portrait
Gesundes Klima hinter verschlossenenTüren
Viel Arbeit, wenig Ruhm - so sieht die Arbeit im Gesundheitsausschuss des Deutschen Bundestages aus. Das gilt ganz besonders in dieser Legislaturperiode. Die Gesundheitsreform 2000 ist seit dem Regierungswechsel im vergangenen Herbst das beherrschende Thema im Ausschuss. Er geriet erst vor kurzem in die Schlagzeilen, als wegen eines Formfehlers die abschliessenden Beratungen zur Gesundheitsreform im Plenum unterbrochen werden mussten und erst nach einer Ausschusssitzung fortgesetzt werden konnten.
|
Die klassische Gesetzgebung beherrscht die Arbeit der 31 Mitglieder des Ausschusses. Und diese Arbeit reißt nicht ab. In den vergangenen Jahren gab es eine ganze Reihe von Gesundheitsreformen und viele Änderungsanträge. Nahezu jedes Vorhaben wird dabei von einer Anhörung begleitet. Auch wenn die Gesundheitsreform in den vergangenen Monaten im Mittelpunkt der Arbeit stand, gehörten zu den Zuständigkeiten des Ausschusses noch eine Reihe anderer Themen: gesundheitlicher Verbraucherschutz auf nationaler und europäischer Ebene, Lebensmittel- und Arzneimittelrecht, Veterinärmedizin und Drogenpolitik beschäftigen die Abgeordneten dort ebenso wie die Pflegeversicherung und die Gesetze für die medizinischen Berufe.
Die Zuständigkeiten sind im Laufe der vergangenen Jahre dabei häufig geändert worden, je nachdem, was politisch gerade gewünscht war. So ist der Ausschuss erst seit dieser Legislaturperiode für die Pflegeversicherung zuständig, musste die Sozialhilfe jedoch, die er erst 1994 vom Ausschuss für Familie und Senioren übernommen hatte, an den Ausschuss für Arbeit und Sozialordnung abgeben. Selbst die gesetzliche Krankenversicherung, die früher im Ausschuss für Arbeit und Sozialordnung angesiedelt war, gehört erst seit der zwölften Legislaturperiode zu den Themen des Gesundheitsausschusses.
Für die Mitglieder des Ausschusses ebenso wie für die Mitarbeiter des Ausschusssekretariates hieß das in den vergangenen Jahren: Sie mussten sich immer wieder in neue Sachgebiete einarbeiten. Die Teilnahme am Gesundheitsausschuss ist sehr arbeitsintensiv, und der größte Teil dieser Arbeit bleibt der Öffentlichkeit verborgen. Das mag sicher ein Grund dafür sein, dass der Gesundheitsausschuss nicht zu den Ausschüssen gehört, in die die Abgeordneten sich drängen, wie z.B. in den Haushaltsausschuss oder den Auswärtigen Ausschuss.
Dabei werden im Gesundheitsausschuss wichtige Entscheidungen getroffen: Ob die Zuzahlung für Medikamente erhöht oder gesenkt wird, was von den Krankenkassen in Zukunft überhaupt noch bezahlt wird, das interessiert jeden Bundesbürger. Das spüren auch die Abgeordneten in ihren Sprechstunden im Wahlkreis. Außerdem gibt es in der Bundesrepublik im Gesundheitswesen allein 4,2 Millionen Beschäftigte, deren Berufsgesetze im Gesundheitsausschuss beraten werden.
Den Ausschuss beschäftigten daneben in den vergangenen Jahren auch andere Themen von öffentlichem Interesse: der BSE-Skandal beispielsweise und die Affäre um HIV-verseuchte Blutpräparate. Dafür wurde 1993 der Untersuchungsausschuss "HIV-Infektionen durch Blut und Blutprodukte" gegründet.
|
Keine Reformen ohne Änderungsanträge - Ausschussmitglieder vor den Beratungen zur Gesundheitsreform 2000. |
Dieses Arbeitspensum bewältigen die Abgeordneten vor allem, indem sie sich hinter verschlossenen Türen auf die reine Sacharbeit konzentrieren - die öffentlichen, teilweise sehr emotionalen Diskussionen werden dort nicht weitergeführt. Hilfreich ist dabei auch, dass sich im Ausschuss viel Sachverstand versammelt. So sind unter den Mitgliedern vier Ärzte und zwei Psychologen, ein Apotheker und ein Fachchemiker der Medizin. Außerdem gehört ihm die ehemalige Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesgesundheitsministerium, Dr. Sabine Bergmann-Pohl, an und mit Prof. Martin Pfaff jemand, der an zwei Blindenschulen in Indien gearbeitet hat.
Im Moment ist der Zeitdruck besonders groß: Die Gesundheitsreform soll zum 1. Januar 2000 in Kraft treten.
(Einzelheiten über die Beratungen des Bundestages zur Gesundheitsreform siehe S. 18-20.)