Einnahmen
Wo kommt das Geld her?
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Für die Einnahmen zuständig: der Finanzausschuss. |
Vor den Ausgaben stehen auch beim Staat
die Einnahmen. Sie begleiten jeden Bürger vom Morgen bis zum
Abend. Jeden Tag. Überall. Beim Frühstücks-
brötchen die Mehrwertsteuer, bei der Fahrt zur Arbeit die
Mineralölsteuer, bei der Zigarette in der Pause die
Tabaksteuer, beim Kegelabend Bier- und Branntweinsteuer. Und die
Steuern auf Lohn oder Einkommen sowieso. Gleichzeitig begleiten
jeden Bürger aber auch die Ausgaben des Staates. Jeden Tag.
Überall. Besonders diejenigen, die nicht so einkommensstark
sind. Also die Familien mit Kindergeld, die Rentner mit
Staatszuschüssen, die sozial Schwächeren mit Wohngeld.
Und alle zusammen mit Straßenbau, innerer und
äußerer Sicherheit, Bildungsmöglichkeiten und
vielem, vielem mehr.
Der Bundestag lässt die Ausgaben des Staates intensiv vom Haushaltsausschuss beraten. Für die Einnahmen des Staates ist der Finanzausschuss zuständig. Der achtet in erster Linie nicht darauf, ob der Staat genug Geld hat, sondern vor allem darauf, dass bei der Inanspruchnahme der Bürger alles möglichst gerecht zugeht. Jeder soll nur entsprechend seiner persönlichen Leistungsfähigkeit an der Finanzierung des Gemeinschaftslebens beteiligt werden. Die Wirtschaft darf nicht über Gebühr belastet und vom Schaffen von Arbeitsplätzen abgehalten werden. Oft genug kommt dies einer Gratwanderung gleich.
Aus der Sicht des Bundes ist die Mehrwertsteuer die wichtigste. Gut 28 Prozent seiner Einnahmen beruhen auf einer Besteuerung aller Warenumsätze und Dienstleistungen. Vom Grundsatz her ist der Endverbraucher und Leistungsempfänger der eigentliche Zahlungspflichtige. Es wäre jedoch nicht praktikabel, den Käufer in jedem einzelnen Fall für Ware und Leistung einen bestimmten Prozentsatz an das Finanzamt überweisen zu lassen. Deshalb wird der Verkäufer und Leistungserbringer zur Kasse gebeten. Und zwar in einem Verfahren echter Mehr-Wert-Besteuerung. Das heißt, auf jeder Ebene des Handels mit Waren fällt unter dem Strich nur der vermehrte Wert unter die Pflicht, einen Steueranteil an den Staat abzuführen.
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Tarifverlauf der Einkommensteuer 2003. |
Das Prinzip funktioniert durch den so genannten Vorsteuerabzug. Jeder Geschäftsmann kann auf diese Weise Umsatzsteuerbeträge, die ihm von anderen für Waren in Rechnung gestellt werden, von der Umsatzsteuer abziehen, die er für seine eigenen Umsätze schuldet. Ein Beispiel: Der Autobauer bezahlt seinen Lieferanten 8.000 Euro zuzüglich 16 Prozent (1.280 Euro) Umsatzsteuer für alle Einzelteile eines Autos. Diesen Wagen verkauft er für 14.000 Euro zuzüglich 16 Prozent (2.240 Euro) an einen Großhändler. Der wiederum liefert ihn für 16.000 Euro zuzüglich 16 Prozent (2.560 Euro) an den Autohändler. Und der stellt seinem Kunden 18.000 Euro zuzüglich 16 Prozent (2.880 Euro) in Rechnung. Der Staat erhält nun nicht von jeder Ebene die gesamte Umsatzsteuer, sondern immer nur den Teil, der die Zahlpflicht an den Vorlieferanten übersteigt. Also vom Autohändler 2.880–2.560 Euro = 320 Euro. Vom Großhändler 2.560–2.240 Euro = 320 Euro. Vom Hersteller 2.240– 1.280 = 960 Euro. Und vom Lieferanten 1.280 Euro. Macht zusammen wieder 2.880 Euro. Je mehr Wert also die Ware bekommt, desto höher ist die Mehrwertsteuer.
Ein Spezialfall der Umsatzsteuer ist die Einfuhrumsatzsteuer. Sie wird erhoben bei der Einfuhr von Waren aus Drittländern (also Ländern, die nicht der Europäischen Union angehören) und entspricht den Steuersätzen wie bei den gleichen Waren in Inlandsumsätzen. Damit wird dafür gesorgt, dass inländische und ausländische Erzeugnisse steuerlich dieselbe Belastung haben.
