50 JAHRE PETITIONSAUSSCHUSS "Ein gute Aushängeschild unseres Parlamentes"(pt) Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) hat am 27. Oktober in einer Feierstunde zum 50-jährigen Bestehen des Petitionsausschusses allen gedankt die in den letzten fünf Jahrzehnten im Petitionsausschuss bestrebt waren, den konkreten Ansprüchen und Erwartungen einzelner Petenten gerecht zu werden. Der Ausschuss sei "ein gutes Aushängeschild unseres Parlaments". Er praktiziere "wirkliche Bürgernähe zur Politik". Die Zahl der Petitionen habe sich auf rund 20.000 pro Jahr eingependelt. Der Bundestagspräsident erinnerte daran, dass der Petitionsausschuss nach der Wiedervereinigung eine wahre "Hoch-Zeit" erlebt habe. Rund 40 Prozent der Eingaben seien aus den neuen Bundesländern gekommen. Viele Eingaben aus BerlinDie Vorsitzende des Ausschusses, Heidemarie Lüth (PDS), stellte fest, dass Berlin im Verhältnis zur Einwohnerzahl traditionell den Spitzenplatz mit Petitionen innehabe. Thierse erläuterte, das Petitionsrecht stehe für zwei Besonderheiten: Zum einen könnten die Bürger sich unmittelbar ohne wesentliche formelle Voraussetzungen – nur Schriftform sei erforderlich – ohne Kosten an den Bundestag wenden. Dies sei angesichts komplizierter Verwaltungsstrukturen und Verwaltungshierarchien "eine bemerkenswerte Besonderheit" in unserem Land. Zum anderen legten die Bürger aufgrund ihrer Erfahrungen eigene Vorstellungen über Gesetzesänderungen oder Neufassungen dar, worüber der Gesetzgeber abstimmen müsse. Die frühere Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth (CDU) ergänzte die Feststellung Thierses zur Bedeutung des Petitionswesens mit Hinweisen auf die wichtige Funktion dieses Instruments für die öffentliche Information. Auch sie verwies darauf, dass Bürger durch Petitionen wichtige Initiativen initiieren könnten. Andererseits könnte der Verdruss vieler Bürger über schwierige Gesetzestexte durch den Kontakt zum Petitionsausschuss verringert werden. Er könne das Vertrauen in die Politik und die Gesetzgebung mit seiner Arbeit unterstützen. Süssmuth sah es als gutes Zeichen an, dass rund 40 Prozent aller Petitionen positiv haben beschieden werden können. Der ehemalige SPD-Partei- und Fraktionsvorsitzende Hans-Jochen Vogel konnte in seinem Festvortrag auch auf eigene Erfahrungen im Petitionswesen zurückblicken, sei er doch während seiner Zugehörigkeit zum Berliner Abgeordnetenhaus als Fraktionsvorsitzender zugleich Vorsitzender des dortigen Petitionsausschusses gewesen. Er habe auf diese Weise "über Berlin und die Menschen, die dort leben, in anderthalb Jahren mehr gelernt als andere in viel längerer Zeit". Vogel stellte fest, dass schon 1794 im Allgemeinen Landrecht für die preußischen Staaten zwei Bestimmungen aufgenommen worden waren, die als Vorläufer des Petitionsrechts anzusehen seien, da garantiert worden sei, dass es jedem freistünde, seine "Zweifel, Einwendungen und Bedenklichkeiten gegen Gesetze und andere Anordnungen im Staate sowie überhaupt seine Bemerkungen und Vorschläge über Mängel und Verbesserungen sowohl dem Oberhaupt des Staates als dem Vorgesetzten des Departements anzuzeigen". Sie seien mit erforderlicher Aufmerksamkeit zu prüfen. Vogel stellte fest, dass die Parlamente durch die Petitionswesen eine breitflächige Kontrolle über die Exekutive ausüben könnten. Breitflächige KontrolleAuf die Strukturen des Petitionsausschusses eingehend sagte Vogel, dass der Ausschussvorsitz seit 1949 nur sechsmal gewechselt habe und nur einmal ein Mann als Vorsitzender amtiert habe. Das sei ein Sachverhalt, an den sich "viele Fragen knüpfen" ließen. Sowohl Vogel als auch Lüth erinnerten an die frühere Vorsitzende des Petitionsausschusses, der in Berlin sowohl eine Straße als auch ein Platz gewidmet wurden: Lieselotte Berger. Wegen ihrer "resoluten Mütterlichkeit und Lebensklugheit" sei sie, wie Vogel feststellte, geachtet und geschätzt worden. Süssmuth und Vogel wünschten angesichts der guten Erfolge des Petitionsausschusses und der rund 4 Millionen Eingaben seit 1949, diesem Ausschuss mehr Beachtung in der Öffentlichkeit. |