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Schafft der Euro Arbeitsplätze?
Der Euro kommt. Daran gibt es keinen Zweifel mehr. Doch wie wirkt sich die gemeinsame Währung auf Wirtschaft, Arbeitsmarkt und Sozialsystem aus? Dazu befragten wir den Vorsitzenden des Ausschusses für die Angelegenheiten der Europäischen Union im Deutschen Bundestag, Norbert Wieczorek (SPD).Herr Wieczorek, es wird befürchtet,
daß der Euro den Wettbewerb verschärft. Sind dadurch
Arbeitsplätze in Deutschland bedroht oder schafft der Euro
neue Arbeitsplätze?
Durch den Euro werden unterschiedliche Preise für gleiche
Produkte klar erkennbar. Dies wird den Wettbewerb verschärfen.
Intensiver Wettbewerb kann den Wohlstand steigern, da die
Produktionsfaktoren effizienter eingesetzt werden. Gesteigerter
Wohlstand durch intensiven Wettbewerb war ja auch der Grund, in
Europa einen gemeinsamen Markt ohne Handelsschranken zu
schaffen.
In der Praxis allerdings können Unternehmen bisher
geschützter Sektoren zu Rationalisierungen gezwungen sein, die
möglicherweise Arbeitsplätze kosten können. Zugleich
ist mit einem " im Finanzsektor bereits jetzt zu beobachtenden "
Konzentrationsprozeß zu rechnen, der ebenfalls zunächst
eher negative Beschäftigungswirkungen erwarten
läßt.
Mittelfristig ist dagegen bei einem stabilen Euro eine
Wohlstandsmehrung und damit die Chance für mehr
Beschäftigung zu erwarten.
Halten Sie zusätzliche
Vereinbarungen zur Sicherung der Währungsstabilität
für notwendig?
Nein, das Instrumentarium besteht. Der Bundestag hat in seiner
Entschließung vom 23. April 1998, in der der Teilnahme
Deutschlands an der Währungsunion zugestimmt wird,
festgestellt, daß weiterhin Anstrengungen beim Abbau der
Staatsverschuldung notwendig sind und daß der Wachstums- und
Stabilitätspakt dazu ein geeignetes Mittel ist. Auch die
Koordinierung der Wirtschaftspolitiken zählt dazu. Dies
muß jetzt aber mit Leben erfüllt werden und darf nicht
nur auf dem Papier stehen.
Wenn der Euro die Wirtschaftspolitiken
vereinheitlicht, müssen dann auch die Sozialsysteme und
speziell die Beschäftigungspolitik in der EU vereinheitlicht
werden?
Der Euro vereinheitlicht nicht die Wirtschaftspolitiken, er zwingt
zu einer engeren Koordinierung der Wirtschaftspolitiken. Dies ist
bereits im Maastrichter Vertrag, besonders im Amsterdamer Vertrag
und im Stabilitäts- und Wachstumspakt verankert. Koordination
bedeutet, daß sich die Regierungen über ihre Pläne
informieren, gemeinsam Auswirkungen abschätzen und so
gegenseitige Blockaden vermeiden. Bei der Sozialpolitik, aber auch
bei der Steuerpolitik ist darauf zu achten, daß sich kein Land
auf Kosten der anderen durch Sozialkürzungen oder
Steuersenkungen einen unlauteren Wettbewerbsvorteil verschafft.
Die Angleichung der Wirtschaftspolitiken
schränkt die Entscheidungsfreiheit der einzelnen Länder
ein. Entmachtet der Euro den Bundestag?
Nein, denn durch den mit der Ratifizierung des Maastrichter
Vertrages eingeführten Artikel 23 des Grundgesetzes hat sich
der Bundestag seine Rechte ausreichend gesichert. Das
Bundesverfassungsgericht hat dies bestätigt. Zudem ist eine
unabhängige Zentralbank, die die Geldwertstabilität ohne
Einflüsse der Tagespolitik verfolgt, für Deutschland
keine neue Erfahrung. Andere Länder haben offensichtlich
aufgrund ihrer anderen Traditionen größere
Schwierigkeiten, sich daran zu gewöhnen.