Finanzen. Einstimmig bei Enthaltung von Bündnis 90/Die Grünen hat der Bundestag am 19. Mai den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Umsetzung der EU-Übernahmerichtlinie ( 16/1003, 16/1342) ohne Aussprache angenommen. Er schloss sich dabei einer Empfehlung des Finanzausschusses ( 16/1541) an.
Der Ausschuss hatte die Regierungsvorlage durch die Annahme von elf gemeinsamen Änderungsanträgen von CDU/CSU, SPD und FDP modifiziert. Ein einzelner Änderungsantrag der FDP fand dagegen keine Mehrheit. Bei dem Gesetz geht es um den Schutz der Interessen von Aktionären bei Angeboten zur Übernahme von Unternehmen und bei Anteilskäufen, die zu einer Kontrolle des Unternehmens führen können.
Das Gesetz wird in gesellschaftsrechtlichen Fragen für alle zu übernehmenden Gesellschaften ("Zielgesellschaften") mit Sitz im Inland anwendbar sein, deren Wertpapiere nur im Ausland an der Börse zugelassen sind. Die Vorschriften über das Angebotsverfahren gelten auch für Zielgesellschaften im europäischen Ausland, deren Wertpapiere nicht dort, sondern in Deutschland zugelassen sind. War der Bieter bislang verpflichtet, nur die Arbeitnehmer der Zielgesellschaft oder deren Vertreter von seiner Angebotsentscheidung zu unterrichten, so müssen nun auch die Arbeitnehmer des Bieters selbst informiert werden.
Der Bieter kann innerhalb von drei Monaten die verbliebenen Aktionäre von der Zielgesellschaft ausschließen ("Squeeze-out"). Diese erhalten das Recht, dem Bieter ihre Aktien noch nach Ablauf der Annahmefrist anzudienen. Dadurch sollen gerichtliche Auseinandersetzungen aufgrund der Anfechtung von Hauptversammlungsbeschlüssen vermieden werden. Der Mehrheitsaktionär kann Umstrukturierungen ohne Verzögerungen durchsetzen. Den ausgeschlossenen Aktionären muss in jeden Fall eine Barabfindung angeboten werden. Der Preis gilt als "angemessen", wenn er von 90 Prozent der betroffenen Aktionäre akzeptiert wird. Ein Squeeze-out wird ab einer Beteiligung des Bieters in Höhe von 95 Prozent der stimmberechtigten Aktien und der Stimmrechte möglich.
Nach Darstellung der Unionsfraktion im Finanzausschuss wird die Bundesanstalt für Finanzdienstleis-tungsaufsicht (BaFin) in die Lage versetzt, grenzüberschreitende Sachverhalte besser zu erfassen. Durch die im Ausschuss beschlossenen Änderungen sei das Gesetz praktikabler geworden. Laut SPD wurden dabei sowohl die Interessen kleinerer Aktionäre als auch der Unternehmen berücksichtigt, die sich gegen Übernahmen wehren wollen. Dass die Befugnisse der BaFin erweitert worden sind, sei gut für den Finanzmarkt.
Die FDP-Fraktion äußerte sich grundsätzlich positiv zum Gesetz, hatte aber in der Frage des Rückerwerbs eigener Aktien, der Aufstockungsangebote und der Rechte der BaFin eine abweichende Meinung. Die Linke erklärte, der Spielraum für die Umsetzung der EU-Richtlinie sei mit dem Gesetz ausgeschöpft worden. Bündnis 90/Die Grünen begründeten ihre Enthaltung damit, dass eine gerichtliche Prüfung des Ausschlusses von Aktionären möglich sein müsse.