Die Geschichte
Gut zehn Jahre hat es gebraucht von der städtebaulichen Entscheidung über die künftige Gestaltung des Spreebogens bis zur Realisierung. Der im Frühjahr 1993 unter 835 Arbeiten von einer Jury ausgelobte Entwurf von Axel Schultes und Charlotte Frank erfährt jetzt mit der Fertigstellung des von Stephan Braunfels entworfenen Marie-Elisabeth-Lüders-Hauses am östlichen Spreeufer im einstigen Ostteil der Stadt seine Vollendung.
Die von Schultes und Frank von Beginn an als „Band des Bundes“ beschriebene Reihe von Parlaments- und Regierungsbauten auf einer Ost-West-Achse, die in etwa auf dem Durchmesser des Großen Spreebogens liegt, war gedacht als eine Spange zwischen dem Stadtteil Moabit im Westen und der historischen Friedrich-Wilhelm-Stadt im Osten.
Das Projekt stelle, so die Jury in ihrer Entscheidung aus dem Jahr 1993, „eine eigenwillig kraftvolle städtebauliche Struktur vor, die einer mutigen Selbstdarstellung des Staates gerecht wird und eine anspruchsvolle Vorgabe für die weiteren Architekturwettbewerbe ergibt“.
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Stephan Braunfels hat mit dem Paul-Löbe- und dem Marie-Elisabeth-Lüders-Haus die seinerzeitigen Hoffnungen erfüllt und den Auftrag des Bauherren glanzvoll angenommen. Das Haus wird all jene beeindrucken, die sich ihm von außen nähern, und die überzeugen, die in ihm arbeiten. Auf einem lange Zeit unbebaut gebliebenen Grundstück ist ein neues Haus der Demokratie entstanden, das neben seiner wichtigen Bedeutung für die parlamentarische Arbeit zugleich als Symbol der wiedervereinigten Stadthälften Berlins gelten kann. Auch dieser dritte große Parlamentsneubau trägt den Namen einer Persönlichkeit, die für die demokratische Kontinuität von Weimarer Republik und Bundesrepublik Deutschland steht.
Das Haus wird all jene beeindrucken, die sich ihm von außen nähern.
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Wer war Marie-Elisabeth Lüders?
Sie wurde am 25. Juni 1878 in Berlin geboren, promovierte 1912 als erste Frau in Deutschland im Fach Nationalökonomie. Nachdem sie mehrere leitende Funktionen in der Sozial- und Frauenarbeit ausgeübt hatte, wurde sie im November 1918 Mitglied der Deutschen Demokratischen Partei und rückte im August 1919 in die verfassungsgebende Nationalversammlung nach. 1921/22 und von 1924 bis 1930 war Marie-Elisabeth Lüders Mitglied des Reichstages, kämpfte für die Gleichberechtigung der Frauen und für eine Verbesserung der Situation arbeitsloser Menschen. 1933 belegten die Nationalsozialisten die streitbare Politikerin mit Berufs- und Publikationsverbot, sperrten sie 1937 für vier Monate in Einzelhaft.
Nach dem Krieg war Marie-Elisabeth Lüders in Berlin Stadtverordnete der LDP/FDP und ab 1949 zwei Jahre lang Stadträtin für Sozialwesen.
Von 1953 bis 1961 gehörte sie dem Deutschen Bundestag an, dessen konstituierende Sitzungen sie 1953 und 1957 als Alterspräsidentin eröffnete. Marie-Elisabeth Lüders starb 1966 in Berlin.