EuGH setzt Impulse für eine stärkere Harmonisierung des Steuerrechts
Berlin: (hib/BOB) Es ist laut Bundesregierung nicht zu verkennen, dass von der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) Impulse für eine stärkere Harmonisierung des Steuerrechts ausgehen. Der EuGH entscheidet allerdings nur über die Vereinbarkeit einer nationalen Regelung mit dem Gemeinschaftsrecht. Es ist Sache der Mitgliedstaaten, die notwendigen Konsequenzen aus der EuGH-Rechtsprechung zu ziehen. Dies erklärt die Regierung in ihrer Antwort ( 15/5564) auf eine Große Anfrage der FDP-Fraktion ( 15/4965). Die Regierung bejaht die Frage, ob sie die Absicht habe, auf eine Harmonisierung der direkten Steuern innerhalb der EU hinzuwirken. Sie erklärt, Steuerpolitik könne in einer immer stärker zusammenwachsenden Union nicht mehr rein national definiert werden. Sie trete daher dafür ein, durch eine verstärkte Koordinierung einen steuerlich "weitgehend unverzerrten Binnenmarkt" zu erreichen und einen für alle Mitgliedstaaten der Union "ruinösen Wettbewerb" um die niedrigsten Steuersätze zu vermeiden.
Ferner ginge der EuGH in seine Rechtsprechung davon aus, dass sich die Mitgliedstaaten auch in den Bereichen, die - mangels Harmonisierung - in ihrer Zuständigkeit verblieben seien, im Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht verhalten müssen. Die Regierung akzeptiere die Verpflichtungen, die ihr aus der EU-Mitgliedschaft resultierten. Sie werde die ihr im Rahmen der EU gewährten Möglichkeiten und Spielräume "voll ausnutzen" und Vereinbarungen zur internationalen Steuerpolitik im Einklang mit dem Europäischen Gemeinschaftsrecht abschließen.
Im Übrigen erklärt die Regierung, ihr sei bekannt, dass vor allem in Teilen der steuerrechtlichen Literatur die Frage angesprochen werde, dass viele steuerliche Vorschriften mit einem Auslandsbezug aus der Sicht des EuGH nicht mit den Grundfreiheiten des EU-Vertrags, wie der Arbeitnehmerfreizügigkeit, Niederlassungsfreiheit, Warenverkehrsfreiheit, Dienstleistungsfreiheit und Kapitalverkehrsfreiheit vereinbar sind. Sie nehme diese Anstöße ernst und habe zur Prüfung etwaiger europarechtlicher Risiken bei den direkten Steuern eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe eingerichtet. Sie werde, wo erforderlich, die "notwendigen Maßnahmen einleiten". Eine Klärung sei auch durch noch ausstehende Urteile des EuGH zu erwarten. Im Zuge dieser Verfahren werde die Regierung die fraglichen Bestimmungen des deutschen Steuerrechts als gemeinschaftsrechtskonform verteidigen. Sie verspreche sich von den entsprechenden Urteilen die Klärung vielfältiger Fragen im Schnittfeld von Steuer- und Europarecht.