Der unionsdominierte Bundesrat hat sich erstmals einem Vorhaben der Großen Koalition in den Weg gestellt. Die Länderkammer verweigerte dem von Union und SPD im Bundestag beschlossenen Arzneimittel-Sparpaket die Zustimmung und rief am 10. März mehrheitlich den Vermittlungsausschuss von Bundesrat und Bundestag an. Dort wollen die unionsregierten Länder Änderungen zu Gunsten der Pharmaindustrie und der Ärzte erreichen.
Das Sparpaket soll die Krankenkassen von medizinisch nicht nötigen Ausgaben im Volumen von jährlich etwa 1,3 Milliarden Euro entlasten. Das Gesetz sieht einen zweijährigen Preisstopp für Medikamente und einen zehnprozentigen Preisabschlag für Nachahmerpräparate vom 1. April an vor. Honorareinbußen drohen nun Ärzten, die überdurchschnittlich teure Arzneien verschreiben. Die Arzneikosten waren 2005 um mehr als 3 Milliarden Euro oder 16 Prozent gestiegen.
Gesundheits-Staatssekretärin Marion Caspers-Merk (SPD) kritisierte die unionsregierten Länder scharf. Durch das Vermittlungsverfahren werde das Vorhaben nur aufgehalten. "Das kostet die Beitragszahler 120 Millionen Euro, die nicht eingespart werden, und schont die Pharma-Branche", erklärte Caspers-Merk. Dies sei "das falsche Signal". Sie wies darauf hin, dass die Kernelemente des Gesetzes im Koalitionsvertrag von Union und SPD unter Mitwirkung der Länder verabredet worden seien. Sie warf diesen vor, sich unter dem Druck von Verbänden und Lobbygruppen "aus der Verantwortung zu stehlen".
Die Länderkammer kann das Gesetz letztlich nicht verhindern, da die Koalition es mit Kanzlermehrheit im Bundestag durchsetzen kann. Noch am Abend zuvor hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) vergeblich versucht, die unionsregierten Länder von ihrem Widerstand abzubringen.
Der Sprecher des BKK Bundesverbandes, Florian Lanz, appellierte an die Mitglieder des Vermittlungsausschusses, möglichst rasch über das Arznei-Sparpaket zu entscheiden. "Die Krankenkassen brauchen die Entlastung", zumal auch im Januar die Arzneimittelausgaben wieder gestiegen seien. Der Ärzteverband Hartmannbund begrüßte den Beschluss des Bundesrates, ebenso die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG).
Im Streit um das Sparpaket warf das Gesundheitsministerium dem "Deutschen Ärzteblatt" vor, seiner Informationspflicht nicht nachzukommen. Ministeriumssprecher Klaus Vater sagte, die Fachzeitung habe sich "geweigert", eine Anzeige mit einem Offenen Brief von Ministerin Ulla Schmidt (SPD) mit "Sachinformationen" zu veröffentlichen. Dies sei ein "eigenartiger Vorgang", der ihn empöre, meinte Vater. Die Ärzte wollen bei einer Großdemonstration am 24. März in Berlin gegen das Spargesetz mobil machen.