Mit gut 25 Prozent ist die Lohn- und Einkommensteuer die zweitwichtigste Bundeseinnahme. Steuerpflichtig sind alle, die Einkommen beziehen, entweder aus
nicht selbstständiger Arbeit (Lohn, Gehalt) oder | ||
Land- und Forstwirtschaft oder | ||
einem Gewerbebetrieb oder | ||
selbstständiger Arbeit (etwa als Angehöriger eines freien Berufes) oder | ||
Kapitalvermögen (zum Beispiel Zinsen) oder | ||
Kapitalvermögen (zum Beispiel Zinsen) oder | ||
Vermietung und Verpachtung oder | ||
sonstigen Einkünften (etwa Altersrenten). |
Bei juristischen Personen (also etwa Aktiengesellschaften, GmbHs oder Genossenschaften) unterliegt der Ertrag der Körperschaftsteuer.
Die Körperschaftsteuer beträgt einheitlich 25 Prozent. Bei der Lohn- und Einkommensteuer hingegen gibt es viele verschiedene Höhen der Besteuerung. Nach den Prinzipien des Sozialstaates soll sich die steuerliche Belastung nämlich an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen orientieren, ohne seinen Leistungswillen zu behindern. Bei der Berechnung bleibt zunächst ein Teil der Einkünfte als Existenzminimum unversteuert. Neben diesen Grundfreibetrag treten je nach Einzelfall eine Fülle weiterer Freibeträge und Abzugsmöglichkeiten. Etwa für Aufwendungen im Zusammenhang mit der Berufsausübung (Werbungskosten), für Aus- oder Fortbildungskosten, für Betreuungsaufwendungen, vor allem aber für Kinder und ihre Erziehung. Faustregel: Geringverdiener und Familien zahlen weniger, Spitzenverdiener und Kinderlose zahlen mehr.
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Einnahmenstruktur des Bundes im Jahr 2002. |
Die Steuersätze steigen dabei nicht in einer geraden Linie, sondern mit dem Einkommen progressiv an. Doch der jeweils höhere Steuersatz gilt nie für den gesamten zu versteuernden Betrag, sondern immer nur für den Betrag, der die einzelnen Grenzwerte für die jeweiligen Steuersätze übersteigt. Auch Spitzenverdiener behalten also ihr steuerfreies Existenzminimum.
Gut 14 Prozent der Bundeseinnahmen stammen aus der Mineralölsteuer. Weitere Verbrauchsteuern belasten Strom, Tabakwaren, Branntwein, Bier, Schaumwein und Kaffee sowie damit verbundene Zwischenerzeugnisse. Teilweise kommen diese Steuern nur den Bundesländern zugute.
Andere Einkommen erzielt der Staat aus Gewerbesteuer, Kraftfahrzeugsteuer, Grundsteuer, Hundesteuer, Getränkesteuer, Vergnügungssteuer und Zöllen. Wobei der Bund jedoch nicht immer, bei einigen Steuererhebungen sogar überhaupt nicht beteiligt ist.
Dafür fallen jedoch mit der Kapitalertrag- und Zinsabschlagsteuer die Einnahmen aus den „nicht veranlagten Steuern vom Ertrag“ mit rund sechs Prozent aller Bundesmittel noch einmal nennenswert ins Gewicht. Steuerpflichtig sind in diesem Zusammenhang unter anderem Ausschüttungen von Kapitalgesellschaften, Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften, Zinsen aus Wandelanleihen und Gewinnobligationen, Einnahmen stiller Gesellschafter aus Handelsgewerben und Zinsen aus bestimmten festverzinslichen Wertpapieren – also dort, wo Geld auf besondere, im Gesetz genauer beschriebene Art für seinen Besitzer arbeitet.
Die Aufgaben des Staates sind aufgeteilt zwischen Bund, Ländern und Gemeinden – und im wachsenden Umfang spielt auch die Europäische Union eine Rolle. Daher müssen jeder dieser staatlichen Ebenen auch ausreichende Einnahmemöglichkeiten zur Verfügung stehen. Von 100 Euro bleiben dem Bund deshalb nur 40. Bei den Ländern landen 38, bei den Gemeinden 16 und bei der Europäischen Union 6.
