Förderung der ländlichen Entwicklung als zentrale Aufgabe sehen
Berlin: (hib/BOB) Statt ideologischer Grabenkämpfe sollte der Versuch unternommen werden, die staatliche und die nicht-staatliche Entwicklungszusammenarbeit (EZ) auf das gemeinsame Ziel der Hungerbekämpfung einzuschwören. Dazu gelte es unter anderem, auf Synergieeffekte (auf positive Wirkungen, die sich aus dem Zusammenschluss mehrerer Akteure ergeben) hin zu arbeiten. Dies macht Peter Rottach von "Brot für die Welt" in seiner schriftlichen Stellungnahme zu einer Anhörung zur ländlichen Entwicklung in der bilateralen Entwicklungszusammenarbeit, die am Mittwochmorgen begonnen hat, deutlich. Der Öffentlichkeit sei nur schwer zu vermitteln, dass es wenige Bemühungen seitens der deutschen staatlichen und nicht-staatlichen EZ gebe, ihre Hilfsprogramme optimal aufeinander abzustimmen. Rottach weist darüber hinaus darauf hin, die häufig apostrophierte Gleichung: Steigerung der landwirtschaftlichen Produktion ist gleich Reduzierung des Hungers, ginge in den seltensten Fällen auf. "Einfach irgendwo mehr zu produzieren, ohne sicherzustellen, dass die so produzierten Lebensmittel auch direkt den Bedürftigen zugute kommen, sei kurzsichtig", so der Sachverständige.
Professor Joachim von Braun, Generaldirektor des "International Food Policy Research Institute", spricht in seiner Stellungnahme sich dafür aus, eine Förderung der ländlichen Entwicklung sei "zentral", um die Milleniumsziele zu erreichen (alle innerhalb der Vereinten Nationen zusammengeschlossen Staaten haben sich 2000 verpflichtet, diese Ziele - wie etwa die Beseitigung der extremen Armut und des Hungers - binnen 15 Jahren zu verwirklichen). Der Abbau von Agrar-Handelsschranken und die Förderung von "Public-Private-Partnerships" im Agrar- und Ernährungssektor zählten dabei zu den Aktionsfeldern der EZ. Bei den Investitionen sollte zum einen die Förderung von Infrastruktur im ländlichen Raum als Priorität gelten. Zum anderen sei die Unterstützung von Innovation und neuen Techniken im Kleinbauernsektor wichtig. Öffentliche Investitionen in diesen Bereichen reduzierten die Armut am meisten. Die bilaterale Zusammenarbeit könne hierzu einen wichtigen Beitrag leisten.
Die EZ sollte in dem Kontext "Landwirtschaftsförderung oder ländliche Entwicklung" eher ländlich ausgerichtete Strategien favorisieren. Dieser Meinung ist Professor Michael Kirk in seiner Stellungnahme. Bessere Rahmenbedingungen für die Privatwirtschaft zu schaffen, sei vorrangig, denn Unternehmensansiedlungen würden nur einem günstigen Investitionsklima realisiert. Neben der physischen Infrastruktur seien Rechtssicherheit bezüglich der Gewinnverwendung und Verlässlichkeit staatlicher Stellen unentbehrlich. Gutes Regierungshandeln stehe im Mittelpunkt bei der Ausgestaltung der Standortfaktoren und der Integration der Armen in Wirtschaftskreisläufe. Kirk wies darauf hin, dass fast zwei Drittel der ländlichen Bevölkerung in Entwicklungsländern - also etwa 1,8 Milliarden Menschen - weiterhin in "benachteiligten Regionen", wie an ackerbaulichen Grenzstandorten, in Waldregionen oder in Dürregebieten, lebe.
Michael Windfuhr, Generalsekretär des FoodFirst Information and Action Network, weist in seiner schriftlichen Stellungnahme darauf hin, dass von den 852 Millionen Hungernden etwa 800 Millionen in Entwicklungsländern lebten. Hungern sei vorwiegend ein ländliches Phänomen - knapp 80 Prozent aller Hungernden lebten derzeit noch auf dem Land. Auch wenn die Zahl der städtischen Armen in vielen Teilen der Welt aufgrund des rapiden Verstädterungsprozesses schnell und nachhaltig steigen werde, würden auch noch zur Mitte des Jahrhunderts die Mehrzahl der Hungernden in ländlichen Räumen leben. Eine Ursache liege darin, dass internationale und nationale Agrarforschung sich zu lange nur um landwirtschaftlich günstige Gebiete, wo Bewässerung auf gute Böden möglich sei, gekümmert habe. Da zeitgleich die allgemeinen Mittel, die für ländliche Entwicklung zur Verfügung gestellt worden seien, in den letzten zehn Jahren gut halbiert worden seien, sei für die marginalisierten Regionen in der Regel keine oder keine ausreichende Unterstützung vorhanden gewesen.