Mamma Mia! Auf diese Idee hätte auch Ursula von der Leyen kommen können: Wer seinen Ranzen bereits gepackt hat und Mutti Adieu sagen will, um endlich in der ersten eigenen Bude mit den Kumpels die neue Unabhängigkeit zu begießen, darf jetzt getrost zu Hause bleiben - zumindest wenn er zwischen 18 und 25 ist und Arbeitslosengeld II bekommt. Denn nur, wer "schwerwiegende soziale oder berufliche Gründe" vorweisen kann, darf in Zukunft noch aus der elterlichen Wohnung ausziehen. Alle anderen postpubertären Hartz-IV-Empfänger müssen ein paar Jahre länger im Hotel Mama einchecken: Ihnen wird kräftig die Stütze gekürzt.
Dass diese innovative Familienpolitik ausgerechnet auf dem Mist der Großen Koalition gewachsen ist, überrascht bei näherem Hinsehen wenig - und dass nicht nur weil die siebenfache Übermutti von der Leyen jetzt das Zepter über Deutschlands Familien schwingt. Vielmehr haben die Rot-Schwarzen in den letzten Monaten selbst wichtige Erfahrungen sammeln können im Hinblick auf Zweckgemeinschaften und demokratisch verordneten Zwang. Die können sie nun großzügig an das Volk weitergeben. Denn was unterscheidet eine sozial schwache Familie schon von der Regierungskoalition? Schließlich wollten SPD und CDU ja auch lieber eigene Wege gehen, bevor das Wahlvolk sie zusammen an den Kabinettstisch zerrte. Jetzt, wo sie gemeinsam regieren, haben sie sich wieder richtig lieb. Nach hartem Reflexzonen-Training haben es die Volksvertreter sogar gelernt, zu applaudieren, wenn Frau Merkel oder Ulla Schmidt im Bundestag eine Rede halten. Warum soll das nicht auch in deutschen Wohnzimmern funktionieren? Sollte es mal zu kleineren Differenzen kommen, etwa weil Papa den neuen Freund nicht mag und das Töchterlein am Wochenende nicht in die Disko darf, bedenke der zerknirschte Zögling, womit sich unsere Regierung rumschlagen muss: Gesundheitsreform, Rentenpolitik, Irankrise - dann doch lieber im Kreise der Familie um das Fernsehprogramm streiten.
Allerdings, das sei an dieser Stelle noch gesagt, könnten auch ganz andere, viel niedere Beweggründe hinter dem Coup der Regierung stecken: Rache nämlich. Rache für die Zwangsverpflichtung des Wählers, nun mit dem erklärten Feind unter einer Decke stecken zu müssen. Was für eine Gelegenheit, dem Volk diesen Frevel heimzuzahlen! Wie hieß es bei ABBA noch so schön? Mamma mia, it's a game we play, bye bye doesn't mean forever...