Die Verteilung ergibt jedoch nur am Ende diese Werte. Bis dahin durchläuft jeder vom Staat eingenommene Euro je nach Herkunft und Steuerart ein höchst kompliziertes Verfahren. Nehmen wir beispielsweise die Umsatzsteuer, die von den Ländern eingenommen und zusammen mit der vom Bund eingenommenen Einfuhrumsatzsteuer zunächst zur Berechnung in einen fiktiven Topf geworfen wird. Daraus stehen dem Bund zunächst einmal 5,63 Prozent zu. Von dem verbliebenen Rest bekommen die Gemeinden 2,2 Prozent. Der dann übrig gebliebene Betrag wird wieder gleich 100 Prozent gesetzt und zwischen Bund und Ländern im Verhältnis von rund 49,6 zu 50,4 aufgeteilt.
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Solche Verfahren, die ähnlich auch für andere Einnahmeaufteilungen vorgesehen sind, denkt sich niemand aus, um möglichst vielen Mathematikern und anderen Finanzspezialisten zu krisensicheren Jobs zu verhelfen. Sie entstehen als Reaktion auf veränderte Anforderungen an den Staat und sind das Ergebnis von Verhandlungen, die Kompromisse über die Mittelverteilung notwendig machen. Wenn also beispielsweise die öffentlichen Zuschüsse zur Rentenversicherung nicht mehr ausreichen und Länder und Gemeinden den Bund überreden, seinen Beitrag zur Rente deutlich zu erhöhen, verlangt dieser im Gegenzug, an den gemeinsamen Einnahmen entsprechend besser beteiligt zu werden. Die voraussichtlichen Kosten werden geschätzt – und dann in das Einnahmeverteilungskostüm hineingeschneidert. In diesem Fall: vorab 5,63 Prozent von allen Umsatzsteuereinnahmen für den Bund. Dadurch wird das Schnittmuster immer komplizierter. Aber es muss weiterhin die Aufgaben abdecken.
Die Bund, Ländern und Gemeinden zusammen zustehenden Gemeinschaftssteuern verteilen sich – künftige Änderungen immer wieder vorbehalten – außerhalb der Umsatzsteuer wie folgt auf die vier weiteren Einkunftsarten: Von einem Euro Zinsabschlagsteuer bekommen Bund und Länder je 44 Cent und die Gemeinden 12 Cent. Von einem Euro Einkommen- und Lohnsteuer erhalten Bund und Länder je 42,5 Cent, die Gemeinden 15 Cent. Die nicht veranlagte Steuer auf Ertrag erhalten Bund und Länder zu gleichen Teilen. Und von einem Euro Gewerbesteuer bleiben 78 Cent bei den Gemeinden, 16 bei den Ländern, und 6 Cent kommen beim Bund an.
Einen dicken Brocken von manchmal 10 oder mehr Prozent erhält der Bund aus „sonstigen Einnahmen“. Deren Volumen ist jedoch starken Schwankungen unterworfen. Hierunter finden sich unter anderem Gewinnabführungen aus Staatsunternehmen, etwa der Bundesbank, die Erlöse aus dem Verkauf von Staatsvermögen, etwa bei der Telekom-Privatisierung, Gebühren, Münzeinnahmen, Erlöse aus Grundstücksverkäufen oder etwa Einnahmen aus der Vergabe von Mobilfunklizenzen.
Folgenreiche Einnahmen bestehen schließlich in der Aufnahme von Schulden. Gut und gern 10 Prozent sind über viele Jahre hinweg üblich geworden. Oft sogar mehr, manchmal sogar fast das Doppelte. Daraus hat sich zusammen mit den Sondervermögen des Bundes im Laufe der Zeit ein Schuldenberg von mehr als 750 Milliarden Euro angesammelt. Auf den Gesamtstaat bezogen sind es mittlerweile rund 1.300 Milliarden. Das sind über 60 Prozent des Bruttoinlandproduktes. Der Aufwand für Zinsen und Tilgung (zurzeit täglich 100 Millionen Euro) engt den Spielraum immer mehr ein. Deshalb ist es Ziel, die Neuverschuldung nicht erst langfristig auf Null zu bringen. Nebenbei sei jedoch erwähnt, dass die Einnahmen durch Verschuldung nicht nur von den ganz Großen im globalen Kapitalmarkt stammen. Auch jeder einzelne Bürger kann auf diese Weise sein Geschäft mit dem Staat machen – etwa durch krisenfeste Bundesschatzbriefe.