt und zu steigenden Marktanteilen geführt. Vor allem spricht sich der ADAC dagegen aus, den Steuersatz für beigemischte Bestandteile ab 2007 zu erhöhen.